Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].O Stra -- a -- sburg" ... Da fühlt' ich eine Hand, Die leise sich auf meine Schultern legte. Ich wandte rasch den Kopf, und sah den Lehrer, Bei dem ich, freundlich aufgenommen, gestern Quartier gehabt; der nun, verabredet, Mit seinem Töchterchen gekommen war. Ein Mädel, jung gleich einer Apfelblüte, Die niemals noch der Morgenwind geschaukelt. Der Alte mußte neben uns sich setzen, Und während ihm das Glas die Freunde füllten, Führt' ich, von Allem ihr Erklärung gebend, Das Mädchen langsam durch die Lagerreihen. Sie sprach kein Wort, doch lautlos sprach ihr Mund, Ihr Lächeln und ihr staunend großes Auge. Wie schön sie war, wenn sie beim Feuer stand, Und rote Funken knisternd uns umtanzten. Es hob sich die Gestalt vom dunklen Himmel Scharf ausgeschnitten aus dem schwarzen Rahmen. Und einmal, als Soldaten, die verkleidet Als Storch und Bär, uns ihre Künste zeigten, Da lehnte flüchtig sie, beinah erschrocken, An meine Brust ihr frommes Kinderantlitz. Wir traten zögernd dann den Rückweg an, -- Es stahl der Mond sich eben in die Bäume, Und in der Ferne, bei den Doppelposten, Fiel, dumpf verhallend durch den Wald, ein Schuß. -- Wir gingen Hand in Hand, Und so, halb stehend, halb im Weiterschreiten, Bog ich mein Haupt hinunter zu dem ihren. Ich fühlte wie die jungen Lippen mir Entgegenkamen, und noch heute seh' ich Ihr dunkles Auge in die Sterne leuchten... Als längst der Alte mit ihr fortgegangen, Saß ich im Kreise meiner Kameraden Und dachte sehnsuchtschmerzlich an das Mädchen, O Stra — a — sburg“ … Da fühlt’ ich eine Hand, Die leiſe ſich auf meine Schultern legte. Ich wandte raſch den Kopf, und ſah den Lehrer, Bei dem ich, freundlich aufgenommen, geſtern Quartier gehabt; der nun, verabredet, Mit ſeinem Töchterchen gekommen war. Ein Mädel, jung gleich einer Apfelblüte, Die niemals noch der Morgenwind geſchaukelt. Der Alte mußte neben uns ſich ſetzen, Und während ihm das Glas die Freunde füllten, Führt’ ich, von Allem ihr Erklärung gebend, Das Mädchen langſam durch die Lagerreihen. Sie ſprach kein Wort, doch lautlos ſprach ihr Mund, Ihr Lächeln und ihr ſtaunend großes Auge. Wie ſchön ſie war, wenn ſie beim Feuer ſtand, Und rote Funken kniſternd uns umtanzten. Es hob ſich die Geſtalt vom dunklen Himmel Scharf ausgeſchnitten aus dem ſchwarzen Rahmen. Und einmal, als Soldaten, die verkleidet Als Storch und Bär, uns ihre Künſte zeigten, Da lehnte flüchtig ſie, beinah erſchrocken, An meine Bruſt ihr frommes Kinderantlitz. Wir traten zögernd dann den Rückweg an, — Es ſtahl der Mond ſich eben in die Bäume, Und in der Ferne, bei den Doppelpoſten, Fiel, dumpf verhallend durch den Wald, ein Schuß. — Wir gingen Hand in Hand, Und ſo, halb ſtehend, halb im Weiterſchreiten, Bog ich mein Haupt hinunter zu dem ihren. Ich fühlte wie die jungen Lippen mir Entgegenkamen, und noch heute ſeh’ ich Ihr dunkles Auge in die Sterne leuchten… Als längſt der Alte mit ihr fortgegangen, Saß ich im Kreiſe meiner Kameraden Und dachte ſehnſuchtſchmerzlich an das Mädchen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0038" n="30"/> <l>O Stra — a — sburg“ … Da fühlt’ ich eine Hand,</l><lb/> <l>Die leiſe ſich auf meine Schultern legte.</l><lb/> <l>Ich wandte raſch den Kopf, und ſah den Lehrer,</l><lb/> <l>Bei dem ich, freundlich aufgenommen, geſtern</l><lb/> <l>Quartier gehabt; der nun, verabredet,</l><lb/> <l>Mit ſeinem Töchterchen gekommen war.</l><lb/> <l>Ein Mädel, jung gleich einer Apfelblüte,</l><lb/> <l>Die niemals noch der Morgenwind geſchaukelt.</l><lb/> <l>Der Alte mußte neben uns ſich ſetzen,</l><lb/> <l>Und während ihm das Glas die Freunde füllten,</l><lb/> <l>Führt’ ich, von Allem ihr Erklärung gebend,</l><lb/> <l>Das Mädchen langſam durch die Lagerreihen.</l><lb/> <l>Sie ſprach kein Wort, doch lautlos ſprach ihr Mund,</l><lb/> <l>Ihr Lächeln und ihr ſtaunend großes Auge.</l><lb/> <l>Wie ſchön ſie war, wenn ſie beim Feuer ſtand,</l><lb/> <l>Und rote Funken kniſternd uns umtanzten.</l><lb/> <l>Es hob ſich die Geſtalt vom dunklen Himmel</l><lb/> <l>Scharf ausgeſchnitten aus dem ſchwarzen Rahmen.</l><lb/> <l>Und einmal, als Soldaten, die verkleidet</l><lb/> <l>Als Storch und Bär, uns ihre Künſte zeigten,</l><lb/> <l>Da lehnte flüchtig ſie, beinah erſchrocken,</l><lb/> <l>An meine Bruſt ihr frommes Kinderantlitz.</l><lb/> <l>Wir traten zögernd dann den Rückweg an,</l><lb/> <l>— Es ſtahl der Mond ſich eben in die Bäume,</l><lb/> <l>Und in der Ferne, bei den Doppelpoſten,</l><lb/> <l>Fiel, dumpf verhallend durch den Wald, ein Schuß. —</l><lb/> <l>Wir gingen Hand in Hand,</l><lb/> <l>Und ſo, halb ſtehend, halb im Weiterſchreiten,</l><lb/> <l>Bog ich mein Haupt hinunter zu dem ihren.</l><lb/> <l>Ich fühlte wie die jungen Lippen mir</l><lb/> <l>Entgegenkamen, und noch heute ſeh’ ich</l><lb/> <l>Ihr dunkles Auge in die Sterne leuchten…</l><lb/> <l>Als längſt der Alte mit ihr fortgegangen,</l><lb/> <l>Saß ich im Kreiſe meiner Kameraden</l><lb/> <l>Und dachte ſehnſuchtſchmerzlich an das Mädchen,</l><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [30/0038]
O Stra — a — sburg“ … Da fühlt’ ich eine Hand,
Die leiſe ſich auf meine Schultern legte.
Ich wandte raſch den Kopf, und ſah den Lehrer,
Bei dem ich, freundlich aufgenommen, geſtern
Quartier gehabt; der nun, verabredet,
Mit ſeinem Töchterchen gekommen war.
Ein Mädel, jung gleich einer Apfelblüte,
Die niemals noch der Morgenwind geſchaukelt.
Der Alte mußte neben uns ſich ſetzen,
Und während ihm das Glas die Freunde füllten,
Führt’ ich, von Allem ihr Erklärung gebend,
Das Mädchen langſam durch die Lagerreihen.
Sie ſprach kein Wort, doch lautlos ſprach ihr Mund,
Ihr Lächeln und ihr ſtaunend großes Auge.
Wie ſchön ſie war, wenn ſie beim Feuer ſtand,
Und rote Funken kniſternd uns umtanzten.
Es hob ſich die Geſtalt vom dunklen Himmel
Scharf ausgeſchnitten aus dem ſchwarzen Rahmen.
Und einmal, als Soldaten, die verkleidet
Als Storch und Bär, uns ihre Künſte zeigten,
Da lehnte flüchtig ſie, beinah erſchrocken,
An meine Bruſt ihr frommes Kinderantlitz.
Wir traten zögernd dann den Rückweg an,
— Es ſtahl der Mond ſich eben in die Bäume,
Und in der Ferne, bei den Doppelpoſten,
Fiel, dumpf verhallend durch den Wald, ein Schuß. —
Wir gingen Hand in Hand,
Und ſo, halb ſtehend, halb im Weiterſchreiten,
Bog ich mein Haupt hinunter zu dem ihren.
Ich fühlte wie die jungen Lippen mir
Entgegenkamen, und noch heute ſeh’ ich
Ihr dunkles Auge in die Sterne leuchten…
Als längſt der Alte mit ihr fortgegangen,
Saß ich im Kreiſe meiner Kameraden
Und dachte ſehnſuchtſchmerzlich an das Mädchen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |