Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Und nun heran! Wer hat es gethan, Wer weiß wie das Feuer enstand. Wer hat es entzündet mit flackerndem Span? -- Doch Niemand die Spuren fand. Kein Junge hütete Kuh und Schaf, Die Heide lag gestern im Sonntagsschlaf. Und wie noch die Frage besprochen, Da kommt was den Sandweg gekrochen. Es humpelt heran ein kümmerlich Weib, Sie stützt sich schwer auf den Stock. Viel Jahre drücken den alten Leib, Von Erde beschmutzt ist der Rock. Das ist Wiebke Peters, und Wieb ist gefeit, Der gehörte die Kathe, so ruft es und schreit. Mit Jubel umringt sie die Menge, Doch Wieb steuert aus dem Gedränge. Und stellt sich gerade vor mir auf, Und blinzelt hin übers Moor. Und alle die Leute stehn zu Hauf, Ein gestikulirender Chor. So steht sie lange, ich lass' sie in Ruh, Zuweilen schließt sie die Augen zu. Ich kanns vom Gesicht ihr schon lesen: "Herr Hardesvogt, ich bins gewesen." "Wiebke Peters, erzähle, was weißt Du vom Brand, Wie kam das Feuer so schnell? Die Thränen fallen ihr auf die Hand, Ihr Schluchzen klingt wie Gebell. Dann wieder lacht sie vor sich hin, Und ganz verwirrt scheint plötzlich ihr Sinn. Und, wie nach genossener Rache, Läßt sie höhnisch aus sich zur Sache. Und nun heran! Wer hat es gethan, Wer weiß wie das Feuer enſtand. Wer hat es entzündet mit flackerndem Span? — Doch Niemand die Spuren fand. Kein Junge hütete Kuh und Schaf, Die Heide lag geſtern im Sonntagsſchlaf. Und wie noch die Frage beſprochen, Da kommt was den Sandweg gekrochen. Es humpelt heran ein kümmerlich Weib, Sie ſtützt ſich ſchwer auf den Stock. Viel Jahre drücken den alten Leib, Von Erde beſchmutzt iſt der Rock. Das iſt Wiebke Peters, und Wieb iſt gefeit, Der gehörte die Kathe, ſo ruft es und ſchreit. Mit Jubel umringt ſie die Menge, Doch Wieb ſteuert aus dem Gedränge. Und ſtellt ſich gerade vor mir auf, Und blinzelt hin übers Moor. Und alle die Leute ſtehn zu Hauf, Ein geſtikulirender Chor. So ſteht ſie lange, ich laſſ’ ſie in Ruh, Zuweilen ſchließt ſie die Augen zu. Ich kanns vom Geſicht ihr ſchon leſen: „Herr Hardesvogt, ich bins geweſen.“ „Wiebke Peters, erzähle, was weißt Du vom Brand, Wie kam das Feuer ſo ſchnell? Die Thränen fallen ihr auf die Hand, Ihr Schluchzen klingt wie Gebell. Dann wieder lacht ſie vor ſich hin, Und ganz verwirrt ſcheint plötzlich ihr Sinn. Und, wie nach genoſſener Rache, Läßt ſie höhniſch aus ſich zur Sache. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0109" n="101"/> <lg n="6"> <l>Und nun heran! Wer hat es gethan,</l><lb/> <l>Wer weiß wie das Feuer enſtand.</l><lb/> <l>Wer hat es entzündet mit flackerndem Span? —</l><lb/> <l>Doch Niemand die Spuren fand.</l><lb/> <l>Kein Junge hütete Kuh und Schaf,</l><lb/> <l>Die Heide lag geſtern im Sonntagsſchlaf.</l><lb/> <l>Und wie noch die Frage beſprochen,</l><lb/> <l>Da kommt was den Sandweg gekrochen.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Es humpelt heran ein kümmerlich Weib,</l><lb/> <l>Sie ſtützt ſich ſchwer auf den Stock.</l><lb/> <l>Viel Jahre drücken den alten Leib,</l><lb/> <l>Von Erde beſchmutzt iſt der Rock.</l><lb/> <l>Das iſt Wiebke Peters, und Wieb iſt gefeit,</l><lb/> <l>Der gehörte die Kathe, ſo ruft es und ſchreit.</l><lb/> <l>Mit Jubel umringt ſie die Menge,</l><lb/> <l>Doch Wieb ſteuert aus dem Gedränge.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Und ſtellt ſich gerade vor mir auf,</l><lb/> <l>Und blinzelt hin übers Moor.</l><lb/> <l>Und alle die Leute ſtehn zu Hauf,</l><lb/> <l>Ein geſtikulirender Chor.</l><lb/> <l>So ſteht ſie lange, ich laſſ’ ſie in Ruh,</l><lb/> <l>Zuweilen ſchließt ſie die Augen zu.</l><lb/> <l>Ich kanns vom Geſicht ihr ſchon leſen:</l><lb/> <l>„Herr Hardesvogt, ich bins geweſen.“</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>„Wiebke Peters, erzähle, was weißt Du vom Brand,</l><lb/> <l>Wie kam das Feuer ſo ſchnell?</l><lb/> <l>Die Thränen fallen ihr auf die Hand,</l><lb/> <l>Ihr Schluchzen klingt wie Gebell.</l><lb/> <l>Dann wieder lacht ſie vor ſich hin,</l><lb/> <l>Und ganz verwirrt ſcheint plötzlich ihr Sinn.</l><lb/> <l>Und, wie nach genoſſener Rache,</l><lb/> <l>Läßt ſie höhniſch aus ſich zur Sache.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [101/0109]
Und nun heran! Wer hat es gethan,
Wer weiß wie das Feuer enſtand.
Wer hat es entzündet mit flackerndem Span? —
Doch Niemand die Spuren fand.
Kein Junge hütete Kuh und Schaf,
Die Heide lag geſtern im Sonntagsſchlaf.
Und wie noch die Frage beſprochen,
Da kommt was den Sandweg gekrochen.
Es humpelt heran ein kümmerlich Weib,
Sie ſtützt ſich ſchwer auf den Stock.
Viel Jahre drücken den alten Leib,
Von Erde beſchmutzt iſt der Rock.
Das iſt Wiebke Peters, und Wieb iſt gefeit,
Der gehörte die Kathe, ſo ruft es und ſchreit.
Mit Jubel umringt ſie die Menge,
Doch Wieb ſteuert aus dem Gedränge.
Und ſtellt ſich gerade vor mir auf,
Und blinzelt hin übers Moor.
Und alle die Leute ſtehn zu Hauf,
Ein geſtikulirender Chor.
So ſteht ſie lange, ich laſſ’ ſie in Ruh,
Zuweilen ſchließt ſie die Augen zu.
Ich kanns vom Geſicht ihr ſchon leſen:
„Herr Hardesvogt, ich bins geweſen.“
„Wiebke Peters, erzähle, was weißt Du vom Brand,
Wie kam das Feuer ſo ſchnell?
Die Thränen fallen ihr auf die Hand,
Ihr Schluchzen klingt wie Gebell.
Dann wieder lacht ſie vor ſich hin,
Und ganz verwirrt ſcheint plötzlich ihr Sinn.
Und, wie nach genoſſener Rache,
Läßt ſie höhniſch aus ſich zur Sache.
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