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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Wechselwirthschaft und der Dünger.
wandlung und Zerstörung der auf ihre Entwickelung schädlich
einwirkenden Excremente, in dem einen Fall, schon in dem 2ten
und im andern erst im 9ten Jahre vollendet ist.

In der einen Gegend geräth der Klee auf dem nämlichen
Felde erst im 6ten, in andern erst im 12ten, der Lein im 3ten
und 2ten Jahre wieder. Alles dieses hängt von der chemi-
schen Beschaffenheit des Bodens ab, denn in den Gegenden,
wo die Zeit der Cultur einer und der nämlichen Pflanze, weit
auseinander gelegt werden muß, wenn sie mit Vortheil gebaut
werden sollen, hat man die Erfahrung gemacht, daß selbst bei
Anwendung von reichlichem Dünger diese Zeit nicht verkürzt
werden kann, eben weil die Zerstörung ihrer eigenen Excre-
mente einer neuen Cultur vorangehen muß.

Lein, Erbsen, Klee, selbst Kartoffeln gehören zu denjenigen
Pflanzen, deren Excremente auf Thonboden die längste Zeit
zu ihrer Humifizirung bedürfen, aber es ist klar, daß die An-
wendung von Alkalien, von selbst kleinen Mengen unausge-
laugter Asche, gebranntem Kalke das Feld in bei weitem kür-
zerer Zeit wieder in den Stand setzen muß, den Anbau der
nämlichen Pflanze wieder zu gestatten.

Der Boden erlangt in der Brache einen Theil seiner frü-
heren Fruchtbarkeit schon dadurch wieder, weil in der Zeit der
Brache, neben der fortschreitenden Verwitterung, die Zerstörung
oder Humifizirung der darinn enthaltenen Excremente erfolgt.

Eine Ueberschwemmung ersetzt die Brache in kalireichem
Boden in der Nähe des Rheins, des Nils, wo man ohne
Nachtheil auf denselben Aeckern hintereinander Getreide baut.
Eben so vertritt das Wässern der Wiesen die Wirkung der
Brache; das an Sauerstoff so reiche Wasser der Bäche und
Flüsse bewirkt, indem es sich unaufhörlich erneuert und alle
Theile des Bodens durchdringt, die schnellste und vollständigste

Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger.
wandlung und Zerſtörung der auf ihre Entwickelung ſchädlich
einwirkenden Excremente, in dem einen Fall, ſchon in dem 2ten
und im andern erſt im 9ten Jahre vollendet iſt.

In der einen Gegend geräth der Klee auf dem nämlichen
Felde erſt im 6ten, in andern erſt im 12ten, der Lein im 3ten
und 2ten Jahre wieder. Alles dieſes hängt von der chemi-
ſchen Beſchaffenheit des Bodens ab, denn in den Gegenden,
wo die Zeit der Cultur einer und der nämlichen Pflanze, weit
auseinander gelegt werden muß, wenn ſie mit Vortheil gebaut
werden ſollen, hat man die Erfahrung gemacht, daß ſelbſt bei
Anwendung von reichlichem Dünger dieſe Zeit nicht verkürzt
werden kann, eben weil die Zerſtörung ihrer eigenen Excre-
mente einer neuen Cultur vorangehen muß.

Lein, Erbſen, Klee, ſelbſt Kartoffeln gehören zu denjenigen
Pflanzen, deren Excremente auf Thonboden die längſte Zeit
zu ihrer Humifizirung bedürfen, aber es iſt klar, daß die An-
wendung von Alkalien, von ſelbſt kleinen Mengen unausge-
laugter Aſche, gebranntem Kalke das Feld in bei weitem kür-
zerer Zeit wieder in den Stand ſetzen muß, den Anbau der
nämlichen Pflanze wieder zu geſtatten.

Der Boden erlangt in der Brache einen Theil ſeiner frü-
heren Fruchtbarkeit ſchon dadurch wieder, weil in der Zeit der
Brache, neben der fortſchreitenden Verwitterung, die Zerſtörung
oder Humifizirung der darinn enthaltenen Excremente erfolgt.

Eine Ueberſchwemmung erſetzt die Brache in kalireichem
Boden in der Nähe des Rheins, des Nils, wo man ohne
Nachtheil auf denſelben Aeckern hintereinander Getreide baut.
Eben ſo vertritt das Wäſſern der Wieſen die Wirkung der
Brache; das an Sauerſtoff ſo reiche Waſſer der Bäche und
Flüſſe bewirkt, indem es ſich unaufhörlich erneuert und alle
Theile des Bodens durchdringt, die ſchnellſte und vollſtändigſte

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[151/0169] Die Wechſelwirthſchaft und der Dünger. wandlung und Zerſtörung der auf ihre Entwickelung ſchädlich einwirkenden Excremente, in dem einen Fall, ſchon in dem 2ten und im andern erſt im 9ten Jahre vollendet iſt. In der einen Gegend geräth der Klee auf dem nämlichen Felde erſt im 6ten, in andern erſt im 12ten, der Lein im 3ten und 2ten Jahre wieder. Alles dieſes hängt von der chemi- ſchen Beſchaffenheit des Bodens ab, denn in den Gegenden, wo die Zeit der Cultur einer und der nämlichen Pflanze, weit auseinander gelegt werden muß, wenn ſie mit Vortheil gebaut werden ſollen, hat man die Erfahrung gemacht, daß ſelbſt bei Anwendung von reichlichem Dünger dieſe Zeit nicht verkürzt werden kann, eben weil die Zerſtörung ihrer eigenen Excre- mente einer neuen Cultur vorangehen muß. Lein, Erbſen, Klee, ſelbſt Kartoffeln gehören zu denjenigen Pflanzen, deren Excremente auf Thonboden die längſte Zeit zu ihrer Humifizirung bedürfen, aber es iſt klar, daß die An- wendung von Alkalien, von ſelbſt kleinen Mengen unausge- laugter Aſche, gebranntem Kalke das Feld in bei weitem kür- zerer Zeit wieder in den Stand ſetzen muß, den Anbau der nämlichen Pflanze wieder zu geſtatten. Der Boden erlangt in der Brache einen Theil ſeiner frü- heren Fruchtbarkeit ſchon dadurch wieder, weil in der Zeit der Brache, neben der fortſchreitenden Verwitterung, die Zerſtörung oder Humifizirung der darinn enthaltenen Excremente erfolgt. Eine Ueberſchwemmung erſetzt die Brache in kalireichem Boden in der Nähe des Rheins, des Nils, wo man ohne Nachtheil auf denſelben Aeckern hintereinander Getreide baut. Eben ſo vertritt das Wäſſern der Wieſen die Wirkung der Brache; das an Sauerſtoff ſo reiche Waſſer der Bäche und Flüſſe bewirkt, indem es ſich unaufhörlich erneuert und alle Theile des Bodens durchdringt, die ſchnellſte und vollſtändigſte

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/169>, abgerufen am 24.11.2024.