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Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Die Mutter wußte, daß der Vater etwas auf dem Herzen hatte, und weil sie nicht denken konnte, es sei gegen sie gerichtet, so legte sie das Buch zur Seite und sagte: Laß mich doch nicht in solcher Ungewißheit, Anton. Was war es mit der Mutter, was hat dich denn so sehr verstimmt?

Nichts, im Grunde -- und doch! wir sind nicht gut geschieden. Laß es ruhen -- das heißt, für heute! sprach er. Er that dann, als finge er wieder an zu lesen, die Mutter konnte sich aber nicht damit beruhigen. Was soll denn nun mit Caroline werden? fragte sie. Hast du der Mutter auch vorgestellt, wie sie das Mädchen verdirbt? Caroline kommt sich plötzlich wie eine Millionärin vor.

Warum führst du Caroline nicht in die Welt? unterbrach sie der Vater plötzlich mit einer Härte, welche der Mutter an ihm völlig fremd war. Wie kommst du zu der sonderbaren Frage? fragte sie, wir waren ja darüber einig, daß sie in diesem Jahre noch nicht in die Gesellschaft sollte. -- Aber was hast du dagegen? rief er. Die Großmutter legt Werth darauf, ich selber habe nichts dawider, Carolinie ist erwachsen, und dir selber -- dir selber muß es ja doch auch willkommen sein. Es giebt dir einen Halt, und -- Einen Halt? wiederholte die Mutter, indem sie ihn verwundert ansah. Wozu sollte mir ein Halt?

Der Vater war selbst erschrocken, als er die Worte ausgesprochen hatte, er schämte sich vor seinem

Die Mutter wußte, daß der Vater etwas auf dem Herzen hatte, und weil sie nicht denken konnte, es sei gegen sie gerichtet, so legte sie das Buch zur Seite und sagte: Laß mich doch nicht in solcher Ungewißheit, Anton. Was war es mit der Mutter, was hat dich denn so sehr verstimmt?

Nichts, im Grunde — und doch! wir sind nicht gut geschieden. Laß es ruhen — das heißt, für heute! sprach er. Er that dann, als finge er wieder an zu lesen, die Mutter konnte sich aber nicht damit beruhigen. Was soll denn nun mit Caroline werden? fragte sie. Hast du der Mutter auch vorgestellt, wie sie das Mädchen verdirbt? Caroline kommt sich plötzlich wie eine Millionärin vor.

Warum führst du Caroline nicht in die Welt? unterbrach sie der Vater plötzlich mit einer Härte, welche der Mutter an ihm völlig fremd war. Wie kommst du zu der sonderbaren Frage? fragte sie, wir waren ja darüber einig, daß sie in diesem Jahre noch nicht in die Gesellschaft sollte. — Aber was hast du dagegen? rief er. Die Großmutter legt Werth darauf, ich selber habe nichts dawider, Carolinie ist erwachsen, und dir selber — dir selber muß es ja doch auch willkommen sein. Es giebt dir einen Halt, und — Einen Halt? wiederholte die Mutter, indem sie ihn verwundert ansah. Wozu sollte mir ein Halt?

Der Vater war selbst erschrocken, als er die Worte ausgesprochen hatte, er schämte sich vor seinem

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[0043] Die Mutter wußte, daß der Vater etwas auf dem Herzen hatte, und weil sie nicht denken konnte, es sei gegen sie gerichtet, so legte sie das Buch zur Seite und sagte: Laß mich doch nicht in solcher Ungewißheit, Anton. Was war es mit der Mutter, was hat dich denn so sehr verstimmt? Nichts, im Grunde — und doch! wir sind nicht gut geschieden. Laß es ruhen — das heißt, für heute! sprach er. Er that dann, als finge er wieder an zu lesen, die Mutter konnte sich aber nicht damit beruhigen. Was soll denn nun mit Caroline werden? fragte sie. Hast du der Mutter auch vorgestellt, wie sie das Mädchen verdirbt? Caroline kommt sich plötzlich wie eine Millionärin vor. Warum führst du Caroline nicht in die Welt? unterbrach sie der Vater plötzlich mit einer Härte, welche der Mutter an ihm völlig fremd war. Wie kommst du zu der sonderbaren Frage? fragte sie, wir waren ja darüber einig, daß sie in diesem Jahre noch nicht in die Gesellschaft sollte. — Aber was hast du dagegen? rief er. Die Großmutter legt Werth darauf, ich selber habe nichts dawider, Carolinie ist erwachsen, und dir selber — dir selber muß es ja doch auch willkommen sein. Es giebt dir einen Halt, und — Einen Halt? wiederholte die Mutter, indem sie ihn verwundert ansah. Wozu sollte mir ein Halt? Der Vater war selbst erschrocken, als er die Worte ausgesprochen hatte, er schämte sich vor seinem

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:16:08Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:16:08Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_tante_1910/43>, abgerufen am 24.11.2024.