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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Cultur.
daß die nie fehlende Gegenwart derselben in den Knochen der
antediluvianischen Thiere als Mittel dienen kann, um sie von
Knochen aus späteren Perioden zu unterscheiden; die Schädel-
knochen von Menschen aus Pompeji sind eben so reich an
Flußsäure wie die der vorweltlichen Thiere. Werden sie ge-
pulvert in einem verschließbaren Glasgefäß mit Schwefelsäure
übergossen, so findet sich dieses auf der Innenseite nach 24
Stunden aufs Heftigste corrodirt (J. L.), während die Kno-
chen und Zähne der jetzt lebenden Thiere nur Spuren davon
enthalten. (Berzelius.)

Beachtenswerth für das Wachsthum der Pflanzen ist die
Erfahrung von de Saussure, daß in den verschiedenen
Stadien ihrer Entwickelung die Vegetabilien ungleiche Men-
gen von den Bestandtheilen des Bodens bedürfen. Weizen-
pflanzen lieferten ihm einen Monat vor der Blüthe 79/1000, in
der Blüthe 54/1000, und mit reifen Saamen nur 33/1000 Asche.
Man sieht offenbar, daß sie dem Boden, von der Blüthe an,
einen Theil seiner anorganischen Bestandtheile wieder zurück-
geben, aber die phosphorsaure Bittererde ist im Saamen zu-
rückgeblieben.

Die Brache ist, wie sich aus dem Vorhergehenden ergiebt,
die Periode der Cultur, wo man das Land einer fortschreiten-
den Verwitterung vermittelst des Einflusses der Atmosphäre
überläßt, in der Weise, daß eine gewisse Quantität Alkali wie-
der fähig gemacht wird, von einer Pflanze aufgenommen zu
werden.

Es ist klar, daß die sorgfältige Bearbeitung des Brachlan-
des seine Verwitterung beschleunigt und vergrößert; für den
Zweck der Cultur ist es völlig gleichgültig, ob man das Land
mit Unkraut sich bedecken läßt, oder ob man eine Pflanze darauf
baut, welche dem Boden das aufgeschlossene Alkali nicht entzieht.

Die Cultur.
daß die nie fehlende Gegenwart derſelben in den Knochen der
antediluvianiſchen Thiere als Mittel dienen kann, um ſie von
Knochen aus ſpäteren Perioden zu unterſcheiden; die Schädel-
knochen von Menſchen aus Pompeji ſind eben ſo reich an
Flußſäure wie die der vorweltlichen Thiere. Werden ſie ge-
pulvert in einem verſchließbaren Glasgefäß mit Schwefelſäure
übergoſſen, ſo findet ſich dieſes auf der Innenſeite nach 24
Stunden aufs Heftigſte corrodirt (J. L.), während die Kno-
chen und Zähne der jetzt lebenden Thiere nur Spuren davon
enthalten. (Berzelius.)

Beachtenswerth für das Wachsthum der Pflanzen iſt die
Erfahrung von de Sauſſure, daß in den verſchiedenen
Stadien ihrer Entwickelung die Vegetabilien ungleiche Men-
gen von den Beſtandtheilen des Bodens bedürfen. Weizen-
pflanzen lieferten ihm einen Monat vor der Blüthe 79/1000, in
der Blüthe 54/1000, und mit reifen Saamen nur 33/1000 Aſche.
Man ſieht offenbar, daß ſie dem Boden, von der Blüthe an,
einen Theil ſeiner anorganiſchen Beſtandtheile wieder zurück-
geben, aber die phosphorſaure Bittererde iſt im Saamen zu-
rückgeblieben.

Die Brache iſt, wie ſich aus dem Vorhergehenden ergiebt,
die Periode der Cultur, wo man das Land einer fortſchreiten-
den Verwitterung vermittelſt des Einfluſſes der Atmoſphäre
überläßt, in der Weiſe, daß eine gewiſſe Quantität Alkali wie-
der fähig gemacht wird, von einer Pflanze aufgenommen zu
werden.

Es iſt klar, daß die ſorgfältige Bearbeitung des Brachlan-
des ſeine Verwitterung beſchleunigt und vergrößert; für den
Zweck der Cultur iſt es völlig gleichgültig, ob man das Land
mit Unkraut ſich bedecken läßt, oder ob man eine Pflanze darauf
baut, welche dem Boden das aufgeſchloſſene Alkali nicht entzieht.

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[140/0158] Die Cultur. daß die nie fehlende Gegenwart derſelben in den Knochen der antediluvianiſchen Thiere als Mittel dienen kann, um ſie von Knochen aus ſpäteren Perioden zu unterſcheiden; die Schädel- knochen von Menſchen aus Pompeji ſind eben ſo reich an Flußſäure wie die der vorweltlichen Thiere. Werden ſie ge- pulvert in einem verſchließbaren Glasgefäß mit Schwefelſäure übergoſſen, ſo findet ſich dieſes auf der Innenſeite nach 24 Stunden aufs Heftigſte corrodirt (J. L.), während die Kno- chen und Zähne der jetzt lebenden Thiere nur Spuren davon enthalten. (Berzelius.) Beachtenswerth für das Wachsthum der Pflanzen iſt die Erfahrung von de Sauſſure, daß in den verſchiedenen Stadien ihrer Entwickelung die Vegetabilien ungleiche Men- gen von den Beſtandtheilen des Bodens bedürfen. Weizen- pflanzen lieferten ihm einen Monat vor der Blüthe 79/1000, in der Blüthe 54/1000, und mit reifen Saamen nur 33/1000 Aſche. Man ſieht offenbar, daß ſie dem Boden, von der Blüthe an, einen Theil ſeiner anorganiſchen Beſtandtheile wieder zurück- geben, aber die phosphorſaure Bittererde iſt im Saamen zu- rückgeblieben. Die Brache iſt, wie ſich aus dem Vorhergehenden ergiebt, die Periode der Cultur, wo man das Land einer fortſchreiten- den Verwitterung vermittelſt des Einfluſſes der Atmoſphäre überläßt, in der Weiſe, daß eine gewiſſe Quantität Alkali wie- der fähig gemacht wird, von einer Pflanze aufgenommen zu werden. Es iſt klar, daß die ſorgfältige Bearbeitung des Brachlan- des ſeine Verwitterung beſchleunigt und vergrößert; für den Zweck der Cultur iſt es völlig gleichgültig, ob man das Land mit Unkraut ſich bedecken läßt, oder ob man eine Pflanze darauf baut, welche dem Boden das aufgeſchloſſene Alkali nicht entzieht.

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/158>, abgerufen am 23.11.2024.