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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

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Der chemische Proceß der
gang durch die Capillargefäße wieder ab. Dieser Sauerstoff-
strom begegnet auf diesem Wege den durch die Umsetzung
der Gebilde entstandenen Verbindungen, er verbindet sich mit
ihrem Kohlenstoff zu Kohlensäure, mit ihrem Wasserstoff zu
Wasser, und alles, was diesen Oxydationsproceß nicht erlitten
hat, kehrt in der Form von Galle wieder in den Körper
zurück, wo sie nach und nach völlig verschwindet.

Bei den Fleischfressern enthält die Galle den Kohlenstoff
der umgesetzten Gebilde, dieser Kohlenstoff verschwindet in
dem thierischen Körper, die Galle verschwindet in dem Le-
bensproceß, ihr Kohlenstoff tritt als Kohlensäure, ihr Was-
serstoff als Wasser durch Haut und Lunge aus; es ist
klar, die Bestandtheile der Galle dienen zur Respiration und
zur Hervorbringung der animalischen Wärme. Alle Theile
der Nahrung der Fleischfresser sind fähig in Blut überzu-
gehen, ihre Excremente enthalten nur anorganische Substanz
(Knochenerde etc.), und was wir an organischen Stoffen diesen
beigemischt finden, sind lediglich Excretionen, welche den
Durchgang durch die Eingeweide vermitteln. Bei den fleisch-
fressenden Thieren enthalten die Excremente keine Galle, kein
Natron; keine Spur einer der Galle ähnlichen Substanz
wird von Wasser daraus aufgenommen, die Galle ist aber
in allen Verhältnissen darin löslich und damit mischbar.

Ueber den Ursprung der Bestandtheile des Harns und der
Galle können die Physiologen nicht im Zweifel sein; wenn
der Magen bei Enthaltung aller Speise sich darmartig zu-
sammenzieht, kann sich aus der Gallenblase, da sie keine Be-

Der chemiſche Proceß der
gang durch die Capillargefäße wieder ab. Dieſer Sauerſtoff-
ſtrom begegnet auf dieſem Wege den durch die Umſetzung
der Gebilde entſtandenen Verbindungen, er verbindet ſich mit
ihrem Kohlenſtoff zu Kohlenſäure, mit ihrem Waſſerſtoff zu
Waſſer, und alles, was dieſen Oxydationsproceß nicht erlitten
hat, kehrt in der Form von Galle wieder in den Körper
zurück, wo ſie nach und nach völlig verſchwindet.

Bei den Fleiſchfreſſern enthält die Galle den Kohlenſtoff
der umgeſetzten Gebilde, dieſer Kohlenſtoff verſchwindet in
dem thieriſchen Körper, die Galle verſchwindet in dem Le-
bensproceß, ihr Kohlenſtoff tritt als Kohlenſäure, ihr Waſ-
ſerſtoff als Waſſer durch Haut und Lunge aus; es iſt
klar, die Beſtandtheile der Galle dienen zur Reſpiration und
zur Hervorbringung der animaliſchen Wärme. Alle Theile
der Nahrung der Fleiſchfreſſer ſind fähig in Blut überzu-
gehen, ihre Excremente enthalten nur anorganiſche Subſtanz
(Knochenerde ꝛc.), und was wir an organiſchen Stoffen dieſen
beigemiſcht finden, ſind lediglich Excretionen, welche den
Durchgang durch die Eingeweide vermitteln. Bei den fleiſch-
freſſenden Thieren enthalten die Excremente keine Galle, kein
Natron; keine Spur einer der Galle ähnlichen Subſtanz
wird von Waſſer daraus aufgenommen, die Galle iſt aber
in allen Verhältniſſen darin löslich und damit miſchbar.

Ueber den Urſprung der Beſtandtheile des Harns und der
Galle können die Phyſiologen nicht im Zweifel ſein; wenn
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ſammenzieht, kann ſich aus der Gallenblaſe, da ſie keine Be-

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[62/0086] Der chemiſche Proceß der gang durch die Capillargefäße wieder ab. Dieſer Sauerſtoff- ſtrom begegnet auf dieſem Wege den durch die Umſetzung der Gebilde entſtandenen Verbindungen, er verbindet ſich mit ihrem Kohlenſtoff zu Kohlenſäure, mit ihrem Waſſerſtoff zu Waſſer, und alles, was dieſen Oxydationsproceß nicht erlitten hat, kehrt in der Form von Galle wieder in den Körper zurück, wo ſie nach und nach völlig verſchwindet. Bei den Fleiſchfreſſern enthält die Galle den Kohlenſtoff der umgeſetzten Gebilde, dieſer Kohlenſtoff verſchwindet in dem thieriſchen Körper, die Galle verſchwindet in dem Le- bensproceß, ihr Kohlenſtoff tritt als Kohlenſäure, ihr Waſ- ſerſtoff als Waſſer durch Haut und Lunge aus; es iſt klar, die Beſtandtheile der Galle dienen zur Reſpiration und zur Hervorbringung der animaliſchen Wärme. Alle Theile der Nahrung der Fleiſchfreſſer ſind fähig in Blut überzu- gehen, ihre Excremente enthalten nur anorganiſche Subſtanz (Knochenerde ꝛc.), und was wir an organiſchen Stoffen dieſen beigemiſcht finden, ſind lediglich Excretionen, welche den Durchgang durch die Eingeweide vermitteln. Bei den fleiſch- freſſenden Thieren enthalten die Excremente keine Galle, kein Natron; keine Spur einer der Galle ähnlichen Subſtanz wird von Waſſer daraus aufgenommen, die Galle iſt aber in allen Verhältniſſen darin löslich und damit miſchbar. Ueber den Urſprung der Beſtandtheile des Harns und der Galle können die Phyſiologen nicht im Zweifel ſein; wenn der Magen bei Enthaltung aller Speiſe ſich darmartig zu- ſammenzieht, kann ſich aus der Gallenblaſe, da ſie keine Be-

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/86>, abgerufen am 30.04.2024.