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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Gährung des Zuckers.
den Producten keinen Bestandtheil der Substanz, durch deren
Berührung seine Zersetzung herbeigeführt wurde, die Elemente
der Bierhefe nehmen an der Umsetzung der Elemente des Zuckers
keinen nachweisbaren Antheil.

Nehmen wir jetzt nun einen Pflanzensaft, welcher reich ist
an Zucker, und der neben diesem Bestandtheil noch andere Ma-
terien, vegetabilisches Eiweiß, Kleber etc enthält, wie z. B. den
Saft von gelben Möhren, Runkelrüben, Zwiebeln etc, über-
lassen wir ihn mit Bierhefe der gewöhnlichen Temperatur, so
geräth er in Gährung, wie das Zuckerwasser; es entweicht unter
Aufbrausen Kohlensäure, und in der rückständigen Flüssigkeit findet
man eine dem Zuckergehalt genau entsprechende Menge Alkohol;
überlassen wir ihn sich selbst bei einer Temperatur von 35--40°,
so geräth er ebenfalls in Gährung, es entwickeln sich Gase in
beträchtlicher Menge, welche von einem unangenehmen Geruch
begleitet sind, und wenn die Flüssigkeit nach vollendeter Zer-
setzung untersucht wird, so findet man darin keinen Alkohol.
Der Zucker ist verschwunden und mit dem Zucker alle vorher
in dem Saft enthaltenen stickstoffhaltigen Körper. Beide ha-
ben sich gleichzeitig mit und neben einander zersetzt; der Stick-
stoff der stickstoffhaltigen Substanzen findet sich in der Flüssig-
keit als Ammoniak wieder und neben dem Ammoniak drei neue
Producte, welche aus den Bestandtheilen des Pflanzensaftes er-
zeugt worden sind. Die eine ist eine wenig flüchtige in dem
thierischen Organismus vorkommende Säure, die Milchsäure,
die andere ist der kristallinische Körper, der den Hauptbestand-
theil der Manna ausmacht und die dritte ist eine feste dem
arabischen Gummi ähnliche Masse, welche mit Wasser einen
dicken zähen Schleim bildet. Die drei Producte zusammen
wiegen, ohne das Gewicht der gasförmigen Producte zu rech-
nen, mehr, als der im Saft enthaltene Zucker; sie sind also

Gährung des Zuckers.
den Producten keinen Beſtandtheil der Subſtanz, durch deren
Berührung ſeine Zerſetzung herbeigeführt wurde, die Elemente
der Bierhefe nehmen an der Umſetzung der Elemente des Zuckers
keinen nachweisbaren Antheil.

Nehmen wir jetzt nun einen Pflanzenſaft, welcher reich iſt
an Zucker, und der neben dieſem Beſtandtheil noch andere Ma-
terien, vegetabiliſches Eiweiß, Kleber ꝛc enthält, wie z. B. den
Saft von gelben Möhren, Runkelrüben, Zwiebeln ꝛc, über-
laſſen wir ihn mit Bierhefe der gewöhnlichen Temperatur, ſo
geräth er in Gährung, wie das Zuckerwaſſer; es entweicht unter
Aufbrauſen Kohlenſäure, und in der rückſtändigen Flüſſigkeit findet
man eine dem Zuckergehalt genau entſprechende Menge Alkohol;
überlaſſen wir ihn ſich ſelbſt bei einer Temperatur von 35—40°,
ſo geräth er ebenfalls in Gährung, es entwickeln ſich Gaſe in
beträchtlicher Menge, welche von einem unangenehmen Geruch
begleitet ſind, und wenn die Flüſſigkeit nach vollendeter Zer-
ſetzung unterſucht wird, ſo findet man darin keinen Alkohol.
Der Zucker iſt verſchwunden und mit dem Zucker alle vorher
in dem Saft enthaltenen ſtickſtoffhaltigen Körper. Beide ha-
ben ſich gleichzeitig mit und neben einander zerſetzt; der Stick-
ſtoff der ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen findet ſich in der Flüſſig-
keit als Ammoniak wieder und neben dem Ammoniak drei neue
Producte, welche aus den Beſtandtheilen des Pflanzenſaftes er-
zeugt worden ſind. Die eine iſt eine wenig flüchtige in dem
thieriſchen Organismus vorkommende Säure, die Milchſäure,
die andere iſt der kriſtalliniſche Körper, der den Hauptbeſtand-
theil der Manna ausmacht und die dritte iſt eine feſte dem
arabiſchen Gummi ähnliche Maſſe, welche mit Waſſer einen
dicken zähen Schleim bildet. Die drei Producte zuſammen
wiegen, ohne das Gewicht der gasförmigen Producte zu rech-
nen, mehr, als der im Saft enthaltene Zucker; ſie ſind alſo

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[229/0247] Gährung des Zuckers. den Producten keinen Beſtandtheil der Subſtanz, durch deren Berührung ſeine Zerſetzung herbeigeführt wurde, die Elemente der Bierhefe nehmen an der Umſetzung der Elemente des Zuckers keinen nachweisbaren Antheil. Nehmen wir jetzt nun einen Pflanzenſaft, welcher reich iſt an Zucker, und der neben dieſem Beſtandtheil noch andere Ma- terien, vegetabiliſches Eiweiß, Kleber ꝛc enthält, wie z. B. den Saft von gelben Möhren, Runkelrüben, Zwiebeln ꝛc, über- laſſen wir ihn mit Bierhefe der gewöhnlichen Temperatur, ſo geräth er in Gährung, wie das Zuckerwaſſer; es entweicht unter Aufbrauſen Kohlenſäure, und in der rückſtändigen Flüſſigkeit findet man eine dem Zuckergehalt genau entſprechende Menge Alkohol; überlaſſen wir ihn ſich ſelbſt bei einer Temperatur von 35—40°, ſo geräth er ebenfalls in Gährung, es entwickeln ſich Gaſe in beträchtlicher Menge, welche von einem unangenehmen Geruch begleitet ſind, und wenn die Flüſſigkeit nach vollendeter Zer- ſetzung unterſucht wird, ſo findet man darin keinen Alkohol. Der Zucker iſt verſchwunden und mit dem Zucker alle vorher in dem Saft enthaltenen ſtickſtoffhaltigen Körper. Beide ha- ben ſich gleichzeitig mit und neben einander zerſetzt; der Stick- ſtoff der ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen findet ſich in der Flüſſig- keit als Ammoniak wieder und neben dem Ammoniak drei neue Producte, welche aus den Beſtandtheilen des Pflanzenſaftes er- zeugt worden ſind. Die eine iſt eine wenig flüchtige in dem thieriſchen Organismus vorkommende Säure, die Milchſäure, die andere iſt der kriſtalliniſche Körper, der den Hauptbeſtand- theil der Manna ausmacht und die dritte iſt eine feſte dem arabiſchen Gummi ähnliche Maſſe, welche mit Waſſer einen dicken zähen Schleim bildet. Die drei Producte zuſammen wiegen, ohne das Gewicht der gasförmigen Producte zu rech- nen, mehr, als der im Saft enthaltene Zucker; ſie ſind alſo

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/247>, abgerufen am 21.11.2024.