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Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].

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"Auf grüner Heid' gefallen schön,
Unsterblichen Ruhm thut er haben!"

hörte sie noch einmal deutlich.

Die Stirn tief gebeugt, die Augen geschlossen, so hatte
sie die letzten Töne vernommen. Nun war es still und ein-
sam um sie her. Langsam ging sie zum Flügel:

"Kein schön'rer Tod ist in der Welt,
Als wer vor'm Feind erschlagen ...."

Sie spielte und sang das alte schöne Soldatenlied. Als
sie geendet, lag noch lange die rechte Hand auf den Tasten.
Wie oft hatte er es ihr gesungen, mit seiner klaren, ruhigen
Stimme. Sie hatte ihn begleitet. Begeistert hatte er dann
von den Volks- und Soldatenliedern erzählt. Wie sich die
Soldaten selbst ihre Melodien zurechtlegen, zuerst durch kleine
Abänderungen von alten Kirchen- und Volksweisen. Wie
die Grundstimmung in fast allen ihren Gesängen eine weiche,
ernste sei; wie durch alle das Heimweh ziehe, oft unbe-
wußt. --

Ein Nachtfalter flatterte um die Lichter. Sie erhob sich
und ging an's Fenster. Die obere Fläche der linken Hand
legte sie an die Seitenwand und stützte die Stirn hinein.
Aus den großen grauen Augen brachen Thränen, unauf-
haltsam.

Ab und zu rauschte ein Windhauch durch die Zweige,
klagend und gleichgültig zugleich: er rauschte das ewige Lied
der Entsagung -- des Todes.



„Auf grüner Heid’ gefallen ſchön,
Unſterblichen Ruhm thut er haben!“

hörte ſie noch einmal deutlich.

Die Stirn tief gebeugt, die Augen geſchloſſen, ſo hatte
ſie die letzten Töne vernommen. Nun war es ſtill und ein-
ſam um ſie her. Langſam ging ſie zum Flügel:

„Kein ſchön’rer Tod iſt in der Welt,
Als wer vor’m Feind erſchlagen ....“

Sie ſpielte und ſang das alte ſchöne Soldatenlied. Als
ſie geendet, lag noch lange die rechte Hand auf den Taſten.
Wie oft hatte er es ihr geſungen, mit ſeiner klaren, ruhigen
Stimme. Sie hatte ihn begleitet. Begeiſtert hatte er dann
von den Volks- und Soldatenliedern erzählt. Wie ſich die
Soldaten ſelbſt ihre Melodien zurechtlegen, zuerſt durch kleine
Abänderungen von alten Kirchen- und Volksweiſen. Wie
die Grundſtimmung in faſt allen ihren Geſängen eine weiche,
ernſte ſei; wie durch alle das Heimweh ziehe, oft unbe-
wußt. —

Ein Nachtfalter flatterte um die Lichter. Sie erhob ſich
und ging an’s Fenſter. Die obere Fläche der linken Hand
legte ſie an die Seitenwand und ſtützte die Stirn hinein.
Aus den großen grauen Augen brachen Thränen, unauf-
haltſam.

Ab und zu rauſchte ein Windhauch durch die Zweige,
klagend und gleichgültig zugleich: er rauſchte das ewige Lied
der Entſagung — des Todes.



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[142/0150] „Auf grüner Heid’ gefallen ſchön, Unſterblichen Ruhm thut er haben!“ hörte ſie noch einmal deutlich. Die Stirn tief gebeugt, die Augen geſchloſſen, ſo hatte ſie die letzten Töne vernommen. Nun war es ſtill und ein- ſam um ſie her. Langſam ging ſie zum Flügel: „Kein ſchön’rer Tod iſt in der Welt, Als wer vor’m Feind erſchlagen ....“ Sie ſpielte und ſang das alte ſchöne Soldatenlied. Als ſie geendet, lag noch lange die rechte Hand auf den Taſten. Wie oft hatte er es ihr geſungen, mit ſeiner klaren, ruhigen Stimme. Sie hatte ihn begleitet. Begeiſtert hatte er dann von den Volks- und Soldatenliedern erzählt. Wie ſich die Soldaten ſelbſt ihre Melodien zurechtlegen, zuerſt durch kleine Abänderungen von alten Kirchen- und Volksweiſen. Wie die Grundſtimmung in faſt allen ihren Geſängen eine weiche, ernſte ſei; wie durch alle das Heimweh ziehe, oft unbe- wußt. — Ein Nachtfalter flatterte um die Lichter. Sie erhob ſich und ging an’s Fenſter. Die obere Fläche der linken Hand legte ſie an die Seitenwand und ſtützte die Stirn hinein. Aus den großen grauen Augen brachen Thränen, unauf- haltſam. Ab und zu rauſchte ein Windhauch durch die Zweige, klagend und gleichgültig zugleich: er rauſchte das ewige Lied der Entſagung — des Todes.

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Zitationshilfe: Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/150>, abgerufen am 23.11.2024.