Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.Es ist lächerlich und widerwärtig, wenn man jene reichen und müßigen Frauen immer wieder davon sprechen hören muß, "daß mit der Gewerb- und Erwerbthätigkeit der Frauen der wahre weibliche Nimbus von den Frauen abgestreift würde"; und eben so widerwärtig ist es, wenn man Männer behaupten hört, Frauen, die etwas Ordentliches gelernt hätten, die selbst etwas Rechtes wären, verlören die Fähigkeit der wahren Hingebung an den Mann. Ich habe jene Frauen oft gefragt: "Worin besteht der sogenannte besondere Nimbus, der den Frauen durch die Arbeit verloren gehen soll?" und sie sind niemals im Stande gewesen, mir dies geheimnißvolle Etwas deutlich zu erklären. Freilich, die Weichlichkeit und die Geziertheit müssen daran gegeben werden, wenn eine Frau nicht in der Lage ist, Andere für sich arbeiten zu lassen. Wer arbeiten muß, darf sich am Morgen nicht fragen, ob die leise Wolke, die auf seinem Gehirne liegt, wohl eine Migräne werden könnte? und darf nicht im weichen, mit Gardinen verhängten Lotterbette warten, ob die Migräne kommt. Mit den glasklaren, krallenartig zugespitzten Nägeln, welche am Morgen eine halbe Stunde Zeit hinnehmen und denen man es ansieht, daß nichts als Filet und Tapisserie damit gemacht werden können -- nicht einmal ein rechtschaffenes Kinderhemdchen mit einer ordentlichen Kappnath läßt sich mit diesen chinesischen Nägeln nähen -- kann man im Hause und für sich selbst nichts Es ist lächerlich und widerwärtig, wenn man jene reichen und müßigen Frauen immer wieder davon sprechen hören muß, »daß mit der Gewerb- und Erwerbthätigkeit der Frauen der wahre weibliche Nimbus von den Frauen abgestreift würde«; und eben so widerwärtig ist es, wenn man Männer behaupten hört, Frauen, die etwas Ordentliches gelernt hätten, die selbst etwas Rechtes wären, verlören die Fähigkeit der wahren Hingebung an den Mann. Ich habe jene Frauen oft gefragt: »Worin besteht der sogenannte besondere Nimbus, der den Frauen durch die Arbeit verloren gehen soll?« und sie sind niemals im Stande gewesen, mir dies geheimnißvolle Etwas deutlich zu erklären. Freilich, die Weichlichkeit und die Geziertheit müssen daran gegeben werden, wenn eine Frau nicht in der Lage ist, Andere für sich arbeiten zu lassen. Wer arbeiten muß, darf sich am Morgen nicht fragen, ob die leise Wolke, die auf seinem Gehirne liegt, wohl eine Migräne werden könnte? und darf nicht im weichen, mit Gardinen verhängten Lotterbette warten, ob die Migräne kommt. Mit den glasklaren, krallenartig zugespitzten Nägeln, welche am Morgen eine halbe Stunde Zeit hinnehmen und denen man es ansieht, daß nichts als Filet und Tapisserie damit gemacht werden können — nicht einmal ein rechtschaffenes Kinderhemdchen mit einer ordentlichen Kappnath läßt sich mit diesen chinesischen Nägeln nähen — kann man im Hause und für sich selbst nichts <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0114" n="104"/> Es ist lächerlich und widerwärtig, wenn man jene reichen und müßigen Frauen immer wieder davon sprechen hören muß, »daß mit der Gewerb- und Erwerbthätigkeit der Frauen der wahre weibliche Nimbus von den Frauen abgestreift würde«; und eben so widerwärtig ist es, wenn man Männer behaupten hört, Frauen, die etwas Ordentliches gelernt hätten, die selbst etwas Rechtes wären, verlören die Fähigkeit der wahren Hingebung an den Mann.</p> <p>Ich habe jene Frauen oft gefragt: »Worin besteht der sogenannte besondere Nimbus, der den Frauen durch die Arbeit verloren gehen soll?« und sie sind niemals im Stande gewesen, mir dies geheimnißvolle Etwas deutlich zu erklären. Freilich, die Weichlichkeit und die Geziertheit müssen daran gegeben werden, wenn eine Frau nicht in der Lage ist, Andere für sich arbeiten zu lassen. Wer arbeiten muß, darf sich am Morgen nicht fragen, ob die leise Wolke, die auf seinem Gehirne liegt, wohl eine Migräne werden könnte? und darf nicht im weichen, mit Gardinen verhängten Lotterbette warten, ob die Migräne kommt. Mit den glasklaren, krallenartig zugespitzten Nägeln, welche am Morgen eine halbe Stunde Zeit hinnehmen und denen man es ansieht, daß nichts als Filet und Tapisserie damit gemacht werden können — nicht einmal ein rechtschaffenes Kinderhemdchen mit einer ordentlichen Kappnath läßt sich mit diesen chinesischen Nägeln nähen — kann man im Hause und für sich selbst nichts </p> </div> </body> </text> </TEI> [104/0114]
Es ist lächerlich und widerwärtig, wenn man jene reichen und müßigen Frauen immer wieder davon sprechen hören muß, »daß mit der Gewerb- und Erwerbthätigkeit der Frauen der wahre weibliche Nimbus von den Frauen abgestreift würde«; und eben so widerwärtig ist es, wenn man Männer behaupten hört, Frauen, die etwas Ordentliches gelernt hätten, die selbst etwas Rechtes wären, verlören die Fähigkeit der wahren Hingebung an den Mann.
Ich habe jene Frauen oft gefragt: »Worin besteht der sogenannte besondere Nimbus, der den Frauen durch die Arbeit verloren gehen soll?« und sie sind niemals im Stande gewesen, mir dies geheimnißvolle Etwas deutlich zu erklären. Freilich, die Weichlichkeit und die Geziertheit müssen daran gegeben werden, wenn eine Frau nicht in der Lage ist, Andere für sich arbeiten zu lassen. Wer arbeiten muß, darf sich am Morgen nicht fragen, ob die leise Wolke, die auf seinem Gehirne liegt, wohl eine Migräne werden könnte? und darf nicht im weichen, mit Gardinen verhängten Lotterbette warten, ob die Migräne kommt. Mit den glasklaren, krallenartig zugespitzten Nägeln, welche am Morgen eine halbe Stunde Zeit hinnehmen und denen man es ansieht, daß nichts als Filet und Tapisserie damit gemacht werden können — nicht einmal ein rechtschaffenes Kinderhemdchen mit einer ordentlichen Kappnath läßt sich mit diesen chinesischen Nägeln nähen — kann man im Hause und für sich selbst nichts
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von zeno.org
(2013-01-04T13:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus zeno.org entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-04T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-04T13:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |