Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Nur ab und an ein Schnaufen und ein Scharren, Ein Knistern an den Sätteln, und ein Klirren Der Kettchen, wenn sie aneinander klangen. Den Carabiner in den Fäusten haltend, Schritt schweren Tritts der Posten auf und nieder. -- Tief eine Stille war es; leises Rauschen Zog morgenschauernd durch die Trauerkränze... Ich hob den Kopf und drehte mich, um Namen Und Inschrift an dem kleinen Kreuz zu lesen, Das mir zu Häupten stand, und las im Zwielicht, Das Auge hart an die vergoldeten, Vom Wetter schwarz gefärbten Lettern drängend: "Gestritten viel -- gelitten mehr -- gestorben". Frührote Lichter schwammen um die Worte, Die bleischwer sich in meine Seele senkten. Zum Denken doch ward mir nicht Zeit gelassen, Denn: "An die Pferde" hieß es ... "Auf -- -- gesessen!" Wir trabten, sonnbegrüßt, ins Thal hinunter, Um, Freund und Feind, aus dunkelroten Rosen Auf grünem Rasen einen Strauß zu flechten. Erinnerung. Die großen Feuer warfen ihren Schein Helllodernd in ein lustig Biwaktreiben. Wir Offiziere saßen um den Holzstoß Und tranken Glühwein, sternenüberscheitelt. So manches Wort, das in der Sommernacht Im Flüstern oder laut gesprochen wird, Verweht der Wind, begräbt das stille Feld. Die Musketiere sangen: "Stra -- a -- sburg, Nur ab und an ein Schnaufen und ein Scharren, Ein Kniſtern an den Sätteln, und ein Klirren Der Kettchen, wenn ſie aneinander klangen. Den Carabiner in den Fäuſten haltend, Schritt ſchweren Tritts der Poſten auf und nieder. — Tief eine Stille war es; leiſes Rauſchen Zog morgenſchauernd durch die Trauerkränze… Ich hob den Kopf und drehte mich, um Namen Und Inſchrift an dem kleinen Kreuz zu leſen, Das mir zu Häupten ſtand, und las im Zwielicht, Das Auge hart an die vergoldeten, Vom Wetter ſchwarz gefärbten Lettern drängend: „Geſtritten viel — gelitten mehr — geſtorben“. Frührote Lichter ſchwammen um die Worte, Die bleiſchwer ſich in meine Seele ſenkten. Zum Denken doch ward mir nicht Zeit gelaſſen, Denn: „An die Pferde“ hieß es … „Auf — — geſeſſen!“ Wir trabten, ſonnbegrüßt, ins Thal hinunter, Um, Freund und Feind, aus dunkelroten Roſen Auf grünem Raſen einen Strauß zu flechten. Erinnerung. Die großen Feuer warfen ihren Schein Helllodernd in ein luſtig Biwaktreiben. Wir Offiziere ſaßen um den Holzſtoß Und tranken Glühwein, ſternenüberſcheitelt. So manches Wort, das in der Sommernacht Im Flüſtern oder laut geſprochen wird, Verweht der Wind, begräbt das ſtille Feld. Die Musketiere ſangen: „Stra — a — sburg, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0037" n="29"/> <l>Nur ab und an ein Schnaufen und ein Scharren,</l><lb/> <l>Ein Kniſtern an den Sätteln, und ein Klirren</l><lb/> <l>Der Kettchen, wenn ſie aneinander klangen.</l><lb/> <l>Den Carabiner in den Fäuſten haltend,</l><lb/> <l>Schritt ſchweren Tritts der Poſten auf und nieder. —</l><lb/> <l>Tief eine Stille war es; leiſes Rauſchen</l><lb/> <l>Zog morgenſchauernd durch die Trauerkränze…</l><lb/> <l>Ich hob den Kopf und drehte mich, um Namen</l><lb/> <l>Und Inſchrift an dem kleinen Kreuz zu leſen,</l><lb/> <l>Das mir zu Häupten ſtand, und las im Zwielicht,</l><lb/> <l>Das Auge hart an die vergoldeten,</l><lb/> <l>Vom Wetter ſchwarz gefärbten Lettern drängend:</l><lb/> <l>„Geſtritten viel — gelitten mehr — geſtorben“.</l><lb/> <l>Frührote Lichter ſchwammen um die Worte,</l><lb/> <l>Die bleiſchwer ſich in meine Seele ſenkten.</l><lb/> <l>Zum Denken doch ward mir nicht Zeit gelaſſen,</l><lb/> <l>Denn: „An die Pferde“ hieß es … „Auf — — geſeſſen!“</l><lb/> <l>Wir trabten, ſonnbegrüßt, ins Thal hinunter,</l><lb/> <l>Um, Freund und Feind, aus dunkelroten Roſen</l><lb/> <l>Auf grünem Raſen einen Strauß zu flechten.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Erinnerung.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">D</hi>ie großen Feuer warfen ihren Schein</l><lb/> <l>Helllodernd in ein luſtig Biwaktreiben.</l><lb/> <l>Wir Offiziere ſaßen um den Holzſtoß</l><lb/> <l>Und tranken Glühwein, ſternenüberſcheitelt.</l><lb/> <l>So manches Wort, das in der Sommernacht</l><lb/> <l>Im Flüſtern oder laut geſprochen wird,</l><lb/> <l>Verweht der Wind, begräbt das ſtille Feld.</l><lb/> <l>Die Musketiere ſangen: „Stra — a — sburg,</l><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [29/0037]
Nur ab und an ein Schnaufen und ein Scharren,
Ein Kniſtern an den Sätteln, und ein Klirren
Der Kettchen, wenn ſie aneinander klangen.
Den Carabiner in den Fäuſten haltend,
Schritt ſchweren Tritts der Poſten auf und nieder. —
Tief eine Stille war es; leiſes Rauſchen
Zog morgenſchauernd durch die Trauerkränze…
Ich hob den Kopf und drehte mich, um Namen
Und Inſchrift an dem kleinen Kreuz zu leſen,
Das mir zu Häupten ſtand, und las im Zwielicht,
Das Auge hart an die vergoldeten,
Vom Wetter ſchwarz gefärbten Lettern drängend:
„Geſtritten viel — gelitten mehr — geſtorben“.
Frührote Lichter ſchwammen um die Worte,
Die bleiſchwer ſich in meine Seele ſenkten.
Zum Denken doch ward mir nicht Zeit gelaſſen,
Denn: „An die Pferde“ hieß es … „Auf — — geſeſſen!“
Wir trabten, ſonnbegrüßt, ins Thal hinunter,
Um, Freund und Feind, aus dunkelroten Roſen
Auf grünem Raſen einen Strauß zu flechten.
Erinnerung.
Die großen Feuer warfen ihren Schein
Helllodernd in ein luſtig Biwaktreiben.
Wir Offiziere ſaßen um den Holzſtoß
Und tranken Glühwein, ſternenüberſcheitelt.
So manches Wort, das in der Sommernacht
Im Flüſtern oder laut geſprochen wird,
Verweht der Wind, begräbt das ſtille Feld.
Die Musketiere ſangen: „Stra — a — sburg,
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