verstandene Grundsätze ihnen bis auf den heu- tigen Tag die blutigsten, widersinnigsten Ver- folgungen zugezogen? wie an einen Erlöser, der sie bis jetzt nicht von Schmach und Unter- drückung erlöset hat? Er muß ihnen wie ein geistiger Eroberer erscheinen, der seinen Unter- thanen nur dann Frieden und Ruhe gönnt, wenn sie ihr tiefstes Denken und Fühlen, ihren uralten Glauben den neuen Gesetzen unter- werfen. Daß diese Gesetze weise, daß sie der Ausfluß höchster Güte sind, kommt dabei gar nicht in Betracht, es genügt vollkommen, Liebe und Recht zu befehlen, um ihre Ausübung zur Marter zu machen; und von der Liebe, die Jesus der Menschheit gepredigt, haben die Ju- den bei den Christen seit jener Zeit wenig zu bemerken Gelegenheit gehabt. Sie haben in der That noch keinen Messias gefunden; welch ein Wunder also, wenn sie ihn um so sehn- licher erwarten, je mehr sie der Befreiung und
verſtandene Grundſätze ihnen bis auf den heu- tigen Tag die blutigſten, widerſinnigſten Ver- folgungen zugezogen? wie an einen Erlöſer, der ſie bis jetzt nicht von Schmach und Unter- drückung erlöſet hat? Er muß ihnen wie ein geiſtiger Eroberer erſcheinen, der ſeinen Unter- thanen nur dann Frieden und Ruhe gönnt, wenn ſie ihr tiefſtes Denken und Fühlen, ihren uralten Glauben den neuen Geſetzen unter- werfen. Daß dieſe Geſetze weiſe, daß ſie der Ausfluß höchſter Güte ſind, kommt dabei gar nicht in Betracht, es genügt vollkommen, Liebe und Recht zu befehlen, um ihre Ausübung zur Marter zu machen; und von der Liebe, die Jeſus der Menſchheit gepredigt, haben die Ju- den bei den Chriſten ſeit jener Zeit wenig zu bemerken Gelegenheit gehabt. Sie haben in der That noch keinen Meſſias gefunden; welch ein Wunder alſo, wenn ſie ihn um ſo ſehn- licher erwarten, je mehr ſie der Befreiung und
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verſtandene Grundſätze ihnen bis auf den heu-
tigen Tag die blutigſten, widerſinnigſten Ver-
folgungen zugezogen? wie an einen Erlöſer, der
ſie bis jetzt nicht von Schmach und Unter-
drückung erlöſet hat? Er muß ihnen wie ein
geiſtiger Eroberer erſcheinen, der ſeinen Unter-
thanen nur dann Frieden und Ruhe gönnt,
wenn ſie ihr tiefſtes Denken und Fühlen, ihren
uralten Glauben den neuen Geſetzen unter-
werfen. Daß dieſe Geſetze weiſe, daß ſie der
Ausfluß höchſter Güte ſind, kommt dabei gar
nicht in Betracht, es genügt vollkommen, Liebe
und Recht zu befehlen, um ihre Ausübung
zur Marter zu machen; und von der Liebe, die
Jeſus der Menſchheit gepredigt, haben die Ju-
den bei den Chriſten ſeit jener Zeit wenig zu
bemerken Gelegenheit gehabt. Sie haben in
der That noch keinen Meſſias gefunden; welch
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/51>, abgerufen am 24.11.2024.
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