Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.Respiration und Ernährung. wegung empfängt, keine Galle ergießen; in dem Körper derVerhungerten finden wir die Gallenblase straff und voll. Wir beobachten Galle- und Harnsekretion bei den Winterschläfern, wir wissen, daß der Harn der Thiere (Hunde), die während 18 bis 20 Tagen keine andere Nahrung als reinen Zucker bekamen, ebensoviel an dem stickstoffreichsten Produkt des Thierkörpers, ebensoviel Harnstoff enthielt, als im gesunden Zustande (Marchand, Erdm. J. XIV. p. 495.). Unter- schiede in der Menge des secernirten Harnstoffs erklären sich in diesen und ähnlichen Versuchen durch den Mangel oder die Gestattung der natürlichen Bewegungen. Eine jede Be- wegung steigert den Umsatz der Gebilde, nach einem jeden Spaziergang vermehrt sich beim Menschen die Harnsekretion. Der Harn der Säugethiere, Vögel, der Amphibien ent- Ebensowenig zweifelhaft kann man über die Rolle sein, Reſpiration und Ernährung. wegung empfängt, keine Galle ergießen; in dem Körper derVerhungerten finden wir die Gallenblaſe ſtraff und voll. Wir beobachten Galle- und Harnſekretion bei den Winterſchläfern, wir wiſſen, daß der Harn der Thiere (Hunde), die während 18 bis 20 Tagen keine andere Nahrung als reinen Zucker bekamen, ebenſoviel an dem ſtickſtoffreichſten Produkt des Thierkörpers, ebenſoviel Harnſtoff enthielt, als im geſunden Zuſtande (Marchand, Erdm. J. XIV. p. 495.). Unter- ſchiede in der Menge des ſecernirten Harnſtoffs erklären ſich in dieſen und ähnlichen Verſuchen durch den Mangel oder die Geſtattung der natürlichen Bewegungen. Eine jede Be- wegung ſteigert den Umſatz der Gebilde, nach einem jeden Spaziergang vermehrt ſich beim Menſchen die Harnſekretion. Der Harn der Säugethiere, Vögel, der Amphibien ent- Ebenſowenig zweifelhaft kann man über die Rolle ſein, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0087" n="63"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Reſpiration und Ernährung</hi>.</fw><lb/> wegung empfängt, keine Galle ergießen; in dem Körper der<lb/> Verhungerten finden wir die Gallenblaſe ſtraff und voll. Wir<lb/> beobachten Galle- und Harnſekretion bei den Winterſchläfern,<lb/> wir wiſſen, daß der Harn der Thiere (Hunde), die während<lb/> 18 bis 20 Tagen keine andere Nahrung als reinen Zucker<lb/> bekamen, ebenſoviel an dem ſtickſtoffreichſten Produkt des<lb/> Thierkörpers, ebenſoviel Harnſtoff enthielt, als im geſunden<lb/> Zuſtande (<hi rendition="#g">Marchand, Erdm</hi>. J. <hi rendition="#aq">XIV. p.</hi> 495.). Unter-<lb/> ſchiede in der Menge des ſecernirten Harnſtoffs erklären ſich<lb/> in dieſen und ähnlichen Verſuchen durch den Mangel oder<lb/> die Geſtattung der natürlichen Bewegungen. Eine jede Be-<lb/> wegung ſteigert den Umſatz der Gebilde, nach einem jeden<lb/> Spaziergang vermehrt ſich beim Menſchen die Harnſekretion.</p><lb/> <p>Der Harn der Säugethiere, Vögel, der Amphibien ent-<lb/> hält Harnſäure oder Harnſtoff, der Koth der Weichthiere,<lb/> der Inſecten, der Canthariden, des Seidenwurm-Schmetter-<lb/> lings enthält harnſaures Ammoniak; die Beſtändigkeit des<lb/> Vorkommens einer oder zweier Stickſtoff-Verbindungen in<lb/> den Ausleerungen der Thiere, bei einer ſo großen Verſchie-<lb/> denheit in der genoſſenen Nahrung, zeigt mit Beſtimmtheit<lb/> an, daß ſie aus einer und derſelben Quelle entſpringen.</p><lb/> <p>Ebenſowenig zweifelhaft kann man über die Rolle ſein,<lb/> welche die Galle in dem Lebensproceß übernimmt. Wenn<lb/> man ſich erinnert, daß eſſigſaures Kali, in der Form eines<lb/> Klyſtiers oder als Fußbad genommen, den Harn im hohen<lb/> Grade alkaliſch macht (<hi rendition="#g">Rehberger</hi> in <hi rendition="#g">Tiedemann’s</hi> Zeit-<lb/> ſchrift für Phyſiologie <hi rendition="#aq">II.</hi> 149.), daß die Umwandlung, welche<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [63/0087]
Reſpiration und Ernährung.
wegung empfängt, keine Galle ergießen; in dem Körper der
Verhungerten finden wir die Gallenblaſe ſtraff und voll. Wir
beobachten Galle- und Harnſekretion bei den Winterſchläfern,
wir wiſſen, daß der Harn der Thiere (Hunde), die während
18 bis 20 Tagen keine andere Nahrung als reinen Zucker
bekamen, ebenſoviel an dem ſtickſtoffreichſten Produkt des
Thierkörpers, ebenſoviel Harnſtoff enthielt, als im geſunden
Zuſtande (Marchand, Erdm. J. XIV. p. 495.). Unter-
ſchiede in der Menge des ſecernirten Harnſtoffs erklären ſich
in dieſen und ähnlichen Verſuchen durch den Mangel oder
die Geſtattung der natürlichen Bewegungen. Eine jede Be-
wegung ſteigert den Umſatz der Gebilde, nach einem jeden
Spaziergang vermehrt ſich beim Menſchen die Harnſekretion.
Der Harn der Säugethiere, Vögel, der Amphibien ent-
hält Harnſäure oder Harnſtoff, der Koth der Weichthiere,
der Inſecten, der Canthariden, des Seidenwurm-Schmetter-
lings enthält harnſaures Ammoniak; die Beſtändigkeit des
Vorkommens einer oder zweier Stickſtoff-Verbindungen in
den Ausleerungen der Thiere, bei einer ſo großen Verſchie-
denheit in der genoſſenen Nahrung, zeigt mit Beſtimmtheit
an, daß ſie aus einer und derſelben Quelle entſpringen.
Ebenſowenig zweifelhaft kann man über die Rolle ſein,
welche die Galle in dem Lebensproceß übernimmt. Wenn
man ſich erinnert, daß eſſigſaures Kali, in der Form eines
Klyſtiers oder als Fußbad genommen, den Harn im hohen
Grade alkaliſch macht (Rehberger in Tiedemann’s Zeit-
ſchrift für Phyſiologie II. 149.), daß die Umwandlung, welche
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