Damit ging sie mit dem Maler hinaus, ohne Reinhard nur anzusehen.
Dieser warf sich vernichtet auf einen Stuhl. So vollkommen abstoßend war ihm Jenny nie- mals erschienen. Der Ton, in dem sie mit den Herren sprach, hatte ihn verletzt; er konnte kei- nen Zusammenhang in dem Betragen finden, und Jenny's Aeußerung über ihn empörte sein innerstes Herz. Das war der Lohn für seine Liebe! -- Eine Weile mochte er so in trüben Gedanken gesessen haben, als leise Therese her- eintrat, die ihn offenbar suchte. Sie ging schüchtern auf ihn zu, fragend, warum er die Gesellschaft verlassen? Reinhard antwortete aus- weichend. "Es ist Schade, daß Sie fortgingen", sagte Therese, "Jenny sah strahlend schön aus, sowie zur Rebecca geboren. Es ist eine allge- meine Bewunderung und ich eilte nur hinaus, um Sie zu suchen."
Reinhard hörte düster brütend zu. "Kom-
Damit ging ſie mit dem Maler hinaus, ohne Reinhard nur anzuſehen.
Dieſer warf ſich vernichtet auf einen Stuhl. So vollkommen abſtoßend war ihm Jenny nie- mals erſchienen. Der Ton, in dem ſie mit den Herren ſprach, hatte ihn verletzt; er konnte kei- nen Zuſammenhang in dem Betragen finden, und Jenny's Aeußerung über ihn empörte ſein innerſtes Herz. Das war der Lohn für ſeine Liebe! — Eine Weile mochte er ſo in trüben Gedanken geſeſſen haben, als leiſe Thereſe her- eintrat, die ihn offenbar ſuchte. Sie ging ſchüchtern auf ihn zu, fragend, warum er die Geſellſchaft verlaſſen? Reinhard antwortete aus- weichend. „Es iſt Schade, daß Sie fortgingen“, ſagte Thereſe, „Jenny ſah ſtrahlend ſchön aus, ſowie zur Rebecca geboren. Es iſt eine allge- meine Bewunderung und ich eilte nur hinaus, um Sie zu ſuchen.“
Reinhard hörte düſter brütend zu. „Kom-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0233"n="221"/>
Damit ging ſie mit dem Maler hinaus, ohne<lb/>
Reinhard nur anzuſehen.</p><lb/><p>Dieſer warf ſich vernichtet auf einen Stuhl.<lb/>
So vollkommen abſtoßend war ihm Jenny nie-<lb/>
mals erſchienen. Der Ton, in dem ſie mit den<lb/>
Herren ſprach, hatte ihn verletzt; er konnte kei-<lb/>
nen Zuſammenhang in dem Betragen finden,<lb/>
und Jenny's Aeußerung über ihn empörte ſein<lb/>
innerſtes Herz. Das war der Lohn für ſeine<lb/>
Liebe! — Eine Weile mochte er ſo in trüben<lb/>
Gedanken geſeſſen haben, als leiſe Thereſe her-<lb/>
eintrat, die ihn offenbar ſuchte. Sie ging<lb/>ſchüchtern auf ihn zu, fragend, warum er die<lb/>
Geſellſchaft verlaſſen? Reinhard antwortete aus-<lb/>
weichend. „Es iſt Schade, daß Sie fortgingen“,<lb/>ſagte Thereſe, „Jenny ſah ſtrahlend ſchön aus,<lb/>ſowie zur Rebecca geboren. Es iſt eine allge-<lb/>
meine Bewunderung und ich eilte nur hinaus,<lb/>
um Sie zu ſuchen.“</p><lb/><p>Reinhard hörte düſter brütend zu. „Kom-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[221/0233]
Damit ging ſie mit dem Maler hinaus, ohne
Reinhard nur anzuſehen.
Dieſer warf ſich vernichtet auf einen Stuhl.
So vollkommen abſtoßend war ihm Jenny nie-
mals erſchienen. Der Ton, in dem ſie mit den
Herren ſprach, hatte ihn verletzt; er konnte kei-
nen Zuſammenhang in dem Betragen finden,
und Jenny's Aeußerung über ihn empörte ſein
innerſtes Herz. Das war der Lohn für ſeine
Liebe! — Eine Weile mochte er ſo in trüben
Gedanken geſeſſen haben, als leiſe Thereſe her-
eintrat, die ihn offenbar ſuchte. Sie ging
ſchüchtern auf ihn zu, fragend, warum er die
Geſellſchaft verlaſſen? Reinhard antwortete aus-
weichend. „Es iſt Schade, daß Sie fortgingen“,
ſagte Thereſe, „Jenny ſah ſtrahlend ſchön aus,
ſowie zur Rebecca geboren. Es iſt eine allge-
meine Bewunderung und ich eilte nur hinaus,
um Sie zu ſuchen.“
Reinhard hörte düſter brütend zu. „Kom-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/233>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.