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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

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den Ausdruck hoffnungsloser Trauer in ihren
jugendlich zarten Zügen.

Darüber war nur Eine Stimme, daß diese
Darstellung einen lebhaftern Eindruck mache,
als Bendemann's Bild selbst, während sonst
fast immer dergleichen weit hinter dem Origi-
nale zurück bleibt. Man konnte nicht genug
sehen und bewundern, und Erlau mußte end-
lich, trotz aller Bitten, den Vorhang herun-
ter lassen, um die Mitwirkenden nicht zu sehr
zu ermüden.

Kaum sah Reinhard seine Braut das Treib-
haus verlassen, um ihr Costüm auf ihrer Stube
zu wechseln, als er ihr nacheilte. Er wünschte
sie einen Augenblick allein zu sehen, was ihm
bis dahin nicht gelungen war, da er verspro-
chen hatte, durch keine auffallende Annäherung
den Aeltern die Freude der Ueberraschung zu
verderben. Mit wahrem Entzücken flog Jenny
ihm entgegen; ihre Arme schlangen sich um

den Ausdruck hoffnungsloſer Trauer in ihren
jugendlich zarten Zügen.

Darüber war nur Eine Stimme, daß dieſe
Darſtellung einen lebhaftern Eindruck mache,
als Bendemann's Bild ſelbſt, während ſonſt
faſt immer dergleichen weit hinter dem Origi-
nale zurück bleibt. Man konnte nicht genug
ſehen und bewundern, und Erlau mußte end-
lich, trotz aller Bitten, den Vorhang herun-
ter laſſen, um die Mitwirkenden nicht zu ſehr
zu ermüden.

Kaum ſah Reinhard ſeine Braut das Treib-
haus verlaſſen, um ihr Coſtüm auf ihrer Stube
zu wechſeln, als er ihr nacheilte. Er wünſchte
ſie einen Augenblick allein zu ſehen, was ihm
bis dahin nicht gelungen war, da er verſpro-
chen hatte, durch keine auffallende Annäherung
den Aeltern die Freude der Ueberraſchung zu
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[253/0265] den Ausdruck hoffnungsloſer Trauer in ihren jugendlich zarten Zügen. Darüber war nur Eine Stimme, daß dieſe Darſtellung einen lebhaftern Eindruck mache, als Bendemann's Bild ſelbſt, während ſonſt faſt immer dergleichen weit hinter dem Origi- nale zurück bleibt. Man konnte nicht genug ſehen und bewundern, und Erlau mußte end- lich, trotz aller Bitten, den Vorhang herun- ter laſſen, um die Mitwirkenden nicht zu ſehr zu ermüden. Kaum ſah Reinhard ſeine Braut das Treib- haus verlaſſen, um ihr Coſtüm auf ihrer Stube zu wechſeln, als er ihr nacheilte. Er wünſchte ſie einen Augenblick allein zu ſehen, was ihm bis dahin nicht gelungen war, da er verſpro- chen hatte, durch keine auffallende Annäherung den Aeltern die Freude der Ueberraſchung zu verderben. Mit wahrem Entzücken flog Jenny ihm entgegen; ihre Arme ſchlangen ſich um

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/265>, abgerufen am 24.11.2024.