wenn Reinhard es hörte, dessen scheinbare Gleichgültigkeit sie unglücklich machte, und während sie eifersüchtig auf Therese sich von dieser und Reinhard fern hielt, suchte sie Erlau geflissentlich auf, der sich ohnehin gern in ihrer Nähe befand.
In solchen Stimmungen ließ sie sich von Steinheim bisweilen zu lebhaften Unterhal- tungen hinreißen, in denen der Witz die Haupt- rolle spielte, und die oft in eine Art von Nek- kereien und Scherzen übergingen, an denen Reinhard, seiner ganzen Natur nach, keinen Antheil zu nehmen vermochte. Jenny wußte das wohl, aber sie vermochte nicht, dem Ge- liebten die unangenehme Empfindung zu er- sparen. Je theilnahmloser und ferner er sich davon hielt, jemehr überzeugte sich Jenny, daß sie ihm ganz gleichgültig sei, und um so we- niger sollte er eine Ahnung von ihrer Liebe er- halten. Nur vor Reinhard's Mutter löste sich
wenn Reinhard es hörte, deſſen ſcheinbare Gleichgültigkeit ſie unglücklich machte, und während ſie eiferſüchtig auf Thereſe ſich von dieſer und Reinhard fern hielt, ſuchte ſie Erlau gefliſſentlich auf, der ſich ohnehin gern in ihrer Nähe befand.
In ſolchen Stimmungen ließ ſie ſich von Steinheim bisweilen zu lebhaften Unterhal- tungen hinreißen, in denen der Witz die Haupt- rolle ſpielte, und die oft in eine Art von Nek- kereien und Scherzen übergingen, an denen Reinhard, ſeiner ganzen Natur nach, keinen Antheil zu nehmen vermochte. Jenny wußte das wohl, aber ſie vermochte nicht, dem Ge- liebten die unangenehme Empfindung zu er- ſparen. Je theilnahmloſer und ferner er ſich davon hielt, jemehr überzeugte ſich Jenny, daß ſie ihm ganz gleichgültig ſei, und um ſo we- niger ſollte er eine Ahnung von ihrer Liebe er- halten. Nur vor Reinhard's Mutter löſte ſich
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wenn Reinhard es hörte, deſſen ſcheinbare
Gleichgültigkeit ſie unglücklich machte, und
während ſie eiferſüchtig auf Thereſe ſich von
dieſer und Reinhard fern hielt, ſuchte ſie Erlau
gefliſſentlich auf, der ſich ohnehin gern in ihrer
Nähe befand.
In ſolchen Stimmungen ließ ſie ſich von
Steinheim bisweilen zu lebhaften Unterhal-
tungen hinreißen, in denen der Witz die Haupt-
rolle ſpielte, und die oft in eine Art von Nek-
kereien und Scherzen übergingen, an denen
Reinhard, ſeiner ganzen Natur nach, keinen
Antheil zu nehmen vermochte. Jenny wußte
das wohl, aber ſie vermochte nicht, dem Ge-
liebten die unangenehme Empfindung zu er-
ſparen. Je theilnahmloſer und ferner er ſich
davon hielt, jemehr überzeugte ſich Jenny, daß
ſie ihm ganz gleichgültig ſei, und um ſo we-
niger ſollte er eine Ahnung von ihrer Liebe er-
halten. Nur vor Reinhard's Mutter löſte ſich
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/86>, abgerufen am 24.11.2024.
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