Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.Die anorganischen Bestandtheile der Vegetabilien. klein oder groß zu nennen, alle unsere Begriffe beziehen sichauf unsere Umgebungen, aber wie verschwindend sind diese gegen die Masse des Erdkörpers; was in einem begrenzten Raume kaum bemerkbar ist, erscheint in einem unbegrenzten unfaßbar groß. Die Luft enthält nur ein Tausendtheil ihres Gewichts an Kohlensäure, so klein dieser Gehalt auch scheint, so ist er doch mehr als hinreichend, um Jahrtausende hinaus die lebenden Generationen mit Kohlenstoff zu versehen, selbst wenn er derselben nicht ersetzt werden würde. Das Seewasser enthält 1/12400 seines Gewichts an kohlensauerm Kalk, und diese in einem Pfunde kaum bestimmbare Menge ist die Quelle, welche Miriaden von Schaalthieren, Korallen etc. mit dem Ma- terial zu ihrem Gehäuse versieht. Während die Luft nur 4 bis 6 Zehntausendtheile ihres Die Wurzeln der Pflanzen sind die ewig thätigen Samm- *) Wird der trockene Salzrückstand von der Verdampfung von Meerwasser
in eine Retorte bis zum Glühen erhitzt, so erhält man ein Sublimat von salzsaurem Ammoniak (Marcet). Die anorganiſchen Beſtandtheile der Vegetabilien. klein oder groß zu nennen, alle unſere Begriffe beziehen ſichauf unſere Umgebungen, aber wie verſchwindend ſind dieſe gegen die Maſſe des Erdkörpers; was in einem begrenzten Raume kaum bemerkbar iſt, erſcheint in einem unbegrenzten unfaßbar groß. Die Luft enthält nur ein Tauſendtheil ihres Gewichts an Kohlenſäure, ſo klein dieſer Gehalt auch ſcheint, ſo iſt er doch mehr als hinreichend, um Jahrtauſende hinaus die lebenden Generationen mit Kohlenſtoff zu verſehen, ſelbſt wenn er derſelben nicht erſetzt werden würde. Das Seewaſſer enthält 1/12400 ſeines Gewichts an kohlenſauerm Kalk, und dieſe in einem Pfunde kaum beſtimmbare Menge iſt die Quelle, welche Miriaden von Schaalthieren, Korallen ꝛc. mit dem Ma- terial zu ihrem Gehäuſe verſieht. Während die Luft nur 4 bis 6 Zehntauſendtheile ihres Die Wurzeln der Pflanzen ſind die ewig thätigen Samm- *) Wird der trockene Salzrückſtand von der Verdampfung von Meerwaſſer
in eine Retorte bis zum Glühen erhitzt, ſo erhält man ein Sublimat von ſalzſaurem Ammoniak (Marcet). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0122" n="104"/><fw place="top" type="header">Die anorganiſchen Beſtandtheile der Vegetabilien.</fw><lb/> klein oder groß zu nennen, alle unſere Begriffe beziehen ſich<lb/> auf unſere Umgebungen, aber wie verſchwindend ſind dieſe<lb/> gegen die Maſſe des Erdkörpers; was in einem begrenzten<lb/> Raume kaum bemerkbar iſt, erſcheint in einem unbegrenzten<lb/> unfaßbar groß. Die Luft enthält nur ein Tauſendtheil ihres<lb/> Gewichts an Kohlenſäure, ſo klein dieſer Gehalt auch ſcheint,<lb/> ſo iſt er doch mehr als hinreichend, um Jahrtauſende hinaus<lb/> die lebenden Generationen mit Kohlenſtoff zu verſehen, ſelbſt<lb/> wenn er derſelben nicht erſetzt werden würde. Das Seewaſſer<lb/> enthält 1/12400 ſeines Gewichts an kohlenſauerm Kalk, und dieſe<lb/> in einem Pfunde kaum beſtimmbare Menge iſt die Quelle,<lb/> welche Miriaden von Schaalthieren, Korallen ꝛc. mit dem Ma-<lb/> terial zu ihrem Gehäuſe verſieht.</p><lb/> <p>Während die Luft nur 4 bis 6 Zehntauſendtheile ihres<lb/> Volums an Kohlenſäure enthält, beträgt der Kohlenſäuregehalt<lb/> des Meerwaſſers über hundertmal mehr (10000 Volum Meer-<lb/> waſſer enthalten 620 Vol. Kohlenſäure, <hi rendition="#g">Laurent, Bouillon-<lb/> Lagrange</hi>) und in dieſem Medium, worin eine ganze Welt<lb/> von andern Pflanzen und Thieren lebt, <choice><sic>ſinden</sic><corr>finden</corr></choice> ſich in der Koh-<lb/> lenſäure und dem Ammoniak <note place="foot" n="*)">Wird der trockene Salzrückſtand von der Verdampfung von Meerwaſſer<lb/> in eine Retorte bis zum Glühen erhitzt, ſo erhält man ein Sublimat<lb/> von ſalzſaurem Ammoniak (<hi rendition="#g">Marcet</hi>).</note> die nemlichen Bedingungen<lb/> ihres Lebens vereinigt, welche das Beſtehen lebender Weſen<lb/> auf der Oberfläche des feſten Landes möglich machen.</p><lb/> <p>Die Wurzeln der Pflanzen ſind die ewig thätigen Samm-<lb/> ler der Alkalien, der Beſtandtheile des Seewaſſers, die der Re-<lb/> gen zuführt, des Quellwaſſers, was den Boden durchdringt,<lb/> ohne Alkalien und alkaliſche Baſen würden die meiſten Pflan-<lb/> zen nicht beſtehen, ohne die Pflanzen würden die Alkalien all-<lb/> mählig von der Oberfläche der Erde verſchwinden.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [104/0122]
Die anorganiſchen Beſtandtheile der Vegetabilien.
klein oder groß zu nennen, alle unſere Begriffe beziehen ſich
auf unſere Umgebungen, aber wie verſchwindend ſind dieſe
gegen die Maſſe des Erdkörpers; was in einem begrenzten
Raume kaum bemerkbar iſt, erſcheint in einem unbegrenzten
unfaßbar groß. Die Luft enthält nur ein Tauſendtheil ihres
Gewichts an Kohlenſäure, ſo klein dieſer Gehalt auch ſcheint,
ſo iſt er doch mehr als hinreichend, um Jahrtauſende hinaus
die lebenden Generationen mit Kohlenſtoff zu verſehen, ſelbſt
wenn er derſelben nicht erſetzt werden würde. Das Seewaſſer
enthält 1/12400 ſeines Gewichts an kohlenſauerm Kalk, und dieſe
in einem Pfunde kaum beſtimmbare Menge iſt die Quelle,
welche Miriaden von Schaalthieren, Korallen ꝛc. mit dem Ma-
terial zu ihrem Gehäuſe verſieht.
Während die Luft nur 4 bis 6 Zehntauſendtheile ihres
Volums an Kohlenſäure enthält, beträgt der Kohlenſäuregehalt
des Meerwaſſers über hundertmal mehr (10000 Volum Meer-
waſſer enthalten 620 Vol. Kohlenſäure, Laurent, Bouillon-
Lagrange) und in dieſem Medium, worin eine ganze Welt
von andern Pflanzen und Thieren lebt, finden ſich in der Koh-
lenſäure und dem Ammoniak *) die nemlichen Bedingungen
ihres Lebens vereinigt, welche das Beſtehen lebender Weſen
auf der Oberfläche des feſten Landes möglich machen.
Die Wurzeln der Pflanzen ſind die ewig thätigen Samm-
ler der Alkalien, der Beſtandtheile des Seewaſſers, die der Re-
gen zuführt, des Quellwaſſers, was den Boden durchdringt,
ohne Alkalien und alkaliſche Baſen würden die meiſten Pflan-
zen nicht beſtehen, ohne die Pflanzen würden die Alkalien all-
mählig von der Oberfläche der Erde verſchwinden.
*) Wird der trockene Salzrückſtand von der Verdampfung von Meerwaſſer
in eine Retorte bis zum Glühen erhitzt, ſo erhält man ein Sublimat
von ſalzſaurem Ammoniak (Marcet).
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |