verheirathet, die ihm mit immer gleicher Liebe zur Seite gestanden, und ihm zwei Kinder, Eduard und Jenny, geboren hatte. In seiner Frau, und mit ihr, in diesen beiden Kindern hatte Meier Trost und Ersatz gefunden, wenn Welt und Menschen ihren Haß und ihre Un- duldsamkeit gegen den Juden bewiesen, wenn man ihn ausgeschlossen hatte von Gemeinschaften, ihm Rechte verweigerte, die jeder Mann von Ehre fordern darf. Die Thätigkeit, Wirksam- keit und Liebe, denen einer großen Gesammtheit zu nutzen nicht vergönnt war, wurden lange Zeit hindurch Eduard's alleiniger Segen, da er mehr als zehn Jahre älter als Jenny war.
Man wundert sich oft, daß die Juden noch immer die Geburt eines Messias erwarten und die göttliche Sendung Jesu weder anerkennen noch begreifen. Aber von ihrem Standpunkte aus muß das ganz natürlich scheinen. Wie sollten sie an eine Lehre glauben, deren miß-
verheirathet, die ihm mit immer gleicher Liebe zur Seite geſtanden, und ihm zwei Kinder, Eduard und Jenny, geboren hatte. In ſeiner Frau, und mit ihr, in dieſen beiden Kindern hatte Meier Troſt und Erſatz gefunden, wenn Welt und Menſchen ihren Haß und ihre Un- duldſamkeit gegen den Juden bewieſen, wenn man ihn ausgeſchloſſen hatte von Gemeinſchaften, ihm Rechte verweigerte, die jeder Mann von Ehre fordern darf. Die Thätigkeit, Wirkſam- keit und Liebe, denen einer großen Geſammtheit zu nutzen nicht vergönnt war, wurden lange Zeit hindurch Eduard's alleiniger Segen, da er mehr als zehn Jahre älter als Jenny war.
Man wundert ſich oft, daß die Juden noch immer die Geburt eines Meſſias erwarten und die göttliche Sendung Jeſu weder anerkennen noch begreifen. Aber von ihrem Standpunkte aus muß das ganz natürlich ſcheinen. Wie ſollten ſie an eine Lehre glauben, deren miß-
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verheirathet, die ihm mit immer gleicher Liebe
zur Seite geſtanden, und ihm zwei Kinder,
Eduard und Jenny, geboren hatte. In ſeiner
Frau, und mit ihr, in dieſen beiden Kindern
hatte Meier Troſt und Erſatz gefunden, wenn
Welt und Menſchen ihren Haß und ihre Un-
duldſamkeit gegen den Juden bewieſen, wenn
man ihn ausgeſchloſſen hatte von Gemeinſchaften,
ihm Rechte verweigerte, die jeder Mann von
Ehre fordern darf. Die Thätigkeit, Wirkſam-
keit und Liebe, denen einer großen Geſammtheit
zu nutzen nicht vergönnt war, wurden lange
Zeit hindurch Eduard's alleiniger Segen, da er
mehr als zehn Jahre älter als Jenny war.
Man wundert ſich oft, daß die Juden noch
immer die Geburt eines Meſſias erwarten und
die göttliche Sendung Jeſu weder anerkennen
noch begreifen. Aber von ihrem Standpunkte
aus muß das ganz natürlich ſcheinen. Wie
ſollten ſie an eine Lehre glauben, deren miß-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/50>, abgerufen am 24.11.2024.
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