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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Gift, Contagien, Miasmen.
ohne Zweifel richtiger ist, der Zustand der Zersetzung, in dem
sich der gelös'te Ansteckungsstoff befindet, vollendet sich in dem
Wasser.

Alle Gase, die sich aus faulenden thierischen und vegetabi-
lischen Materien, die sich in Krankheitsprocessen entwickeln, be-
sitzen gewöhnlich einen eigenthümlich widrigen, unangenehmen
oder stinkenden Geruch, der in den meisten Fällen das Vor-
handensein einer Materie beweis't, die sich im Zustande der
Zersetzung, d. h. einer chemischen Action, befindet. Das Rie-
chen selbst kann in vielen Fällen als die Reaction der Ge-
ruchsnerven betrachtet werden, als der Widerstand, den die
Lebensthätigkeit der chemischen Action entgegensetzt.

Eine Menge von Metallen geben beim Reiben Geruch,
aber keins von denen, die wir edle nennen, d. h. welche in
Luft bei Gegenwart von Feuchtigkeit keine Veränderung erlei-
den; Arsenik, Phosphor, Leinöl, Citronöl, Terpentinöl, Rauten-
öl, Pfeffermünzöl, Moschus etc. riechen nur im Acte ihrer Ver-
wesung. (Oxidation bei gewöhnlicher Temperatur.)

So verhält es sich denn mit allen gasförmigen Contagien;
sie sind mehrentheils begleitet von Ammoniak, was man in
vielen Fällen als den Vermittler der Gasform des Contagiums
betrachten kann, so wie es der Vermittler ist des Geruches
von zahllosen Substanzen, die an und für sich nur wenig flüch-
tig, von vielen, die geruchlos sind. (Robiquet in den Ann.
de chim. et de phys. XV.
27.)

Das Ammoniak ist der Begleiter der meisten Krankheits-
zustände; es fehlt nie bei denen, in welchen sich Contagien er-
zeugen; es ist ein nie fehlendes Product aller im Zustande der
Zersetzung sich befindenden thierischen Stoffe. In allen Kran-
kenzimmern, vorzüglich bei ansteckenden Krankheiten, läßt sich
die Gegenwart des Ammoniaks nachweisen; die durch Eis

Gift, Contagien, Miasmen.
ohne Zweifel richtiger iſt, der Zuſtand der Zerſetzung, in dem
ſich der gelöſ’te Anſteckungsſtoff befindet, vollendet ſich in dem
Waſſer.

Alle Gaſe, die ſich aus faulenden thieriſchen und vegetabi-
liſchen Materien, die ſich in Krankheitsproceſſen entwickeln, be-
ſitzen gewöhnlich einen eigenthümlich widrigen, unangenehmen
oder ſtinkenden Geruch, der in den meiſten Fällen das Vor-
handenſein einer Materie beweiſ’t, die ſich im Zuſtande der
Zerſetzung, d. h. einer chemiſchen Action, befindet. Das Rie-
chen ſelbſt kann in vielen Fällen als die Reaction der Ge-
ruchsnerven betrachtet werden, als der Widerſtand, den die
Lebensthätigkeit der chemiſchen Action entgegenſetzt.

Eine Menge von Metallen geben beim Reiben Geruch,
aber keins von denen, die wir edle nennen, d. h. welche in
Luft bei Gegenwart von Feuchtigkeit keine Veränderung erlei-
den; Arſenik, Phosphor, Leinöl, Citronöl, Terpentinöl, Rauten-
öl, Pfeffermünzöl, Moſchus ꝛc. riechen nur im Acte ihrer Ver-
weſung. (Oxidation bei gewöhnlicher Temperatur.)

So verhält es ſich denn mit allen gasförmigen Contagien;
ſie ſind mehrentheils begleitet von Ammoniak, was man in
vielen Fällen als den Vermittler der Gasform des Contagiums
betrachten kann, ſo wie es der Vermittler iſt des Geruches
von zahlloſen Subſtanzen, die an und für ſich nur wenig flüch-
tig, von vielen, die geruchlos ſind. (Robiquet in den Ann.
de chim. et de phys. XV.
27.)

Das Ammoniak iſt der Begleiter der meiſten Krankheits-
zuſtände; es fehlt nie bei denen, in welchen ſich Contagien er-
zeugen; es iſt ein nie fehlendes Product aller im Zuſtande der
Zerſetzung ſich befindenden thieriſchen Stoffe. In allen Kran-
kenzimmern, vorzüglich bei anſteckenden Krankheiten, läßt ſich
die Gegenwart des Ammoniaks nachweiſen; die durch Eis

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[338/0356] Gift, Contagien, Miasmen. ohne Zweifel richtiger iſt, der Zuſtand der Zerſetzung, in dem ſich der gelöſ’te Anſteckungsſtoff befindet, vollendet ſich in dem Waſſer. Alle Gaſe, die ſich aus faulenden thieriſchen und vegetabi- liſchen Materien, die ſich in Krankheitsproceſſen entwickeln, be- ſitzen gewöhnlich einen eigenthümlich widrigen, unangenehmen oder ſtinkenden Geruch, der in den meiſten Fällen das Vor- handenſein einer Materie beweiſ’t, die ſich im Zuſtande der Zerſetzung, d. h. einer chemiſchen Action, befindet. Das Rie- chen ſelbſt kann in vielen Fällen als die Reaction der Ge- ruchsnerven betrachtet werden, als der Widerſtand, den die Lebensthätigkeit der chemiſchen Action entgegenſetzt. Eine Menge von Metallen geben beim Reiben Geruch, aber keins von denen, die wir edle nennen, d. h. welche in Luft bei Gegenwart von Feuchtigkeit keine Veränderung erlei- den; Arſenik, Phosphor, Leinöl, Citronöl, Terpentinöl, Rauten- öl, Pfeffermünzöl, Moſchus ꝛc. riechen nur im Acte ihrer Ver- weſung. (Oxidation bei gewöhnlicher Temperatur.) So verhält es ſich denn mit allen gasförmigen Contagien; ſie ſind mehrentheils begleitet von Ammoniak, was man in vielen Fällen als den Vermittler der Gasform des Contagiums betrachten kann, ſo wie es der Vermittler iſt des Geruches von zahlloſen Subſtanzen, die an und für ſich nur wenig flüch- tig, von vielen, die geruchlos ſind. (Robiquet in den Ann. de chim. et de phys. XV. 27.) Das Ammoniak iſt der Begleiter der meiſten Krankheits- zuſtände; es fehlt nie bei denen, in welchen ſich Contagien er- zeugen; es iſt ein nie fehlendes Product aller im Zuſtande der Zerſetzung ſich befindenden thieriſchen Stoffe. In allen Kran- kenzimmern, vorzüglich bei anſteckenden Krankheiten, läßt ſich die Gegenwart des Ammoniaks nachweiſen; die durch Eis

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/356>, abgerufen am 23.11.2024.