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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Hefe, Ferment.

Dieß ist in der That der Fall. Faulendes Muskel-
fleisch, Urin, Hausenblase, Osmazom, Eiweiß, Käse,
Gliadin, Kleber, Legumin, Blut
bringen, in Zucker-
wasser
gebracht, die Fäulniß des Zuckers (Gährung) hervor,
ja das Ferment selbst, was durch anhaltendes Auswaschen
seine Fähigkeit, Gährung zu erregen, gänzlich verloren hat, er-
hält sie wieder, wenn es, an einem warmen Ort sich selbst
überlassen, in Fäulniß übergegangen ist.

Das Ferment, die faulenden thierischen und vegetabilischen
Materien, indem sie in anderen Körpern den Zustand der Zer-
setzung herbeiführen, den sie selbst erleiden, wirken mithin wie
das Wasserstoffhyperoxid auf Silberoxid; die Störung in der
Anziehung seiner Bestandtheile, welche seine eigne Zersetzung
herbeiführt, der Act seiner Zersetzung bewirkt eine Störung in der
Anziehung der Bestandtheile des Silberoxids, indem das eine
zersetzt wird, erfolgt eine ähnliche Zersetzung des andern Kör-
pers.

Beachten wir nun, um zu gewissen Anwendungen zu kom-
men, den Verlauf der Gährung des reinen Zuckers mit Fer-
ment, so beobachten wir zwei Fälle, die stets wiederkehren. Ist
die Menge des Ferments im Verhältniß zu dem vorhandenen
Zucker zu gering, so ist seine Fäulniß früher beendigt, als die
Metamorphose des Zuckers; es bleibt Zucker unzersetzt, insofern
die Ursache seiner Metamorphose, nämlich die Berührung mit
einem in Zersetzung begriffenen Körper, fehlt.

Ist die Menge des Ferments vorwaltend, so bleibt, indem
seine Unlöslichkeit im Wasser an und für sich eine langsamere
Zersetzung bedingt, eine gewisse Menge in Zersetzung begriffen
zurück. Diese in frisches Zuckerwasser gebracht, fährt fort, wie-
der Gährung zu erregen, bis sie selbst alle Perioden ihrer eige-
nen Metamorphose durchlaufen hat.

Hefe, Ferment.

Dieß iſt in der That der Fall. Faulendes Muskel-
fleiſch, Urin, Hauſenblaſe, Osmazom, Eiweiß, Käſe,
Gliadin, Kleber, Legumin, Blut
bringen, in Zucker-
waſſer
gebracht, die Fäulniß des Zuckers (Gährung) hervor,
ja das Ferment ſelbſt, was durch anhaltendes Auswaſchen
ſeine Fähigkeit, Gährung zu erregen, gänzlich verloren hat, er-
hält ſie wieder, wenn es, an einem warmen Ort ſich ſelbſt
überlaſſen, in Fäulniß übergegangen iſt.

Das Ferment, die faulenden thieriſchen und vegetabiliſchen
Materien, indem ſie in anderen Körpern den Zuſtand der Zer-
ſetzung herbeiführen, den ſie ſelbſt erleiden, wirken mithin wie
das Waſſerſtoffhyperoxid auf Silberoxid; die Störung in der
Anziehung ſeiner Beſtandtheile, welche ſeine eigne Zerſetzung
herbeiführt, der Act ſeiner Zerſetzung bewirkt eine Störung in der
Anziehung der Beſtandtheile des Silberoxids, indem das eine
zerſetzt wird, erfolgt eine ähnliche Zerſetzung des andern Kör-
pers.

Beachten wir nun, um zu gewiſſen Anwendungen zu kom-
men, den Verlauf der Gährung des reinen Zuckers mit Fer-
ment, ſo beobachten wir zwei Fälle, die ſtets wiederkehren. Iſt
die Menge des Ferments im Verhältniß zu dem vorhandenen
Zucker zu gering, ſo iſt ſeine Fäulniß früher beendigt, als die
Metamorphoſe des Zuckers; es bleibt Zucker unzerſetzt, inſofern
die Urſache ſeiner Metamorphoſe, nämlich die Berührung mit
einem in Zerſetzung begriffenen Körper, fehlt.

Iſt die Menge des Ferments vorwaltend, ſo bleibt, indem
ſeine Unlöslichkeit im Waſſer an und für ſich eine langſamere
Zerſetzung bedingt, eine gewiſſe Menge in Zerſetzung begriffen
zurück. Dieſe in friſches Zuckerwaſſer gebracht, fährt fort, wie-
der Gährung zu erregen, bis ſie ſelbſt alle Perioden ihrer eige-
nen Metamorphoſe durchlaufen hat.

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[233/0251] Hefe, Ferment. Dieß iſt in der That der Fall. Faulendes Muskel- fleiſch, Urin, Hauſenblaſe, Osmazom, Eiweiß, Käſe, Gliadin, Kleber, Legumin, Blut bringen, in Zucker- waſſer gebracht, die Fäulniß des Zuckers (Gährung) hervor, ja das Ferment ſelbſt, was durch anhaltendes Auswaſchen ſeine Fähigkeit, Gährung zu erregen, gänzlich verloren hat, er- hält ſie wieder, wenn es, an einem warmen Ort ſich ſelbſt überlaſſen, in Fäulniß übergegangen iſt. Das Ferment, die faulenden thieriſchen und vegetabiliſchen Materien, indem ſie in anderen Körpern den Zuſtand der Zer- ſetzung herbeiführen, den ſie ſelbſt erleiden, wirken mithin wie das Waſſerſtoffhyperoxid auf Silberoxid; die Störung in der Anziehung ſeiner Beſtandtheile, welche ſeine eigne Zerſetzung herbeiführt, der Act ſeiner Zerſetzung bewirkt eine Störung in der Anziehung der Beſtandtheile des Silberoxids, indem das eine zerſetzt wird, erfolgt eine ähnliche Zerſetzung des andern Kör- pers. Beachten wir nun, um zu gewiſſen Anwendungen zu kom- men, den Verlauf der Gährung des reinen Zuckers mit Fer- ment, ſo beobachten wir zwei Fälle, die ſtets wiederkehren. Iſt die Menge des Ferments im Verhältniß zu dem vorhandenen Zucker zu gering, ſo iſt ſeine Fäulniß früher beendigt, als die Metamorphoſe des Zuckers; es bleibt Zucker unzerſetzt, inſofern die Urſache ſeiner Metamorphoſe, nämlich die Berührung mit einem in Zerſetzung begriffenen Körper, fehlt. Iſt die Menge des Ferments vorwaltend, ſo bleibt, indem ſeine Unlöslichkeit im Waſſer an und für ſich eine langſamere Zerſetzung bedingt, eine gewiſſe Menge in Zerſetzung begriffen zurück. Dieſe in friſches Zuckerwaſſer gebracht, fährt fort, wie- der Gährung zu erregen, bis ſie ſelbſt alle Perioden ihrer eige- nen Metamorphoſe durchlaufen hat.

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/251>, abgerufen am 24.11.2024.