Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Ursprung und die Assimilation des Stickstoffs.
wachsenden Pflanzen assimilirbarer Stickstoff dar, es ist das
Ammoniak, was sich im Taback, der Sonnenblume, dem Che-
nopodium,
dem Borago officinalis in Salpetersäure verwan-
delt, wenn sie auf völlig salpeterlosem Boden wachsen; salpe-
tersaure Salze sind in ihnen Bedingungen ihrer Existenz, sie
entwickeln nur dann die üppigste Vegetation, wenn ihnen Son-
nenlicht und Ammoniak im Ueberfluß dargeboten wird; Son-
nenlicht, was in ihren Blättern und Stengeln die Ausscheidung
von freiem Sauerstoff bewirkt, Ammoniak, durch dessen Ver-
bindung mit dem Sauerstoff unter allen Umständen Salpeter-
säure gebildet wird.

Der Urin des Menschen und der fleischfressenden Thiere
enthält die größte Menge Stickstoff; theils in der Form von
phosphorsauren Salzen, theils in der Form von Harnstoff;
der letztere verwandelt sich durch Fäulniß in doppelt kohlensau-
res Ammoniak, d. h. er nimmt die Form des Salzes an, was
wir im Regenwasser finden.

Der Urin des Menschen ist das kräftigste Düngmittel für
alle an Stickstoff reichen Vegetabilien, der Urin des Hornviehs,
der Schafe, des Pferdes ist minder reich an Stickstoff, aber
immer noch unendlich reicher als die Excremente dieser Thiere.

Der Urin der grasfressenden Thiere enthält neben Harnstoff
Hippursäure, die sich durch die Fäulniß in Ammoniak und
Benzoesäure zersetzt, wir finden das Ammoniak derselben als
Kleber, und die Benzoesäure in dem Anthoxanthum odoratum
als Benzoesäure wieder.

Vergleichen wir den Stickstoffgehalt der Excremente von
Thieren und Menschen mit einander, so verschwindet der Stick-
stoffgehalt der festen, wenn wir ihn mit dem Gehalt an Stick-
stoff in den flüssigen vergleichen, dieß kann der Natur der
Sache nach nicht anders sein.

Der Urſprung und die Aſſimilation des Stickſtoffs.
wachſenden Pflanzen aſſimilirbarer Stickſtoff dar, es iſt das
Ammoniak, was ſich im Taback, der Sonnenblume, dem Che-
nopodium,
dem Borago officinalis in Salpeterſäure verwan-
delt, wenn ſie auf völlig ſalpeterloſem Boden wachſen; ſalpe-
terſaure Salze ſind in ihnen Bedingungen ihrer Exiſtenz, ſie
entwickeln nur dann die üppigſte Vegetation, wenn ihnen Son-
nenlicht und Ammoniak im Ueberfluß dargeboten wird; Son-
nenlicht, was in ihren Blättern und Stengeln die Ausſcheidung
von freiem Sauerſtoff bewirkt, Ammoniak, durch deſſen Ver-
bindung mit dem Sauerſtoff unter allen Umſtänden Salpeter-
ſäure gebildet wird.

Der Urin des Menſchen und der fleiſchfreſſenden Thiere
enthält die größte Menge Stickſtoff; theils in der Form von
phosphorſauren Salzen, theils in der Form von Harnſtoff;
der letztere verwandelt ſich durch Fäulniß in doppelt kohlenſau-
res Ammoniak, d. h. er nimmt die Form des Salzes an, was
wir im Regenwaſſer finden.

Der Urin des Menſchen iſt das kräftigſte Düngmittel für
alle an Stickſtoff reichen Vegetabilien, der Urin des Hornviehs,
der Schafe, des Pferdes iſt minder reich an Stickſtoff, aber
immer noch unendlich reicher als die Excremente dieſer Thiere.

Der Urin der grasfreſſenden Thiere enthält neben Harnſtoff
Hippurſäure, die ſich durch die Fäulniß in Ammoniak und
Benzoeſäure zerſetzt, wir finden das Ammoniak derſelben als
Kleber, und die Benzoeſäure in dem Anthoxanthum odoratum
als Benzoeſäure wieder.

Vergleichen wir den Stickſtoffgehalt der Excremente von
Thieren und Menſchen mit einander, ſo verſchwindet der Stick-
ſtoffgehalt der feſten, wenn wir ihn mit dem Gehalt an Stick-
ſtoff in den flüſſigen vergleichen, dieß kann der Natur der
Sache nach nicht anders ſein.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0094" n="76"/><fw place="top" type="header">Der Ur&#x017F;prung und die A&#x017F;&#x017F;imilation des Stick&#x017F;toffs.</fw><lb/>
wach&#x017F;enden Pflanzen a&#x017F;&#x017F;imilirbarer Stick&#x017F;toff dar, es i&#x017F;t das<lb/>
Ammoniak, was &#x017F;ich im Taback, der Sonnenblume, dem <hi rendition="#aq">Che-<lb/>
nopodium,</hi> dem <hi rendition="#aq">Borago officinalis</hi> in Salpeter&#x017F;äure verwan-<lb/>
delt, wenn &#x017F;ie auf völlig &#x017F;alpeterlo&#x017F;em Boden wach&#x017F;en; &#x017F;alpe-<lb/>
ter&#x017F;aure Salze &#x017F;ind in ihnen Bedingungen ihrer Exi&#x017F;tenz, &#x017F;ie<lb/>
entwickeln nur dann die üppig&#x017F;te Vegetation, wenn ihnen Son-<lb/>
nenlicht und Ammoniak im Ueberfluß dargeboten wird; Son-<lb/>
nenlicht, was in ihren Blättern und Stengeln die Aus&#x017F;cheidung<lb/>
von freiem Sauer&#x017F;toff bewirkt, Ammoniak, durch de&#x017F;&#x017F;en Ver-<lb/>
bindung mit dem Sauer&#x017F;toff unter allen Um&#x017F;tänden Salpeter-<lb/>
&#x017F;äure gebildet wird.</p><lb/>
          <p>Der Urin des Men&#x017F;chen und der flei&#x017F;chfre&#x017F;&#x017F;enden Thiere<lb/>
enthält die größte Menge Stick&#x017F;toff; theils in der Form von<lb/>
phosphor&#x017F;auren Salzen, theils in der Form von Harn&#x017F;toff;<lb/>
der letztere verwandelt &#x017F;ich durch Fäulniß in doppelt kohlen&#x017F;au-<lb/>
res Ammoniak, d. h. er nimmt die Form des Salzes an, was<lb/>
wir im Regenwa&#x017F;&#x017F;er finden.</p><lb/>
          <p>Der Urin des Men&#x017F;chen i&#x017F;t das kräftig&#x017F;te Düngmittel für<lb/>
alle an Stick&#x017F;toff reichen Vegetabilien, der Urin des Hornviehs,<lb/>
der Schafe, des Pferdes i&#x017F;t minder reich an Stick&#x017F;toff, aber<lb/>
immer noch unendlich reicher als die Excremente die&#x017F;er Thiere.</p><lb/>
          <p>Der Urin der grasfre&#x017F;&#x017F;enden Thiere enthält neben Harn&#x017F;toff<lb/><hi rendition="#g">Hippur&#x017F;äure</hi>, die &#x017F;ich durch die Fäulniß in Ammoniak und<lb/>
Benzoe&#x017F;äure zer&#x017F;etzt, wir finden das Ammoniak der&#x017F;elben als<lb/>
Kleber, und die Benzoe&#x017F;äure in dem <hi rendition="#aq">Anthoxanthum odoratum</hi><lb/>
als Benzoe&#x017F;äure wieder.</p><lb/>
          <p>Vergleichen wir den Stick&#x017F;toffgehalt der Excremente von<lb/>
Thieren und Men&#x017F;chen mit einander, &#x017F;o ver&#x017F;chwindet der Stick-<lb/>
&#x017F;toffgehalt der fe&#x017F;ten, wenn wir ihn mit dem Gehalt an Stick-<lb/>
&#x017F;toff in den flü&#x017F;&#x017F;igen vergleichen, dieß kann der Natur der<lb/>
Sache nach nicht anders &#x017F;ein.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0094] Der Urſprung und die Aſſimilation des Stickſtoffs. wachſenden Pflanzen aſſimilirbarer Stickſtoff dar, es iſt das Ammoniak, was ſich im Taback, der Sonnenblume, dem Che- nopodium, dem Borago officinalis in Salpeterſäure verwan- delt, wenn ſie auf völlig ſalpeterloſem Boden wachſen; ſalpe- terſaure Salze ſind in ihnen Bedingungen ihrer Exiſtenz, ſie entwickeln nur dann die üppigſte Vegetation, wenn ihnen Son- nenlicht und Ammoniak im Ueberfluß dargeboten wird; Son- nenlicht, was in ihren Blättern und Stengeln die Ausſcheidung von freiem Sauerſtoff bewirkt, Ammoniak, durch deſſen Ver- bindung mit dem Sauerſtoff unter allen Umſtänden Salpeter- ſäure gebildet wird. Der Urin des Menſchen und der fleiſchfreſſenden Thiere enthält die größte Menge Stickſtoff; theils in der Form von phosphorſauren Salzen, theils in der Form von Harnſtoff; der letztere verwandelt ſich durch Fäulniß in doppelt kohlenſau- res Ammoniak, d. h. er nimmt die Form des Salzes an, was wir im Regenwaſſer finden. Der Urin des Menſchen iſt das kräftigſte Düngmittel für alle an Stickſtoff reichen Vegetabilien, der Urin des Hornviehs, der Schafe, des Pferdes iſt minder reich an Stickſtoff, aber immer noch unendlich reicher als die Excremente dieſer Thiere. Der Urin der grasfreſſenden Thiere enthält neben Harnſtoff Hippurſäure, die ſich durch die Fäulniß in Ammoniak und Benzoeſäure zerſetzt, wir finden das Ammoniak derſelben als Kleber, und die Benzoeſäure in dem Anthoxanthum odoratum als Benzoeſäure wieder. Vergleichen wir den Stickſtoffgehalt der Excremente von Thieren und Menſchen mit einander, ſo verſchwindet der Stick- ſtoffgehalt der feſten, wenn wir ihn mit dem Gehalt an Stick- ſtoff in den flüſſigen vergleichen, dieß kann der Natur der Sache nach nicht anders ſein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/94
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/94>, abgerufen am 24.11.2024.