Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Natürlich fehlte auch nicht die Soubrette, Sie war ein junges allerliebstes Ding. Tagüber lag sie freilich gern im Bette, Wenn ihr das Leben nicht nach Laune ging. Zuweilen sangen wir bei mir Duette, Es war für Schumann ihr Talent gering. Doch sang sie aus dem Troubadour und Carmen, War sie zum Küssen niedlich und Umarmen. Nun sitzen beide wieder wir alleine, Sei, Moiken, artig, so, gieb mir die Hand. Auf dieser Insel bin ich ganz der deine, Wo uns so manche schöne Stunde schwand. Und bin auch einst ich ferne, liebe Kleine, Ich denke oft zurück an unsern Strand. Hör', wie der Sturm die alte Werft umbraust, Und wie die riesigen Eschen er zerzaust. Hier fand ich Ruhe, die nicht ich gefunden Im Treiben der Gesellschaft, in den Schenken. Hier fand ich Ruhe, um in vielen Stunden In unsre Dichter ganz mich zu versenken, Von alten Wunden endlich zu gesunden, Vergangnes Leben ernst zu überdenken. Viel Glaube stirbt, manch Vorurteil zerschellt In tiefer Einsamkeit, weitab der Welt. Bin ich entfesselt der Verbannungsbande, Leuchtet zurück vom Heimatufer mir Die Fackel, hoch auf rotem Felsenrande, Ich will ins Meer mich stürzen voller Gier Und schwimmen, bis ich bin im Vaterlande, Wo mich umrauscht das alte Reichspanier. Heiß küssen will ich, heiß, den heiligen Boden, Zum Orkus trümmern meine Traueroden. Natürlich fehlte auch nicht die Soubrette, Sie war ein junges allerliebſtes Ding. Tagüber lag ſie freilich gern im Bette, Wenn ihr das Leben nicht nach Laune ging. Zuweilen ſangen wir bei mir Duette, Es war für Schumann ihr Talent gering. Doch ſang ſie aus dem Troubadour und Carmen, War ſie zum Küſſen niedlich und Umarmen. Nun ſitzen beide wieder wir alleine, Sei, Moiken, artig, ſo, gieb mir die Hand. Auf dieſer Inſel bin ich ganz der deine, Wo uns ſo manche ſchöne Stunde ſchwand. Und bin auch einſt ich ferne, liebe Kleine, Ich denke oft zurück an unſern Strand. Hör’, wie der Sturm die alte Werft umbrauſt, Und wie die rieſigen Eſchen er zerzauſt. Hier fand ich Ruhe, die nicht ich gefunden Im Treiben der Geſellſchaft, in den Schenken. Hier fand ich Ruhe, um in vielen Stunden In unſre Dichter ganz mich zu verſenken, Von alten Wunden endlich zu geſunden, Vergangnes Leben ernſt zu überdenken. Viel Glaube ſtirbt, manch Vorurteil zerſchellt In tiefer Einſamkeit, weitab der Welt. Bin ich entfeſſelt der Verbannungsbande, Leuchtet zurück vom Heimatufer mir Die Fackel, hoch auf rotem Felſenrande, Ich will ins Meer mich ſtürzen voller Gier Und ſchwimmen, bis ich bin im Vaterlande, Wo mich umrauſcht das alte Reichspanier. Heiß küſſen will ich, heiß, den heiligen Boden, Zum Orkus trümmern meine Traueroden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0132" n="124"/> <lg n="28"> <l>Natürlich fehlte auch nicht die Soubrette,</l><lb/> <l>Sie war ein junges allerliebſtes Ding.</l><lb/> <l>Tagüber lag ſie freilich gern im Bette,</l><lb/> <l>Wenn ihr das Leben nicht nach Laune ging.</l><lb/> <l>Zuweilen ſangen wir bei mir Duette,</l><lb/> <l>Es war für Schumann ihr Talent gering.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Doch ſang ſie aus dem Troubadour und Carmen,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">War ſie zum Küſſen niedlich und Umarmen.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="29"> <l>Nun ſitzen beide wieder wir alleine,</l><lb/> <l>Sei, Moiken, artig, ſo, gieb mir die Hand.</l><lb/> <l>Auf dieſer Inſel bin ich ganz der deine,</l><lb/> <l>Wo uns ſo manche ſchöne Stunde ſchwand.</l><lb/> <l>Und bin auch einſt ich ferne, liebe Kleine,</l><lb/> <l>Ich denke oft zurück an unſern Strand.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Hör’, wie der Sturm die alte Werft umbrauſt,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Und wie die rieſigen Eſchen er zerzauſt.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="30"> <l>Hier fand ich Ruhe, die nicht ich gefunden</l><lb/> <l>Im Treiben der Geſellſchaft, in den Schenken.</l><lb/> <l>Hier fand ich Ruhe, um in vielen Stunden</l><lb/> <l>In unſre Dichter ganz mich zu verſenken,</l><lb/> <l>Von alten Wunden endlich zu geſunden,</l><lb/> <l>Vergangnes Leben ernſt zu überdenken.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Viel Glaube ſtirbt, manch Vorurteil zerſchellt</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">In tiefer Einſamkeit, weitab der Welt.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="31"> <l>Bin ich entfeſſelt der Verbannungsbande,</l><lb/> <l>Leuchtet zurück vom Heimatufer mir</l><lb/> <l>Die Fackel, hoch auf rotem Felſenrande,</l><lb/> <l>Ich will ins Meer mich ſtürzen voller Gier</l><lb/> <l>Und ſchwimmen, bis ich bin im Vaterlande,</l><lb/> <l>Wo mich umrauſcht das alte Reichspanier.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Heiß küſſen will ich, heiß, den heiligen Boden,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Zum Orkus trümmern meine Traueroden.</hi> </l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [124/0132]
Natürlich fehlte auch nicht die Soubrette,
Sie war ein junges allerliebſtes Ding.
Tagüber lag ſie freilich gern im Bette,
Wenn ihr das Leben nicht nach Laune ging.
Zuweilen ſangen wir bei mir Duette,
Es war für Schumann ihr Talent gering.
Doch ſang ſie aus dem Troubadour und Carmen,
War ſie zum Küſſen niedlich und Umarmen.
Nun ſitzen beide wieder wir alleine,
Sei, Moiken, artig, ſo, gieb mir die Hand.
Auf dieſer Inſel bin ich ganz der deine,
Wo uns ſo manche ſchöne Stunde ſchwand.
Und bin auch einſt ich ferne, liebe Kleine,
Ich denke oft zurück an unſern Strand.
Hör’, wie der Sturm die alte Werft umbrauſt,
Und wie die rieſigen Eſchen er zerzauſt.
Hier fand ich Ruhe, die nicht ich gefunden
Im Treiben der Geſellſchaft, in den Schenken.
Hier fand ich Ruhe, um in vielen Stunden
In unſre Dichter ganz mich zu verſenken,
Von alten Wunden endlich zu geſunden,
Vergangnes Leben ernſt zu überdenken.
Viel Glaube ſtirbt, manch Vorurteil zerſchellt
In tiefer Einſamkeit, weitab der Welt.
Bin ich entfeſſelt der Verbannungsbande,
Leuchtet zurück vom Heimatufer mir
Die Fackel, hoch auf rotem Felſenrande,
Ich will ins Meer mich ſtürzen voller Gier
Und ſchwimmen, bis ich bin im Vaterlande,
Wo mich umrauſcht das alte Reichspanier.
Heiß küſſen will ich, heiß, den heiligen Boden,
Zum Orkus trümmern meine Traueroden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |