zu offenem Widerstand, zu unüberlegten Schrit- ten treiben könnte, da er sie von Ihnen nicht gewohnt ist. Vielleicht wäre es sogar besser, Sie überließen es Ihrem Manne, obgleich mein Vater mir rieth, es Ihnen zuerst mitzutheilen."
"Das lohne ihm Gott!" sagte die alte Dame. "Denn sieh, mein Sohn, Du bist ja auch mein Sohn, und Dir darf ich es beken- nen, Du weißt es vielleicht selbst, daß niemals ein gutes Vernehmen zwischen Ferdinand und seinem Vater stattfand. Männer vergessen es leicht, daß sie einst selbst jung und der Nach- sicht bedürftig gewesen sind. Der Commerzien- rath wenigstens scheint sich dessen, Ferdinand gegenüber, nicht mehr zu erinnern und" -- fuhr sie fort, plötzlich umgestimmt durch den Gedan- ken, ihr Liebling Ferdinand könne irgendwie den Tadel seines Vaters auf sich ziehen -- "viel- leicht ist es mit Ferdinand so schlimm nicht, als wir glauben. Deshalb versprich mir, sei-
zu offenem Widerſtand, zu unüberlegten Schrit- ten treiben könnte, da er ſie von Ihnen nicht gewohnt iſt. Vielleicht wäre es ſogar beſſer, Sie überließen es Ihrem Manne, obgleich mein Vater mir rieth, es Ihnen zuerſt mitzutheilen.“
„Das lohne ihm Gott!“ ſagte die alte Dame. „Denn ſieh, mein Sohn, Du biſt ja auch mein Sohn, und Dir darf ich es beken- nen, Du weißt es vielleicht ſelbſt, daß niemals ein gutes Vernehmen zwiſchen Ferdinand und ſeinem Vater ſtattfand. Männer vergeſſen es leicht, daß ſie einſt ſelbſt jung und der Nach- ſicht bedürftig geweſen ſind. Der Commerzien- rath wenigſtens ſcheint ſich deſſen, Ferdinand gegenüber, nicht mehr zu erinnern und“ — fuhr ſie fort, plötzlich umgeſtimmt durch den Gedan- ken, ihr Liebling Ferdinand könne irgendwie den Tadel ſeines Vaters auf ſich ziehen — „viel- leicht iſt es mit Ferdinand ſo ſchlimm nicht, als wir glauben. Deshalb verſprich mir, ſei-
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zu offenem Widerſtand, zu unüberlegten Schrit-
ten treiben könnte, da er ſie von Ihnen nicht
gewohnt iſt. Vielleicht wäre es ſogar beſſer,
Sie überließen es Ihrem Manne, obgleich mein
Vater mir rieth, es Ihnen zuerſt mitzutheilen.“
„Das lohne ihm Gott!“ ſagte die alte
Dame. „Denn ſieh, mein Sohn, Du biſt ja
auch mein Sohn, und Dir darf ich es beken-
nen, Du weißt es vielleicht ſelbſt, daß niemals
ein gutes Vernehmen zwiſchen Ferdinand und
ſeinem Vater ſtattfand. Männer vergeſſen es
leicht, daß ſie einſt ſelbſt jung und der Nach-
ſicht bedürftig geweſen ſind. Der Commerzien-
rath wenigſtens ſcheint ſich deſſen, Ferdinand
gegenüber, nicht mehr zu erinnern und“ — fuhr
ſie fort, plötzlich umgeſtimmt durch den Gedan-
ken, ihr Liebling Ferdinand könne irgendwie
den Tadel ſeines Vaters auf ſich ziehen — „viel-
leicht iſt es mit Ferdinand ſo ſchlimm nicht,
als wir glauben. Deshalb verſprich mir, ſei-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/79>, abgerufen am 21.11.2024.
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