im traulichen Beisammensein mit ihm die reinste Freude erblühe. Dann war Reinhard glücklich; dann nannte er sie "seine eigene Jenny" und konnte nicht aufhören sie zu her- zen, wenn sie sich seiner Mutter bereitwillig zu kleinen häuslichen Hülfsleistungen anbot, an die sie in ihrem elterlichen Hause, wo eine große Dienerschaft jedes Winkes harrte, nicht gewöhnt war.
So sehr sie früher darauf gehalten, auch in Kleinigkeiten ihren Willen zu haben, so fügsam wurde sie jetzt. Einzelne unbedachte Aeußerungen ihrer Mutter ließen sie vermu- then, daß ihre Eltern die Verlobung mit Reinhard als ein Opfer betrachteten, welches sie dem Glücke ihres Kindes gebracht, obgleich es ihnen schwer geworden war. Das bewog Jenny, den Ihrigen nachzugeben, so weit es ir- gend möglich, und machte andrerseits sie noch zärtlicher gegen Reinhard; denn es that ihr
im traulichen Beiſammenſein mit ihm die reinſte Freude erblühe. Dann war Reinhard glücklich; dann nannte er ſie „ſeine eigene Jenny“ und konnte nicht aufhören ſie zu her- zen, wenn ſie ſich ſeiner Mutter bereitwillig zu kleinen häuslichen Hülfsleiſtungen anbot, an die ſie in ihrem elterlichen Hauſe, wo eine große Dienerſchaft jedes Winkes harrte, nicht gewöhnt war.
So ſehr ſie früher darauf gehalten, auch in Kleinigkeiten ihren Willen zu haben, ſo fügſam wurde ſie jetzt. Einzelne unbedachte Aeußerungen ihrer Mutter ließen ſie vermu- then, daß ihre Eltern die Verlobung mit Reinhard als ein Opfer betrachteten, welches ſie dem Glücke ihres Kindes gebracht, obgleich es ihnen ſchwer geworden war. Das bewog Jenny, den Ihrigen nachzugeben, ſo weit es ir- gend möglich, und machte andrerſeits ſie noch zärtlicher gegen Reinhard; denn es that ihr
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0289"n="277"/>
im traulichen Beiſammenſein mit ihm die<lb/>
reinſte Freude erblühe. Dann war Reinhard<lb/>
glücklich; dann nannte er ſie „ſeine eigene<lb/>
Jenny“ und konnte nicht aufhören ſie zu her-<lb/>
zen, wenn ſie ſich ſeiner Mutter bereitwillig<lb/>
zu kleinen häuslichen Hülfsleiſtungen anbot,<lb/>
an die ſie in ihrem elterlichen Hauſe, wo eine<lb/>
große Dienerſchaft jedes Winkes harrte, nicht<lb/>
gewöhnt war.</p><lb/><p>So ſehr ſie früher darauf gehalten, auch<lb/>
in Kleinigkeiten ihren Willen zu haben, ſo<lb/>
fügſam wurde ſie jetzt. Einzelne unbedachte<lb/>
Aeußerungen ihrer Mutter ließen ſie vermu-<lb/>
then, daß ihre Eltern die Verlobung mit<lb/>
Reinhard als ein Opfer betrachteten, welches<lb/>ſie dem Glücke ihres Kindes gebracht, obgleich<lb/>
es ihnen ſchwer geworden war. Das bewog<lb/>
Jenny, den Ihrigen nachzugeben, ſo weit es ir-<lb/>
gend möglich, und machte andrerſeits ſie noch<lb/>
zärtlicher gegen Reinhard; denn es that ihr<lb/></p></div></body></text></TEI>
[277/0289]
im traulichen Beiſammenſein mit ihm die
reinſte Freude erblühe. Dann war Reinhard
glücklich; dann nannte er ſie „ſeine eigene
Jenny“ und konnte nicht aufhören ſie zu her-
zen, wenn ſie ſich ſeiner Mutter bereitwillig
zu kleinen häuslichen Hülfsleiſtungen anbot,
an die ſie in ihrem elterlichen Hauſe, wo eine
große Dienerſchaft jedes Winkes harrte, nicht
gewöhnt war.
So ſehr ſie früher darauf gehalten, auch
in Kleinigkeiten ihren Willen zu haben, ſo
fügſam wurde ſie jetzt. Einzelne unbedachte
Aeußerungen ihrer Mutter ließen ſie vermu-
then, daß ihre Eltern die Verlobung mit
Reinhard als ein Opfer betrachteten, welches
ſie dem Glücke ihres Kindes gebracht, obgleich
es ihnen ſchwer geworden war. Das bewog
Jenny, den Ihrigen nachzugeben, ſo weit es ir-
gend möglich, und machte andrerſeits ſie noch
zärtlicher gegen Reinhard; denn es that ihr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/289>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.