Frau mit so unruhigem Geiste, mit solch' hef- tigen Leidenschaften viel weniger zu Hoffnungen auf ein ruhiges eheliches Glück berechtigte, als z. B. ein Mädchen von Theresens soliden, wenn auch weniger glänzenden Eigenschaften. Sie zitterte bei dem Gedanken, ihr Sohn könne durch irgend einen Zufall von der Neigung seiner Braut für Erlau unterrichtet werden, und fühlte sich sehr beruhigt, als endlich der für die Taufe be- stimmte Tag gekommen war und sie die Aus- sicht hatte, nun mit ihrem Sohne Berghoff auf einige Monate zu verlassen. In dieser Zeit, so hoffte sie, würde Jenny zur Ruhe kommen, ohne daß Reinhard etwas von dem Kampfe in ihrem Herzen zu erfahren brauchte.
Herr und Madame Meier, Eduard, Joseph, die Pfarrerin, Therese und Clara waren in
Frau mit ſo unruhigem Geiſte, mit ſolch' hef- tigen Leidenſchaften viel weniger zu Hoffnungen auf ein ruhiges eheliches Glück berechtigte, als z. B. ein Mädchen von Thereſens ſoliden, wenn auch weniger glänzenden Eigenſchaften. Sie zitterte bei dem Gedanken, ihr Sohn könne durch irgend einen Zufall von der Neigung ſeiner Braut für Erlau unterrichtet werden, und fühlte ſich ſehr beruhigt, als endlich der für die Taufe be- ſtimmte Tag gekommen war und ſie die Aus- ſicht hatte, nun mit ihrem Sohne Berghoff auf einige Monate zu verlaſſen. In dieſer Zeit, ſo hoffte ſie, würde Jenny zur Ruhe kommen, ohne daß Reinhard etwas von dem Kampfe in ihrem Herzen zu erfahren brauchte.
Herr und Madame Meier, Eduard, Joſeph, die Pfarrerin, Thereſe und Clara waren in
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0054"n="44"/>
Frau mit ſo unruhigem Geiſte, mit ſolch' hef-<lb/>
tigen Leidenſchaften viel weniger zu Hoffnungen<lb/>
auf ein ruhiges eheliches Glück berechtigte, als<lb/>
z. B. ein Mädchen von Thereſens ſoliden, wenn auch<lb/>
weniger glänzenden Eigenſchaften. Sie zitterte<lb/>
bei dem Gedanken, ihr Sohn könne durch irgend<lb/>
einen Zufall von der Neigung ſeiner Braut für<lb/>
Erlau unterrichtet werden, und fühlte ſich ſehr<lb/>
beruhigt, als endlich der für die Taufe be-<lb/>ſtimmte Tag gekommen war und ſie die Aus-<lb/>ſicht hatte, nun mit ihrem Sohne Berghoff auf<lb/>
einige Monate zu verlaſſen. In dieſer Zeit, ſo<lb/>
hoffte ſie, würde Jenny zur Ruhe kommen,<lb/>
ohne daß Reinhard etwas von dem Kampfe in<lb/>
ihrem Herzen zu erfahren brauchte.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Herr und Madame Meier, Eduard, Joſeph,<lb/>
die Pfarrerin, Thereſe und Clara waren in<lb/></p></div></body></text></TEI>
[44/0054]
Frau mit ſo unruhigem Geiſte, mit ſolch' hef-
tigen Leidenſchaften viel weniger zu Hoffnungen
auf ein ruhiges eheliches Glück berechtigte, als
z. B. ein Mädchen von Thereſens ſoliden, wenn auch
weniger glänzenden Eigenſchaften. Sie zitterte
bei dem Gedanken, ihr Sohn könne durch irgend
einen Zufall von der Neigung ſeiner Braut für
Erlau unterrichtet werden, und fühlte ſich ſehr
beruhigt, als endlich der für die Taufe be-
ſtimmte Tag gekommen war und ſie die Aus-
ſicht hatte, nun mit ihrem Sohne Berghoff auf
einige Monate zu verlaſſen. In dieſer Zeit, ſo
hoffte ſie, würde Jenny zur Ruhe kommen,
ohne daß Reinhard etwas von dem Kampfe in
ihrem Herzen zu erfahren brauchte.
Herr und Madame Meier, Eduard, Joſeph,
die Pfarrerin, Thereſe und Clara waren in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/54>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.