daß sie vor Pflicht und Ehre sich beugen muß -- ich bin bereit, das Opfer zu bringen -- aber es ist ein schweres, furchtbares Opfer, ich bringe es mit blutendem Herzen, und weiß kaum, wie ich das Unvermeidliche ertragen werde."
"Sie nehmen Abschied von mir, Eduard! Sie sagen mir Lebewohl! das begreife ich nicht! Ist es nicht hart genug, daß wir einander nicht gehören sollen? Wollen wir uns selbst um das Glück bringen, uns zu sehen, uns zu sprechen und Trost für unser Leid in dem Beisammensein zu suchen, das uns vergönnt ist? Ich kann den Gedanken nicht fassen, Sie nicht mehr zu sehen; ich möchte die Wonne nicht entbehren, Ihrer treuen Brust anzuver- trauen, was mich bewegt, und zu erstarken an den großen Gedanken Ihres Geistes. Wa- ren wir nicht glücklich bis jetzt, auch ehe das Wort Liebe ausgesprochen? Hatten wir uns
daß ſie vor Pflicht und Ehre ſich beugen muß — ich bin bereit, das Opfer zu bringen — aber es iſt ein ſchweres, furchtbares Opfer, ich bringe es mit blutendem Herzen, und weiß kaum, wie ich das Unvermeidliche ertragen werde.“
„Sie nehmen Abſchied von mir, Eduard! Sie ſagen mir Lebewohl! das begreife ich nicht! Iſt es nicht hart genug, daß wir einander nicht gehören ſollen? Wollen wir uns ſelbſt um das Glück bringen, uns zu ſehen, uns zu ſprechen und Troſt für unſer Leid in dem Beiſammenſein zu ſuchen, das uns vergönnt iſt? Ich kann den Gedanken nicht faſſen, Sie nicht mehr zu ſehen; ich möchte die Wonne nicht entbehren, Ihrer treuen Bruſt anzuver- trauen, was mich bewegt, und zu erſtarken an den großen Gedanken Ihres Geiſtes. Wa- ren wir nicht glücklich bis jetzt, auch ehe das Wort Liebe ausgeſprochen? Hatten wir uns
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daß ſie vor Pflicht und Ehre ſich beugen muß
— ich bin bereit, das Opfer zu bringen —
aber es iſt ein ſchweres, furchtbares Opfer, ich
bringe es mit blutendem Herzen, und weiß
kaum, wie ich das Unvermeidliche ertragen
werde.“
„Sie nehmen Abſchied von mir, Eduard!
Sie ſagen mir Lebewohl! das begreife ich nicht!
Iſt es nicht hart genug, daß wir einander
nicht gehören ſollen? Wollen wir uns ſelbſt um
das Glück bringen, uns zu ſehen, uns zu
ſprechen und Troſt für unſer Leid in dem
Beiſammenſein zu ſuchen, das uns vergönnt
iſt? Ich kann den Gedanken nicht faſſen,
Sie nicht mehr zu ſehen; ich möchte die Wonne
nicht entbehren, Ihrer treuen Bruſt anzuver-
trauen, was mich bewegt, und zu erſtarken
an den großen Gedanken Ihres Geiſtes. Wa-
ren wir nicht glücklich bis jetzt, auch ehe das
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/382>, abgerufen am 24.11.2024.
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