Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.Ursache der Gährung, Fäulniß und Verwesung. Mit Gährung, Fäulniß und Verwesung bezeichnet Die Verwesung ist verschieden von der Gährung Man ist gewissermaßen übereingekommen, mit dem Ausdruck Man ist ferner gewöhnt, ein gewisse Klasse von Metamor- Urſache der Gährung, Fäulniß und Verweſung. Mit Gährung, Fäulniß und Verweſung bezeichnet Die Verweſung iſt verſchieden von der Gährung Man iſt gewiſſermaßen übereingekommen, mit dem Ausdruck Man iſt ferner gewöhnt, ein gewiſſe Klaſſe von Metamor- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0228" n="210"/> <fw place="top" type="header">Urſache der Gährung, Fäulniß und Verweſung.</fw><lb/> <p>Mit <hi rendition="#g">Gährung, Fäulniß</hi> und <hi rendition="#g">Verweſung</hi> bezeichnet<lb/> man im Allgemeinen die Form- und Eigenſchaftsänderungen,<lb/> welche die complexen organiſchen Materien erleiden, wenn ſie<lb/> von den Organismen getrennt, bei Gegenwart von Waſſer und<lb/> einer gewiſſen Temperatur ſich ſelbſt überlaſſen werden. Gäh-<lb/> rung und Fäulniß ſind Zerſetzungsproceſſe von der eigenthüm-<lb/> li chenArt, die wir mit Metamorphoſen bezeichnet haben, die<lb/> Elemente der Körper, welche in Gährung oder Fäulniß über-<lb/> zugehen fähig ſind, ordnen ſich zu neuen Verbindungen, und<lb/> in dieſer Ordnungsweiſe nehmen meiſtens die Beſtandtheile<lb/> des Waſſers einen beſtimmten Antheil.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Verweſung</hi> iſt verſchieden von der <hi rendition="#g">Gährung</hi><lb/> und <hi rendition="#g">Fäulniß</hi>, inſofern ſie ohne Zutritt der Luft nicht ſtatt-<lb/> findet, deren Sauerſtoff hierbei von dem Körper aufgenommen<lb/> wird, es iſt eine langſame Verbrennung, bei welcher unter<lb/> allen Umſtänden Wärme und zuweilen auch Licht entwickelt wird;<lb/> bei den Zerſetzungsproceſſen, die man Fäulniß und Gährung<lb/> nennt, entwickeln ſich ſehr häufig luftförmige Produkte, die<lb/> entweder geruchlos ſind oder einen unangenehmen Geruch ver-<lb/> breiten.</p><lb/> <p>Man iſt gewiſſermaßen übereingekommen, mit dem Ausdruck<lb/><hi rendition="#g">Gährung</hi> die Metamorphoſe derjenigen Materien zu bezeichnen,<lb/> welche geruchloſe gasförmige Produkte entwickeln, während die<lb/> Bezeichnung <hi rendition="#g">Fäulniß</hi> gewöhnlich für diejenigen von ſelbſt<lb/> erfolgenden Zerſetzungen gebraucht wird, in denen übelriechende<lb/> Gasarten gebildet werden. Der Geruch kann aber, wie ſich<lb/> von ſelbſt verſteht, keinesweges über die Natur der Zerſetzung<lb/> als entſcheidender Character gelten, beide, Gährung und Fäul-<lb/> niß, ſind einerlei Zerſetzungsproceſſe, die erſtere von ſtickſtofffreien,<lb/> die andere von ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen.</p><lb/> <p>Man iſt ferner gewöhnt, ein gewiſſe Klaſſe von Metamor-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [210/0228]
Urſache der Gährung, Fäulniß und Verweſung.
Mit Gährung, Fäulniß und Verweſung bezeichnet
man im Allgemeinen die Form- und Eigenſchaftsänderungen,
welche die complexen organiſchen Materien erleiden, wenn ſie
von den Organismen getrennt, bei Gegenwart von Waſſer und
einer gewiſſen Temperatur ſich ſelbſt überlaſſen werden. Gäh-
rung und Fäulniß ſind Zerſetzungsproceſſe von der eigenthüm-
li chenArt, die wir mit Metamorphoſen bezeichnet haben, die
Elemente der Körper, welche in Gährung oder Fäulniß über-
zugehen fähig ſind, ordnen ſich zu neuen Verbindungen, und
in dieſer Ordnungsweiſe nehmen meiſtens die Beſtandtheile
des Waſſers einen beſtimmten Antheil.
Die Verweſung iſt verſchieden von der Gährung
und Fäulniß, inſofern ſie ohne Zutritt der Luft nicht ſtatt-
findet, deren Sauerſtoff hierbei von dem Körper aufgenommen
wird, es iſt eine langſame Verbrennung, bei welcher unter
allen Umſtänden Wärme und zuweilen auch Licht entwickelt wird;
bei den Zerſetzungsproceſſen, die man Fäulniß und Gährung
nennt, entwickeln ſich ſehr häufig luftförmige Produkte, die
entweder geruchlos ſind oder einen unangenehmen Geruch ver-
breiten.
Man iſt gewiſſermaßen übereingekommen, mit dem Ausdruck
Gährung die Metamorphoſe derjenigen Materien zu bezeichnen,
welche geruchloſe gasförmige Produkte entwickeln, während die
Bezeichnung Fäulniß gewöhnlich für diejenigen von ſelbſt
erfolgenden Zerſetzungen gebraucht wird, in denen übelriechende
Gasarten gebildet werden. Der Geruch kann aber, wie ſich
von ſelbſt verſteht, keinesweges über die Natur der Zerſetzung
als entſcheidender Character gelten, beide, Gährung und Fäul-
niß, ſind einerlei Zerſetzungsproceſſe, die erſtere von ſtickſtofffreien,
die andere von ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen.
Man iſt ferner gewöhnt, ein gewiſſe Klaſſe von Metamor-
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