Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Hier schläft ein Garten in Mitternachtruh', Dort dämmert im Mondschein der Busch. Und Felder und Wälder verschwinden im Nu, Wir fliegen vorüber im Husch. Und sieh', in der Ebne stäubt Funkengeschwärm, Schon murmelt herüber verworrener Lärm. Es gilt! Die Sporen dem Pferde, Der Bauchgurt berührt fast die Erde. Herunter vom Gaule, wir sind am Ort, Und stehen in Rauch und Qualm. Das Feuer frißt gierig: das Kraut ist verdorrt, Vom Sommer vertrocknet der Halm. Doch mitt' in der dampfenden Pußta, o Graus, Steht hell in Flammen ein einzelnes Haus. Und aus dem sengelnden Schilfe Ruft's markerschütternd um Hilfe. Sechshundert Mann gruben den Graben breit Und geboten dem Feuer Haltein, Sechshundert Mann sind zum Retten bereit Und schauen verzweiflungsvoll drein: Unmöglich ist es, zum brennenden Haus Sich durchzukämpfen, vergeblicher Strauß, Denn kaum sind im Torfe die Sohlen, So rösten sie schon wie Kohlen. Das Schreien wird schwächer, dann hat es ein End', Die Kathe ist abgebrannt. In der Heide züngelt es, zischelt und brennt, Doch nur bis zum Grabenrand. Im Osten zeigt sich ein purpurner Streif, Auf Aehren und Blumen und Gras fällt der Reif. Und ruhig im alten Bogen Kommt die Sonne heraufgezogen. Hier ſchläft ein Garten in Mitternachtruh’, Dort dämmert im Mondſchein der Buſch. Und Felder und Wälder verſchwinden im Nu, Wir fliegen vorüber im Huſch. Und ſieh’, in der Ebne ſtäubt Funkengeſchwärm, Schon murmelt herüber verworrener Lärm. Es gilt! Die Sporen dem Pferde, Der Bauchgurt berührt faſt die Erde. Herunter vom Gaule, wir ſind am Ort, Und ſtehen in Rauch und Qualm. Das Feuer frißt gierig: das Kraut iſt verdorrt, Vom Sommer vertrocknet der Halm. Doch mitt’ in der dampfenden Pußta, o Graus, Steht hell in Flammen ein einzelnes Haus. Und aus dem ſengelnden Schilfe Ruft’s markerſchütternd um Hilfe. Sechshundert Mann gruben den Graben breit Und geboten dem Feuer Haltein, Sechshundert Mann ſind zum Retten bereit Und ſchauen verzweiflungsvoll drein: Unmöglich iſt es, zum brennenden Haus Sich durchzukämpfen, vergeblicher Strauß, Denn kaum ſind im Torfe die Sohlen, So röſten ſie ſchon wie Kohlen. Das Schreien wird ſchwächer, dann hat es ein End’, Die Kathe iſt abgebrannt. In der Heide züngelt es, ziſchelt und brennt, Doch nur bis zum Grabenrand. Im Oſten zeigt ſich ein purpurner Streif, Auf Aehren und Blumen und Gras fällt der Reif. Und ruhig im alten Bogen Kommt die Sonne heraufgezogen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0108" n="100"/> <lg n="2"> <l>Hier ſchläft ein Garten in Mitternachtruh’,</l><lb/> <l>Dort dämmert im Mondſchein der Buſch.</l><lb/> <l>Und Felder und Wälder verſchwinden im Nu,</l><lb/> <l>Wir fliegen vorüber im Huſch.</l><lb/> <l>Und ſieh’, in der Ebne ſtäubt Funkengeſchwärm,</l><lb/> <l>Schon murmelt herüber verworrener Lärm.</l><lb/> <l>Es gilt! Die Sporen dem Pferde,</l><lb/> <l>Der Bauchgurt berührt faſt die Erde.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Herunter vom Gaule, wir ſind am Ort,</l><lb/> <l>Und ſtehen in Rauch und Qualm.</l><lb/> <l>Das Feuer frißt gierig: das Kraut iſt verdorrt,</l><lb/> <l>Vom Sommer vertrocknet der Halm.</l><lb/> <l>Doch mitt’ in der dampfenden Pußta, o Graus,</l><lb/> <l>Steht hell in Flammen ein einzelnes Haus.</l><lb/> <l>Und aus dem ſengelnden Schilfe</l><lb/> <l>Ruft’s markerſchütternd um Hilfe.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Sechshundert Mann gruben den Graben breit</l><lb/> <l>Und geboten dem Feuer Haltein,</l><lb/> <l>Sechshundert Mann ſind zum Retten bereit</l><lb/> <l>Und ſchauen verzweiflungsvoll drein:</l><lb/> <l>Unmöglich iſt es, zum brennenden Haus</l><lb/> <l>Sich durchzukämpfen, vergeblicher Strauß,</l><lb/> <l>Denn kaum ſind im Torfe die Sohlen,</l><lb/> <l>So röſten ſie ſchon wie Kohlen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Das Schreien wird ſchwächer, dann hat es ein End’,</l><lb/> <l>Die Kathe iſt abgebrannt.</l><lb/> <l>In der Heide züngelt es, ziſchelt und brennt,</l><lb/> <l>Doch nur bis zum Grabenrand.</l><lb/> <l>Im Oſten zeigt ſich ein purpurner Streif,</l><lb/> <l>Auf Aehren und Blumen und Gras fällt der Reif.</l><lb/> <l>Und ruhig im alten Bogen</l><lb/> <l>Kommt die Sonne heraufgezogen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [100/0108]
Hier ſchläft ein Garten in Mitternachtruh’,
Dort dämmert im Mondſchein der Buſch.
Und Felder und Wälder verſchwinden im Nu,
Wir fliegen vorüber im Huſch.
Und ſieh’, in der Ebne ſtäubt Funkengeſchwärm,
Schon murmelt herüber verworrener Lärm.
Es gilt! Die Sporen dem Pferde,
Der Bauchgurt berührt faſt die Erde.
Herunter vom Gaule, wir ſind am Ort,
Und ſtehen in Rauch und Qualm.
Das Feuer frißt gierig: das Kraut iſt verdorrt,
Vom Sommer vertrocknet der Halm.
Doch mitt’ in der dampfenden Pußta, o Graus,
Steht hell in Flammen ein einzelnes Haus.
Und aus dem ſengelnden Schilfe
Ruft’s markerſchütternd um Hilfe.
Sechshundert Mann gruben den Graben breit
Und geboten dem Feuer Haltein,
Sechshundert Mann ſind zum Retten bereit
Und ſchauen verzweiflungsvoll drein:
Unmöglich iſt es, zum brennenden Haus
Sich durchzukämpfen, vergeblicher Strauß,
Denn kaum ſind im Torfe die Sohlen,
So röſten ſie ſchon wie Kohlen.
Das Schreien wird ſchwächer, dann hat es ein End’,
Die Kathe iſt abgebrannt.
In der Heide züngelt es, ziſchelt und brennt,
Doch nur bis zum Grabenrand.
Im Oſten zeigt ſich ein purpurner Streif,
Auf Aehren und Blumen und Gras fällt der Reif.
Und ruhig im alten Bogen
Kommt die Sonne heraufgezogen.
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