Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

Lehrling annehmen und es in das Gewerk einschreiben lassen wollte und konnte, so daß es als Gesell und endlich als Meister aus demselben hervorgehen und in dasselbe eintreten konnte. Noch vor drei Jahren, vor dem Kriege von Eintausend achthundert sechsundsechszig, hielten ein Buchbinder, ein Korbmacher und ein Schuhmacher für Frauenschuhe, mit denen ich davon sprach, es für unzulässig, und ein Berliner Industrieller, mit dem ich in diesen Tagen über diese Angelegenheit berieth, meinte, daß sich in der Gewerbeordnung Bestimmungen fänden, welche die Aufnahme von Frauenzimmern als Lehrlinge auch jetzt noch hinderten.*) Wäre das der Fall, so wären auch in diesem Punkte die Frauen mit der einstigen Aenderung dieses Gesetzes auf den guten Willen der männlichen Gesetzgeber angewiesen, und wer von dem guten Willen Anderer in diesen wichtigsten Angelegenheiten abhängt, ist eben ein Unfreier und ein Höriger, und thatsächlich, darin hat die Amerikanerin Recht, weniger gut gestellt, als der freigelassene stimmberechtigte Neger. Da es jetzt aber jedem Manne, ich spreche hier wieder von dem Handwerker,

*) Es wird in der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes (§ 106) nur gefordert, daß "bei der Beschäftigung der Lehrlinge gebührende Rücksicht auf Gesundheit und Sittlichkeit genommen werde." Ist hiefür genügende Vorkehr getroffen, so steht der Aufnahme von Frauenzimmern als Lehrlinge durch das Gesetz jetzt nichts mehr entgegen.

Lehrling annehmen und es in das Gewerk einschreiben lassen wollte und konnte, so daß es als Gesell und endlich als Meister aus demselben hervorgehen und in dasselbe eintreten konnte. Noch vor drei Jahren, vor dem Kriege von Eintausend achthundert sechsundsechszig, hielten ein Buchbinder, ein Korbmacher und ein Schuhmacher für Frauenschuhe, mit denen ich davon sprach, es für unzulässig, und ein Berliner Industrieller, mit dem ich in diesen Tagen über diese Angelegenheit berieth, meinte, daß sich in der Gewerbeordnung Bestimmungen fänden, welche die Aufnahme von Frauenzimmern als Lehrlinge auch jetzt noch hinderten.*) Wäre das der Fall, so wären auch in diesem Punkte die Frauen mit der einstigen Aenderung dieses Gesetzes auf den guten Willen der männlichen Gesetzgeber angewiesen, und wer von dem guten Willen Anderer in diesen wichtigsten Angelegenheiten abhängt, ist eben ein Unfreier und ein Höriger, und thatsächlich, darin hat die Amerikanerin Recht, weniger gut gestellt, als der freigelassene stimmberechtigte Neger. Da es jetzt aber jedem Manne, ich spreche hier wieder von dem Handwerker,

*) Es wird in der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes (§ 106) nur gefordert, daß »bei der Beschäftigung der Lehrlinge gebührende Rücksicht auf Gesundheit und Sittlichkeit genommen werde.« Ist hiefür genügende Vorkehr getroffen, so steht der Aufnahme von Frauenzimmern als Lehrlinge durch das Gesetz jetzt nichts mehr entgegen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0134" n="124"/>
Lehrling annehmen und es in das Gewerk einschreiben lassen wollte und konnte, so daß es als Gesell und endlich als Meister aus demselben hervorgehen und in dasselbe eintreten konnte. Noch vor drei Jahren, vor dem Kriege von Eintausend achthundert sechsundsechszig, hielten ein Buchbinder, ein Korbmacher und ein Schuhmacher für Frauenschuhe, mit denen ich davon sprach, es für unzulässig, und ein Berliner Industrieller, mit dem ich in diesen Tagen über diese Angelegenheit berieth, meinte, daß sich in der Gewerbeordnung Bestimmungen fänden, welche die Aufnahme von Frauenzimmern als Lehrlinge auch jetzt noch hinderten.<note place="foot" n="*)">Es wird in der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes (§ 106) nur gefordert, daß »bei der Beschäftigung der Lehrlinge gebührende Rücksicht auf Gesundheit und Sittlichkeit genommen werde.« Ist hiefür genügende Vorkehr getroffen, so steht der Aufnahme von Frauenzimmern als Lehrlinge durch das Gesetz jetzt nichts mehr entgegen.</note> Wäre das der Fall, so wären auch in diesem Punkte die Frauen mit der einstigen Aenderung dieses Gesetzes auf den guten Willen der männlichen Gesetzgeber angewiesen, und wer von dem guten Willen Anderer in diesen wichtigsten Angelegenheiten abhängt, ist eben ein <hi rendition="#g">Unfreier und ein Höriger</hi>, und thatsächlich, darin hat die Amerikanerin Recht, weniger gut gestellt, als der freigelassene stimmberechtigte Neger. Da es jetzt aber jedem Manne, ich spreche hier wieder von dem Handwerker,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0134] Lehrling annehmen und es in das Gewerk einschreiben lassen wollte und konnte, so daß es als Gesell und endlich als Meister aus demselben hervorgehen und in dasselbe eintreten konnte. Noch vor drei Jahren, vor dem Kriege von Eintausend achthundert sechsundsechszig, hielten ein Buchbinder, ein Korbmacher und ein Schuhmacher für Frauenschuhe, mit denen ich davon sprach, es für unzulässig, und ein Berliner Industrieller, mit dem ich in diesen Tagen über diese Angelegenheit berieth, meinte, daß sich in der Gewerbeordnung Bestimmungen fänden, welche die Aufnahme von Frauenzimmern als Lehrlinge auch jetzt noch hinderten. *) Wäre das der Fall, so wären auch in diesem Punkte die Frauen mit der einstigen Aenderung dieses Gesetzes auf den guten Willen der männlichen Gesetzgeber angewiesen, und wer von dem guten Willen Anderer in diesen wichtigsten Angelegenheiten abhängt, ist eben ein Unfreier und ein Höriger, und thatsächlich, darin hat die Amerikanerin Recht, weniger gut gestellt, als der freigelassene stimmberechtigte Neger. Da es jetzt aber jedem Manne, ich spreche hier wieder von dem Handwerker, *) Es wird in der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes (§ 106) nur gefordert, daß »bei der Beschäftigung der Lehrlinge gebührende Rücksicht auf Gesundheit und Sittlichkeit genommen werde.« Ist hiefür genügende Vorkehr getroffen, so steht der Aufnahme von Frauenzimmern als Lehrlinge durch das Gesetz jetzt nichts mehr entgegen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von zeno.org (2013-01-04T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus zeno.org entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-04T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-04T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/134
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/134>, abgerufen am 21.11.2024.