Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

tern sollen bei dem Gedanken, daß Einer un-
serer Lieben uns entrissen werden könne. Aber
bewiesen muß es mir werden, daß ich es er-
fassen kann mit der Vernunft. Daß Ihr mir
sagt: ,Glaube, wir sind unsterblich', das genügt
mir nicht, das vermag ich nicht."

"Du vermagst nicht zu glauben, und willst
Christin werden? zu einer Religion übertreten,
die, ganz auf Offenbarungen basirt, voll von
Mysterien, nur durch den Glauben besteht, in
Allem, was nicht Moral oder Philosophie ist?
Was ist Dir der Sohn Gottes, der Mensch
gewordene Gott ohne den Glauben? Wie kann
Dich die Anwesenheit Christi im Abendmahle
erheben, wenn Du nicht zu glauben vermagst?
Oder meinst Du, man könne Dir die Gegen-
wart Christi im Sakramente beweisen? es
gäbe eine Erklärung für die Kindschaft Jesu?
Kannst Du den heiligen Geist, die Dreieinigkeit
begreifen? Man wird Dir ein Bild dafür

tern ſollen bei dem Gedanken, daß Einer un-
ſerer Lieben uns entriſſen werden könne. Aber
bewieſen muß es mir werden, daß ich es er-
faſſen kann mit der Vernunft. Daß Ihr mir
ſagt: ‚Glaube, wir ſind unſterblich‘, das genügt
mir nicht, das vermag ich nicht.“

„Du vermagſt nicht zu glauben, und willſt
Chriſtin werden? zu einer Religion übertreten,
die, ganz auf Offenbarungen baſirt, voll von
Myſterien, nur durch den Glauben beſteht, in
Allem, was nicht Moral oder Philoſophie iſt?
Was iſt Dir der Sohn Gottes, der Menſch
gewordene Gott ohne den Glauben? Wie kann
Dich die Anweſenheit Chriſti im Abendmahle
erheben, wenn Du nicht zu glauben vermagſt?
Oder meinſt Du, man könne Dir die Gegen-
wart Chriſti im Sakramente beweiſen? es
gäbe eine Erklärung für die Kindſchaft Jeſu?
Kannſt Du den heiligen Geiſt, die Dreieinigkeit
begreifen? Man wird Dir ein Bild dafür

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0177" n="165"/>
tern &#x017F;ollen bei dem Gedanken, daß Einer un-<lb/>
&#x017F;erer Lieben uns entri&#x017F;&#x017F;en werden könne. Aber<lb/>
bewie&#x017F;en muß es mir werden, daß ich es er-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;en kann mit der Vernunft. Daß Ihr mir<lb/>
&#x017F;agt: &#x201A;Glaube, wir &#x017F;ind un&#x017F;terblich&#x2018;, das genügt<lb/>
mir nicht, das vermag ich nicht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Du vermag&#x017F;t nicht zu glauben, und will&#x017F;t<lb/>
Chri&#x017F;tin werden? zu einer Religion übertreten,<lb/>
die, ganz auf Offenbarungen ba&#x017F;irt, voll von<lb/>
My&#x017F;terien, nur durch den Glauben be&#x017F;teht, in<lb/>
Allem, was nicht Moral oder Philo&#x017F;ophie i&#x017F;t?<lb/>
Was i&#x017F;t Dir der Sohn Gottes, der Men&#x017F;ch<lb/>
gewordene Gott ohne den Glauben? Wie kann<lb/>
Dich die Anwe&#x017F;enheit Chri&#x017F;ti im Abendmahle<lb/>
erheben, wenn Du nicht zu glauben vermag&#x017F;t?<lb/>
Oder mein&#x017F;t Du, man könne Dir die Gegen-<lb/>
wart Chri&#x017F;ti im Sakramente bewei&#x017F;en? es<lb/>
gäbe eine Erklärung für die Kind&#x017F;chaft Je&#x017F;u?<lb/>
Kann&#x017F;t Du den heiligen Gei&#x017F;t, die Dreieinigkeit<lb/>
begreifen? Man wird Dir ein Bild dafür<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0177] tern ſollen bei dem Gedanken, daß Einer un- ſerer Lieben uns entriſſen werden könne. Aber bewieſen muß es mir werden, daß ich es er- faſſen kann mit der Vernunft. Daß Ihr mir ſagt: ‚Glaube, wir ſind unſterblich‘, das genügt mir nicht, das vermag ich nicht.“ „Du vermagſt nicht zu glauben, und willſt Chriſtin werden? zu einer Religion übertreten, die, ganz auf Offenbarungen baſirt, voll von Myſterien, nur durch den Glauben beſteht, in Allem, was nicht Moral oder Philoſophie iſt? Was iſt Dir der Sohn Gottes, der Menſch gewordene Gott ohne den Glauben? Wie kann Dich die Anweſenheit Chriſti im Abendmahle erheben, wenn Du nicht zu glauben vermagſt? Oder meinſt Du, man könne Dir die Gegen- wart Chriſti im Sakramente beweiſen? es gäbe eine Erklärung für die Kindſchaft Jeſu? Kannſt Du den heiligen Geiſt, die Dreieinigkeit begreifen? Man wird Dir ein Bild dafür

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/177
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/177>, abgerufen am 21.11.2024.