zu lassen. Diese nahm, wie gewöhnlich, wenn jene Drei ohne Reinhard beisammen waren, eine ziemlich fade Wendung. Das Gespräch lang- weilte mich, sodaß ich Jenny aufmerksam machte, wie wenig diese Conversation ihrem Bräutigam zusagen würde. Darüber wurde sie verdrießlich und heftig, und so ist es seit jenem Tage geblieben."
"Aber, liebe Therese", sagte die Pfarrerin im Tone des Vorwurfs, "Sie können doch kaum annehmen, daß ein so geringer Tadel Jenny's ganzes Wesen, ihr ganzes Verhältniß zu Ihnen so vollkommen verändern könne, beson- ders da sie sonst Tadel von Jedermann mit großer Freundlichkeit zu ertragen pflegte, was mir stets angenehm aufgefallen ist."
"O, Gott bewahre! das glaube ich auch nicht", erwiderte Therese, "ich halte es nur für begreiflich, daß ihre üble Laune sich gerade
zu laſſen. Dieſe nahm, wie gewöhnlich, wenn jene Drei ohne Reinhard beiſammen waren, eine ziemlich fade Wendung. Das Geſpräch lang- weilte mich, ſodaß ich Jenny aufmerkſam machte, wie wenig dieſe Converſation ihrem Bräutigam zuſagen würde. Darüber wurde ſie verdrießlich und heftig, und ſo iſt es ſeit jenem Tage geblieben.“
„Aber, liebe Thereſe“, ſagte die Pfarrerin im Tone des Vorwurfs, „Sie können doch kaum annehmen, daß ein ſo geringer Tadel Jenny's ganzes Weſen, ihr ganzes Verhältniß zu Ihnen ſo vollkommen verändern könne, beſon- ders da ſie ſonſt Tadel von Jedermann mit großer Freundlichkeit zu ertragen pflegte, was mir ſtets angenehm aufgefallen iſt.“
„O, Gott bewahre! das glaube ich auch nicht“, erwiderte Thereſe, „ich halte es nur für begreiflich, daß ihre üble Laune ſich gerade
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0047"n="37"/>
zu laſſen. Dieſe nahm, wie gewöhnlich, wenn<lb/>
jene Drei ohne Reinhard beiſammen waren, eine<lb/>
ziemlich fade Wendung. Das Geſpräch lang-<lb/>
weilte mich, ſodaß ich Jenny aufmerkſam<lb/>
machte, wie wenig dieſe Converſation ihrem<lb/>
Bräutigam zuſagen würde. Darüber wurde ſie<lb/>
verdrießlich und heftig, und ſo iſt es ſeit jenem<lb/>
Tage geblieben.“</p><lb/><p>„Aber, liebe Thereſe“, ſagte die Pfarrerin<lb/>
im Tone des Vorwurfs, „Sie können doch<lb/>
kaum annehmen, daß ein ſo geringer Tadel<lb/>
Jenny's ganzes Weſen, ihr ganzes Verhältniß<lb/>
zu Ihnen ſo vollkommen verändern könne, beſon-<lb/>
ders da ſie ſonſt Tadel von Jedermann mit<lb/>
großer Freundlichkeit zu ertragen pflegte, was<lb/>
mir ſtets angenehm aufgefallen iſt.“</p><lb/><p>„O, Gott bewahre! das glaube ich auch<lb/>
nicht“, erwiderte Thereſe, „ich halte es nur<lb/>
für begreiflich, daß ihre üble Laune ſich gerade<lb/></p></div></body></text></TEI>
[37/0047]
zu laſſen. Dieſe nahm, wie gewöhnlich, wenn
jene Drei ohne Reinhard beiſammen waren, eine
ziemlich fade Wendung. Das Geſpräch lang-
weilte mich, ſodaß ich Jenny aufmerkſam
machte, wie wenig dieſe Converſation ihrem
Bräutigam zuſagen würde. Darüber wurde ſie
verdrießlich und heftig, und ſo iſt es ſeit jenem
Tage geblieben.“
„Aber, liebe Thereſe“, ſagte die Pfarrerin
im Tone des Vorwurfs, „Sie können doch
kaum annehmen, daß ein ſo geringer Tadel
Jenny's ganzes Weſen, ihr ganzes Verhältniß
zu Ihnen ſo vollkommen verändern könne, beſon-
ders da ſie ſonſt Tadel von Jedermann mit
großer Freundlichkeit zu ertragen pflegte, was
mir ſtets angenehm aufgefallen iſt.“
„O, Gott bewahre! das glaube ich auch
nicht“, erwiderte Thereſe, „ich halte es nur
für begreiflich, daß ihre üble Laune ſich gerade
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/47>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.