ten messen, er würde, wie in Frankreich, sich längst der Masse der Nation angeschlossen ha- ben, er würde auch in Deutschland längst na- tionalisirt sein, wenn ihn sein Aeußeres, seine dunklere Farbe und das schwarze Haar nicht auf den ersten Blick von den Deutschen unter- schieden zeigte. Dies fremde Aeußere erinnert unaufhörlich an eine verschiedene Abkunft und gibt, vom Pöbel ausgehend, dem Judenhaß immer neue Nahrung, von dem wol die We- nigsten so frei sind, daß sie den Juden nicht den Mangel an sogenannter feiner Bildung zum ächtenden Vorwurf machten. Und man brauchte ihn doch nur zu emancipiren, um die Uneben- heiten von seiner Außenseite abzuschleifen. Frei- lich ist es gar bequem zu sagen. Die Juden ha- ben einen gräulichen Jargon, häßliche Manie- ren. -- Woher das aber kommt, fragt Nie- mand! -- Daß es so ist, reicht ja hin, den
ten meſſen, er würde, wie in Frankreich, ſich längſt der Maſſe der Nation angeſchloſſen ha- ben, er würde auch in Deutſchland längſt na- tionaliſirt ſein, wenn ihn ſein Aeußeres, ſeine dunklere Farbe und das ſchwarze Haar nicht auf den erſten Blick von den Deutſchen unter- ſchieden zeigte. Dies fremde Aeußere erinnert unaufhörlich an eine verſchiedene Abkunft und gibt, vom Pöbel ausgehend, dem Judenhaß immer neue Nahrung, von dem wol die We- nigſten ſo frei ſind, daß ſie den Juden nicht den Mangel an ſogenannter feiner Bildung zum ächtenden Vorwurf machten. Und man brauchte ihn doch nur zu emancipiren, um die Uneben- heiten von ſeiner Außenſeite abzuſchleifen. Frei- lich iſt es gar bequem zu ſagen. Die Juden ha- ben einen gräulichen Jargon, häßliche Manie- ren. — Woher das aber kommt, fragt Nie- mand! — Daß es ſo iſt, reicht ja hin, den
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ten meſſen, er würde, wie in Frankreich, ſich
längſt der Maſſe der Nation angeſchloſſen ha-
ben, er würde auch in Deutſchland längſt na-
tionaliſirt ſein, wenn ihn ſein Aeußeres, ſeine
dunklere Farbe und das ſchwarze Haar nicht
auf den erſten Blick von den Deutſchen unter-
ſchieden zeigte. Dies fremde Aeußere erinnert
unaufhörlich an eine verſchiedene Abkunft und
gibt, vom Pöbel ausgehend, dem Judenhaß
immer neue Nahrung, von dem wol die We-
nigſten ſo frei ſind, daß ſie den Juden nicht
den Mangel an ſogenannter feiner Bildung zum
ächtenden Vorwurf machten. Und man brauchte
ihn doch nur zu emancipiren, um die Uneben-
heiten von ſeiner Außenſeite abzuſchleifen. Frei-
lich iſt es gar bequem zu ſagen. Die Juden ha-
ben einen gräulichen Jargon, häßliche Manie-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/222>, abgerufen am 21.11.2024.
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