irgend eine der Fragen zu beantworten; dann wandte er sich, Abschied nehmend, an Madame Meier, rieth Jenny nochmals, das Theater nicht zu versäumen, und empfahl sich mit den Wor- ten: "So süß ist Trennungswehe, ich sagte wol Adieu, bis ich den Morgen sähe."
Mutter und Tochter sahen ihm lächelnd nach.
Die Familie Meier galt bei Allen, die sie kannten, für eine der glücklichsten. Der Vater hatte ein hübsches Vermögen, das er von seinen Eltern ererbt, durch Thätigkeit und kluge Be- rechnung in einen unermeßlichen Reichthum ver- wandelt, dessen er bei großer Bildung auf würdige Weise zu genießen wußte, und von dem er dem Dürftigen gern und reichlich mit- theilte. Aus Neigung hatte er sich früh mit seiner Frau, einem schönen und guten Mädchen,
irgend eine der Fragen zu beantworten; dann wandte er ſich, Abſchied nehmend, an Madame Meier, rieth Jenny nochmals, das Theater nicht zu verſäumen, und empfahl ſich mit den Wor- ten: „So ſüß iſt Trennungswehe, ich ſagte wol Adieu, bis ich den Morgen ſähe.“
Mutter und Tochter ſahen ihm lächelnd nach.
Die Familie Meier galt bei Allen, die ſie kannten, für eine der glücklichſten. Der Vater hatte ein hübſches Vermögen, das er von ſeinen Eltern ererbt, durch Thätigkeit und kluge Be- rechnung in einen unermeßlichen Reichthum ver- wandelt, deſſen er bei großer Bildung auf würdige Weiſe zu genießen wußte, und von dem er dem Dürftigen gern und reichlich mit- theilte. Aus Neigung hatte er ſich früh mit ſeiner Frau, einem ſchönen und guten Mädchen,
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irgend eine der Fragen zu beantworten; dann
wandte er ſich, Abſchied nehmend, an Madame
Meier, rieth Jenny nochmals, das Theater nicht
zu verſäumen, und empfahl ſich mit den Wor-
ten: „So ſüß iſt Trennungswehe, ich ſagte wol
Adieu, bis ich den Morgen ſähe.“
Mutter und Tochter ſahen ihm lächelnd
nach.
Die Familie Meier galt bei Allen, die ſie
kannten, für eine der glücklichſten. Der Vater
hatte ein hübſches Vermögen, das er von ſeinen
Eltern ererbt, durch Thätigkeit und kluge Be-
rechnung in einen unermeßlichen Reichthum ver-
wandelt, deſſen er bei großer Bildung auf
würdige Weiſe zu genießen wußte, und von
dem er dem Dürftigen gern und reichlich mit-
theilte. Aus Neigung hatte er ſich früh mit
ſeiner Frau, einem ſchönen und guten Mädchen,
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/49>, abgerufen am 21.11.2024.
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