Wegen die schönsten Blumen erblühen, und in manchen dunkeln Häusern die hellsten Mädchen- augen blitzen? Sünder, gehe in Dich, und thue Buße, und rufe mit mir: Die Weiber sollen leben! -- und -- ha! nun hab' ich's, was ihn wecken wird; steht auf, ihr Weisen, und trinket mit mir! Meier, Deine Schwester soll leben!" -- Reinhard und Hughes standen auf, und der Letztere rief lebhaft: "Ja! das schöne Mädchen mit dem feuchten Flammenblick soll leben und immer leben!" -- Auch Reinhard, in dem noch man- cher Widerhall seiner Studentenjahre nachtönte, erhob sein Glas, und bereitete sich, es gegen die andern Gläser klingen zu lassen, nur Meier blieb ruhig sitzen, und sagte, "Seit wann ist es Sitte, daß man bei Zechgelagen auf das Wohl unbe- scholtener Mädchen trinkt? Ich werde es wenig- stens nicht leiden, daß der Name meiner Schwester in meiner Gegenwart im Weinhause entweiht werde. Setzen Sie sich, meine Herren! den
Wegen die ſchönſten Blumen erblühen, und in manchen dunkeln Häuſern die hellſten Mädchen- augen blitzen? Sünder, gehe in Dich, und thue Buße, und rufe mit mir: Die Weiber ſollen leben! — und — ha! nun hab' ich's, was ihn wecken wird; ſteht auf, ihr Weiſen, und trinket mit mir! Meier, Deine Schweſter ſoll leben!“ — Reinhard und Hughes ſtanden auf, und der Letztere rief lebhaft: „Ja! das ſchöne Mädchen mit dem feuchten Flammenblick ſoll leben und immer leben!“ — Auch Reinhard, in dem noch man- cher Widerhall ſeiner Studentenjahre nachtönte, erhob ſein Glas, und bereitete ſich, es gegen die andern Gläſer klingen zu laſſen, nur Meier blieb ruhig ſitzen, und ſagte, „Seit wann iſt es Sitte, daß man bei Zechgelagen auf das Wohl unbe- ſcholtener Mädchen trinkt? Ich werde es wenig- ſtens nicht leiden, daß der Name meiner Schweſter in meiner Gegenwart im Weinhauſe entweiht werde. Setzen Sie ſich, meine Herren! den
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Wegen die ſchönſten Blumen erblühen, und in
manchen dunkeln Häuſern die hellſten Mädchen-
augen blitzen? Sünder, gehe in Dich, und thue
Buße, und rufe mit mir: Die Weiber ſollen leben!
— und — ha! nun hab' ich's, was ihn wecken
wird; ſteht auf, ihr Weiſen, und trinket mit
mir! Meier, Deine Schweſter ſoll leben!“ —
Reinhard und Hughes ſtanden auf, und der
Letztere rief lebhaft: „Ja! das ſchöne Mädchen mit
dem feuchten Flammenblick ſoll leben und immer
leben!“ — Auch Reinhard, in dem noch man-
cher Widerhall ſeiner Studentenjahre nachtönte,
erhob ſein Glas, und bereitete ſich, es gegen die
andern Gläſer klingen zu laſſen, nur Meier blieb
ruhig ſitzen, und ſagte, „Seit wann iſt es Sitte,
daß man bei Zechgelagen auf das Wohl unbe-
ſcholtener Mädchen trinkt? Ich werde es wenig-
ſtens nicht leiden, daß der Name meiner Schweſter
in meiner Gegenwart im Weinhauſe entweiht
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/26>, abgerufen am 21.11.2024.
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