keit gegen ihn mich zu einer recht vollkommnen Frau nach seinem Sinne machen, und dazu fehlt noch viel."
"Sie muß also aus Liebe quälen", sagte Steinheim und nahm bald darauf Abschied von Jenny, die wieder zu malen angefan- gen hatte.
Nun blieb sie mit Erlau allein. Eine Weile arbeitete sie eifrig fort, vielleicht um ungestört über etwas nachzudenken, bis Erlau sie fragte, ob sie Neigung hätte, Theresens Rath zu be- folgen und die schönsten Ansichten der Gegend zu skizziren?
"Nein!" antwortete sie, "ich bedarf dieser sinnlichen Anhaltepunkte nicht, um mich deut- lich und mit Vergnügen an Orte zu versetzen, die mir durch irgend etwas theuer sind. Es ist mir im Gegentheil oft lästig, wenn solch ein Bildchen mir eine Landschaft, die mir im schönsten Lichte fröhlicher Erinnerung vor-
keit gegen ihn mich zu einer recht vollkommnen Frau nach ſeinem Sinne machen, und dazu fehlt noch viel.“
„Sie muß alſo aus Liebe quälen“, ſagte Steinheim und nahm bald darauf Abſchied von Jenny, die wieder zu malen angefan- gen hatte.
Nun blieb ſie mit Erlau allein. Eine Weile arbeitete ſie eifrig fort, vielleicht um ungeſtört über etwas nachzudenken, bis Erlau ſie fragte, ob ſie Neigung hätte, Thereſens Rath zu be- folgen und die ſchönſten Anſichten der Gegend zu ſkizziren?
„Nein!“ antwortete ſie, „ich bedarf dieſer ſinnlichen Anhaltepunkte nicht, um mich deut- lich und mit Vergnügen an Orte zu verſetzen, die mir durch irgend etwas theuer ſind. Es iſt mir im Gegentheil oft läſtig, wenn ſolch ein Bildchen mir eine Landſchaft, die mir im ſchönſten Lichte fröhlicher Erinnerung vor-
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keit gegen ihn mich zu einer recht vollkommnen
Frau nach ſeinem Sinne machen, und dazu fehlt
noch viel.“
„Sie muß alſo aus Liebe quälen“, ſagte
Steinheim und nahm bald darauf Abſchied
von Jenny, die wieder zu malen angefan-
gen hatte.
Nun blieb ſie mit Erlau allein. Eine Weile
arbeitete ſie eifrig fort, vielleicht um ungeſtört
über etwas nachzudenken, bis Erlau ſie fragte,
ob ſie Neigung hätte, Thereſens Rath zu be-
folgen und die ſchönſten Anſichten der Gegend
zu ſkizziren?
„Nein!“ antwortete ſie, „ich bedarf dieſer
ſinnlichen Anhaltepunkte nicht, um mich deut-
lich und mit Vergnügen an Orte zu verſetzen,
die mir durch irgend etwas theuer ſind. Es
iſt mir im Gegentheil oft läſtig, wenn ſolch
ein Bildchen mir eine Landſchaft, die mir im
ſchönſten Lichte fröhlicher Erinnerung vor-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/405>, abgerufen am 21.11.2024.
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