lichkeit und ein ewiges Leben wie der einzige Trost dagegen erscheinen mußte.
Den Eltern und Eduard blieb die vortheil- hafte Veränderung in Jenny's Wesen nicht verborgen, und wenn Eduard, was häufig ge- schah, mit Reinhard über die Schwester sprach, so verfehlte er nicht, es dankend anzuerkennen, wie wohltuend Reinhard's Unterricht und na- mentlich die religiöse Richtung, die er ihr gebe, auf dieselbe wirke. Nur Joseph schien der Mei- nung nicht zu sein. "Er wird eine schlechte Christin aus ihr machen", äußerte er gelegent- lich, verweigerte es aber, sich näher darüber zu erklären, weil er ein Geheimniß nicht verrathen wollte, das ihm seine sorgsam wachende Liebe allein entdeckt hatte.
So war Jenny in das sechzehnte Jahr ge- treten. Ihr Aeußeres hatte sich zu seltener Schönheit entwickelt, ihre Liebe zu Reinhard war von Tag zu Tag gewachsen, und es konnte
lichkeit und ein ewiges Leben wie der einzige Troſt dagegen erſcheinen mußte.
Den Eltern und Eduard blieb die vortheil- hafte Veränderung in Jenny's Weſen nicht verborgen, und wenn Eduard, was häufig ge- ſchah, mit Reinhard über die Schweſter ſprach, ſo verfehlte er nicht, es dankend anzuerkennen, wie wohltuend Reinhard's Unterricht und na- mentlich die religiöſe Richtung, die er ihr gebe, auf dieſelbe wirke. Nur Joſeph ſchien der Mei- nung nicht zu ſein. „Er wird eine ſchlechte Chriſtin aus ihr machen“, äußerte er gelegent- lich, verweigerte es aber, ſich näher darüber zu erklären, weil er ein Geheimniß nicht verrathen wollte, das ihm ſeine ſorgſam wachende Liebe allein entdeckt hatte.
So war Jenny in das ſechzehnte Jahr ge- treten. Ihr Aeußeres hatte ſich zu ſeltener Schönheit entwickelt, ihre Liebe zu Reinhard war von Tag zu Tag gewachſen, und es konnte
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0083"n="71"/>
lichkeit und ein ewiges Leben wie der einzige<lb/>
Troſt dagegen erſcheinen mußte.</p><lb/><p>Den Eltern und Eduard blieb die vortheil-<lb/>
hafte Veränderung in Jenny's Weſen nicht<lb/>
verborgen, und wenn Eduard, was häufig ge-<lb/>ſchah, mit Reinhard über die Schweſter ſprach,<lb/>ſo verfehlte er nicht, es dankend anzuerkennen,<lb/>
wie wohltuend Reinhard's Unterricht und na-<lb/>
mentlich die religiöſe Richtung, die er ihr gebe,<lb/>
auf dieſelbe wirke. Nur Joſeph ſchien der Mei-<lb/>
nung nicht zu ſein. „Er wird eine ſchlechte<lb/>
Chriſtin aus ihr machen“, äußerte er gelegent-<lb/>
lich, verweigerte es aber, ſich näher darüber zu<lb/>
erklären, weil er ein Geheimniß nicht verrathen<lb/>
wollte, das ihm ſeine ſorgſam wachende Liebe<lb/>
allein entdeckt hatte.</p><lb/><p>So war Jenny in das ſechzehnte Jahr ge-<lb/>
treten. Ihr Aeußeres hatte ſich zu ſeltener<lb/>
Schönheit entwickelt, ihre Liebe zu Reinhard<lb/>
war von Tag zu Tag gewachſen, und es konnte<lb/></p></div></body></text></TEI>
[71/0083]
lichkeit und ein ewiges Leben wie der einzige
Troſt dagegen erſcheinen mußte.
Den Eltern und Eduard blieb die vortheil-
hafte Veränderung in Jenny's Weſen nicht
verborgen, und wenn Eduard, was häufig ge-
ſchah, mit Reinhard über die Schweſter ſprach,
ſo verfehlte er nicht, es dankend anzuerkennen,
wie wohltuend Reinhard's Unterricht und na-
mentlich die religiöſe Richtung, die er ihr gebe,
auf dieſelbe wirke. Nur Joſeph ſchien der Mei-
nung nicht zu ſein. „Er wird eine ſchlechte
Chriſtin aus ihr machen“, äußerte er gelegent-
lich, verweigerte es aber, ſich näher darüber zu
erklären, weil er ein Geheimniß nicht verrathen
wollte, das ihm ſeine ſorgſam wachende Liebe
allein entdeckt hatte.
So war Jenny in das ſechzehnte Jahr ge-
treten. Ihr Aeußeres hatte ſich zu ſeltener
Schönheit entwickelt, ihre Liebe zu Reinhard
war von Tag zu Tag gewachſen, und es konnte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/83>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.