Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Jüngst wieder durch die Fluten ziehn, Ein Priester kniet im alten Bremen Im Dome vor der Jungfrau rein, Es flicht ein Kranz von Diademen Um ihre Stirn den Heiligenschein. Wie kühl der Priester, ein Ascet, Der vor ihr liegt im Bußgebet. Ernst blieb er auch, und finster, tief, Als Kaiser Heinrich ihn berief Zu seinem Kanzler, seinem Rat, Zum Herzog gut, zu mancher That. Zum Bischof macht der Kaiser ihn Von Bamberg, mit ihm zog Burvin, Der immer brav an seiner Seite Im Leben gab ihm das Geleite. Und endlich ist er Papst geworden, Der Sachse aus dem Nebelnorden. Doch liebten ihn die Welschen nicht, Zu deutsch und ernst war sein Gesicht. Sie haßten ihn, sein blondes Haar, Sein treues, blaues Augenpaar. Und gaben endlich dann ihm Gift, Wie Pergament erzählt und Schrift. Und als der Todesengel kam, Und Svidigerus Abschied nahm, Da sieht er noch den großen See, Und fühlt ein letztes tiefes Weh: Jüngſt wieder durch die Fluten ziehn, Ein Prieſter kniet im alten Bremen Im Dome vor der Jungfrau rein, Es flicht ein Kranz von Diademen Um ihre Stirn den Heiligenſchein. Wie kühl der Prieſter, ein Ascet, Der vor ihr liegt im Bußgebet. Ernſt blieb er auch, und finſter, tief, Als Kaiſer Heinrich ihn berief Zu ſeinem Kanzler, ſeinem Rat, Zum Herzog gut, zu mancher That. Zum Biſchof macht der Kaiſer ihn Von Bamberg, mit ihm zog Burvin, Der immer brav an ſeiner Seite Im Leben gab ihm das Geleite. Und endlich iſt er Papſt geworden, Der Sachſe aus dem Nebelnorden. Doch liebten ihn die Welſchen nicht, Zu deutſch und ernſt war ſein Geſicht. Sie haßten ihn, ſein blondes Haar, Sein treues, blaues Augenpaar. Und gaben endlich dann ihm Gift, Wie Pergament erzählt und Schrift. Und als der Todesengel kam, Und Svidigerus Abſchied nahm, Da ſieht er noch den großen See, Und fühlt ein letztes tiefes Weh: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="4"> <pb facs="#f0097" n="89"/> <l>Jüngſt wieder durch die Fluten ziehn,</l><lb/> <l>Beim Chriſtengott, wen finden ſie,</l><lb/> <l>Beſchützt von Schilf und Waſſerlilien?</l><lb/> <l>Sein Mädchen, das die Wellen wiegen,</l><lb/> <l>Und Svidgers junges Herze ſchrie.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Ein Prieſter kniet im alten Bremen</l><lb/> <l>Im Dome vor der Jungfrau rein,</l><lb/> <l>Es flicht ein Kranz von Diademen</l><lb/> <l>Um ihre Stirn den Heiligenſchein.</l><lb/> <l>Wie kühl der Prieſter, ein Ascet,</l><lb/> <l>Der vor ihr liegt im Bußgebet.</l><lb/> <l>Ernſt blieb er auch, und finſter, tief,</l><lb/> <l>Als Kaiſer Heinrich ihn berief</l><lb/> <l>Zu ſeinem Kanzler, ſeinem Rat,</l><lb/> <l>Zum Herzog gut, zu mancher That.</l><lb/> <l>Zum Biſchof macht der Kaiſer ihn</l><lb/> <l>Von Bamberg, mit ihm zog Burvin,</l><lb/> <l>Der immer brav an ſeiner Seite</l><lb/> <l>Im Leben gab ihm das Geleite.</l><lb/> <l>Und endlich iſt er Papſt geworden,</l><lb/> <l>Der Sachſe aus dem Nebelnorden.</l><lb/> <l>Doch liebten ihn die Welſchen nicht,</l><lb/> <l>Zu deutſch und ernſt war ſein Geſicht.</l><lb/> <l>Sie haßten ihn, ſein blondes Haar,</l><lb/> <l>Sein treues, blaues Augenpaar.</l><lb/> <l>Und gaben endlich dann ihm Gift,</l><lb/> <l>Wie Pergament erzählt und Schrift.</l><lb/> <l>Und als der Todesengel kam,</l><lb/> <l>Und Svidigerus Abſchied nahm,</l><lb/> <l>Da ſieht er noch den großen See,</l><lb/> <l>Und fühlt ein letztes tiefes Weh:</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [89/0097]
Jüngſt wieder durch die Fluten ziehn,
Beim Chriſtengott, wen finden ſie,
Beſchützt von Schilf und Waſſerlilien?
Sein Mädchen, das die Wellen wiegen,
Und Svidgers junges Herze ſchrie.
Ein Prieſter kniet im alten Bremen
Im Dome vor der Jungfrau rein,
Es flicht ein Kranz von Diademen
Um ihre Stirn den Heiligenſchein.
Wie kühl der Prieſter, ein Ascet,
Der vor ihr liegt im Bußgebet.
Ernſt blieb er auch, und finſter, tief,
Als Kaiſer Heinrich ihn berief
Zu ſeinem Kanzler, ſeinem Rat,
Zum Herzog gut, zu mancher That.
Zum Biſchof macht der Kaiſer ihn
Von Bamberg, mit ihm zog Burvin,
Der immer brav an ſeiner Seite
Im Leben gab ihm das Geleite.
Und endlich iſt er Papſt geworden,
Der Sachſe aus dem Nebelnorden.
Doch liebten ihn die Welſchen nicht,
Zu deutſch und ernſt war ſein Geſicht.
Sie haßten ihn, ſein blondes Haar,
Sein treues, blaues Augenpaar.
Und gaben endlich dann ihm Gift,
Wie Pergament erzählt und Schrift.
Und als der Todesengel kam,
Und Svidigerus Abſchied nahm,
Da ſieht er noch den großen See,
Und fühlt ein letztes tiefes Weh:
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