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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

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Der chemische Proceß der

82. Wenn nun vorausgesetzt wird, daß gewisse Arzneimittel
zu Bestandtheilen von Secreten werden können, so kann dies
nur auf zweierlei Weise geschehen; entweder gelangen sie in
die Blutcirculation und nehmen an dem Stoffwechsel directen
Antheil, insofern ihre Elemente in die Zusammensetzung der
neuen Producte eintreten, oder sie werden den Secretions-
organen zugeführt, wo sie auf die Bildung oder auf die
Beschaffenheit des Secretes einen Einfluß durch Hinzutreten
ihrer Elemente äußern.

In beiden Fällen müssen sie in dem Organismus ihren
chemischen Character verlieren, und wir wissen mit genügen-
der Sicherheit, daß diese Classe von Arzneistoffen spurlos im
Körper verschwindet. Schreibt man ihnen in der That eine
Wirkung zu, so können sie durch den Magen ihre Eigen-
thümlichkeit nicht verlieren, sie können durch den Verdauungs-
proceß nicht zerstört worden sein; ihr Verschwinden setzt also
voraus, daß sie zu gewissen Zwecken verwendet worden sind,
was ohne Aenderung ihrer Zusammensetzung nicht denkbar ist.

83. So wenig man nun auch, bis auf die Galle, mit der
Zusammensetzung der übrigen Secrete bekannt sein mag, mit
Bestimmtheit weiß man, daß alle Secrete Stickstoff in che-
mischer Verbindung enthalten; sie gehen in stinkende Fäul-
niß über und liefern entweder in diesem Zersetzungsproceß
oder bei der trocknen Destillation ammoniakhaltige Producte;
selbst der Speichel, mit Kalihydrat zusammengebracht, ent-
wickelt reichlich Ammoniak.

84. Durch ihre Zusammensetzung theilen sich die Arznei-

Der chemiſche Proceß der

82. Wenn nun vorausgeſetzt wird, daß gewiſſe Arzneimittel
zu Beſtandtheilen von Secreten werden können, ſo kann dies
nur auf zweierlei Weiſe geſchehen; entweder gelangen ſie in
die Blutcirculation und nehmen an dem Stoffwechſel directen
Antheil, inſofern ihre Elemente in die Zuſammenſetzung der
neuen Producte eintreten, oder ſie werden den Secretions-
organen zugeführt, wo ſie auf die Bildung oder auf die
Beſchaffenheit des Secretes einen Einfluß durch Hinzutreten
ihrer Elemente äußern.

In beiden Fällen müſſen ſie in dem Organismus ihren
chemiſchen Character verlieren, und wir wiſſen mit genügen-
der Sicherheit, daß dieſe Claſſe von Arzneiſtoffen ſpurlos im
Körper verſchwindet. Schreibt man ihnen in der That eine
Wirkung zu, ſo können ſie durch den Magen ihre Eigen-
thümlichkeit nicht verlieren, ſie können durch den Verdauungs-
proceß nicht zerſtört worden ſein; ihr Verſchwinden ſetzt alſo
voraus, daß ſie zu gewiſſen Zwecken verwendet worden ſind,
was ohne Aenderung ihrer Zuſammenſetzung nicht denkbar iſt.

83. So wenig man nun auch, bis auf die Galle, mit der
Zuſammenſetzung der übrigen Secrete bekannt ſein mag, mit
Beſtimmtheit weiß man, daß alle Secrete Stickſtoff in che-
miſcher Verbindung enthalten; ſie gehen in ſtinkende Fäul-
niß über und liefern entweder in dieſem Zerſetzungsproceß
oder bei der trocknen Deſtillation ammoniakhaltige Producte;
ſelbſt der Speichel, mit Kalihydrat zuſammengebracht, ent-
wickelt reichlich Ammoniak.

84. Durch ihre Zuſammenſetzung theilen ſich die Arznei-

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[180/0204] Der chemiſche Proceß der 82. Wenn nun vorausgeſetzt wird, daß gewiſſe Arzneimittel zu Beſtandtheilen von Secreten werden können, ſo kann dies nur auf zweierlei Weiſe geſchehen; entweder gelangen ſie in die Blutcirculation und nehmen an dem Stoffwechſel directen Antheil, inſofern ihre Elemente in die Zuſammenſetzung der neuen Producte eintreten, oder ſie werden den Secretions- organen zugeführt, wo ſie auf die Bildung oder auf die Beſchaffenheit des Secretes einen Einfluß durch Hinzutreten ihrer Elemente äußern. In beiden Fällen müſſen ſie in dem Organismus ihren chemiſchen Character verlieren, und wir wiſſen mit genügen- der Sicherheit, daß dieſe Claſſe von Arzneiſtoffen ſpurlos im Körper verſchwindet. Schreibt man ihnen in der That eine Wirkung zu, ſo können ſie durch den Magen ihre Eigen- thümlichkeit nicht verlieren, ſie können durch den Verdauungs- proceß nicht zerſtört worden ſein; ihr Verſchwinden ſetzt alſo voraus, daß ſie zu gewiſſen Zwecken verwendet worden ſind, was ohne Aenderung ihrer Zuſammenſetzung nicht denkbar iſt. 83. So wenig man nun auch, bis auf die Galle, mit der Zuſammenſetzung der übrigen Secrete bekannt ſein mag, mit Beſtimmtheit weiß man, daß alle Secrete Stickſtoff in che- miſcher Verbindung enthalten; ſie gehen in ſtinkende Fäul- niß über und liefern entweder in dieſem Zerſetzungsproceß oder bei der trocknen Deſtillation ammoniakhaltige Producte; ſelbſt der Speichel, mit Kalihydrat zuſammengebracht, ent- wickelt reichlich Ammoniak. 84. Durch ihre Zuſammenſetzung theilen ſich die Arznei-

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/204>, abgerufen am 21.11.2024.