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Lischnewska, Maria: Die deutsche Frauenstimmrechtsbewegung zwischen Krieg und Frieden. Berlin, 1915.

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Frauenvereine" zusammengeschlossenen sozial arbeitenden Frauen
haben wir zum guten Teil die offizielle Anerkennung der deutschen
Frauenbewegung zu verdanken. Auf diesen sozial arbeitenden
Fachleuten standen wir, vollkommen sicher, als der Krieg ausbrach.
Sie mußten mit genialem Griff zusammengefaßt werden - und
für Leitung und Ausführung standen in Hunderten von Städten
Fachleute für die verschiedensten Gebiete zur Verfügung. Ob
das Gebiet, das Kriegshilfe forderte: Arbeitsnachweis, Säuglings-
pflege, Mutterschutz, alkoholfreie Soldaten-Wirtschaften, Zentrali-
sierung der Speisung des Arbeiter- und Mittelstandes, Wohnungs-
fürsorge, Kinderhorte, soziale Krankenpflege, Armenpflege,
Jugendpflege, Schaffung von Kriegswerkstätten hieß, - über-
all
waren weibliche Fachleute da, die zufaßten und zahlreiche
Hilfskräfte anleiteten. Diese Entwicklung ist aber auch in Deutsch-
land unbedingt geboten. Der Weltkrieg wird in Ost und West und
auf dem Meere mit einer bewunderungswürdigen fachlichen Durch-
bildung des einzelnen Mannes, mit einer technischen Speziali-
sierung gewonnen, die niemand uns nachmachen kann.

Jn dieser Beziehung steht es mit der Stimmrechtsbewegung
schlecht. Jch verkenne natürlich nicht, daß da und dort Ansätze zu
politischer Fachbildung gemacht worden sind. Aber ein Plan
lag nicht vor, eine allgemeine und zwingende Aufgabe
wurde in dieser Arbeit nicht gesehen. An diesem Punkte also
müssen wir einsetzen, wenn uns die große Stunde des politischen
Wahlrechts nicht unvorbereitet treffen soll, wie einst den Arbeiter-
stand. Diese Arbeit müssen wir tun, um die politischen Verhält-
nisse, die wir beeinflussen müssen, auch wirklich als politische
Fachleute zu verstehen. Das ist eine Hauptaufgabe der Stimm-
rechtsvereine nach dem Kriege, sie kann aber auch überall sofort
in Angriff genommen werden. Die Frage ist nur: Wie?

Nun kann man ja den Vortragszyklen und Einzelvorträgen
das Wort reden. Auf diesem Wege ist auch die Arbeit in ver-
schiedenen Vereinen versucht worden. Leider hat man sich dabei
auf die innere Politik, vor allem auf die Sozialpolitik, beschränkt. Die
letztere lag den Frauen aus ihrer sozialen und kommunalen Arbeit
her ganz besonders. Die äußere Politik kam gar nicht
in Betracht.
Gewöhnlich fand man sich mit ihr durch Vor-
träge im Sinne der Friedensgesellschaften und mit entsprechenden
Resolutionen ab. Von einer der Führerinnen der sozialen
Frauenbewegung fiel sogar das Wort: "Die Frauen sollen sich um
die innere Politik kümmern, die äußere sollen sie den Männern

Frauenvereine‟ zusammengeschlossenen sozial arbeitenden Frauen
haben wir zum guten Teil die offizielle Anerkennung der deutschen
Frauenbewegung zu verdanken. Auf diesen sozial arbeitenden
Fachleuten standen wir, vollkommen sicher, als der Krieg ausbrach.
Sie mußten mit genialem Griff zusammengefaßt werden – und
für Leitung und Ausführung standen in Hunderten von Städten
Fachleute für die verschiedensten Gebiete zur Verfügung. Ob
das Gebiet, das Kriegshilfe forderte: Arbeitsnachweis, Säuglings-
pflege, Mutterschutz, alkoholfreie Soldaten-Wirtschaften, Zentrali-
sierung der Speisung des Arbeiter- und Mittelstandes, Wohnungs-
fürsorge, Kinderhorte, soziale Krankenpflege, Armenpflege,
Jugendpflege, Schaffung von Kriegswerkstätten hieß, – über-
all
waren weibliche Fachleute da, die zufaßten und zahlreiche
Hilfskräfte anleiteten. Diese Entwicklung ist aber auch in Deutsch-
land unbedingt geboten. Der Weltkrieg wird in Ost und West und
auf dem Meere mit einer bewunderungswürdigen fachlichen Durch-
bildung des einzelnen Mannes, mit einer technischen Speziali-
sierung gewonnen, die niemand uns nachmachen kann.

Jn dieser Beziehung steht es mit der Stimmrechtsbewegung
schlecht. Jch verkenne natürlich nicht, daß da und dort Ansätze zu
politischer Fachbildung gemacht worden sind. Aber ein Plan
lag nicht vor, eine allgemeine und zwingende Aufgabe
wurde in dieser Arbeit nicht gesehen. An diesem Punkte also
müssen wir einsetzen, wenn uns die große Stunde des politischen
Wahlrechts nicht unvorbereitet treffen soll, wie einst den Arbeiter-
stand. Diese Arbeit müssen wir tun, um die politischen Verhält-
nisse, die wir beeinflussen müssen, auch wirklich als politische
Fachleute zu verstehen. Das ist eine Hauptaufgabe der Stimm-
rechtsvereine nach dem Kriege, sie kann aber auch überall sofort
in Angriff genommen werden. Die Frage ist nur: Wie?

Nun kann man ja den Vortragszyklen und Einzelvorträgen
das Wort reden. Auf diesem Wege ist auch die Arbeit in ver-
schiedenen Vereinen versucht worden. Leider hat man sich dabei
auf die innere Politik, vor allem auf die Sozialpolitik, beschränkt. Die
letztere lag den Frauen aus ihrer sozialen und kommunalen Arbeit
her ganz besonders. Die äußere Politik kam gar nicht
in Betracht.
Gewöhnlich fand man sich mit ihr durch Vor-
träge im Sinne der Friedensgesellschaften und mit entsprechenden
Resolutionen ab. Von einer der Führerinnen der sozialen
Frauenbewegung fiel sogar das Wort: „Die Frauen sollen sich um
die innere Politik kümmern, die äußere sollen sie den Männern

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[40/0040] Frauenvereine‟ zusammengeschlossenen sozial arbeitenden Frauen haben wir zum guten Teil die offizielle Anerkennung der deutschen Frauenbewegung zu verdanken. Auf diesen sozial arbeitenden Fachleuten standen wir, vollkommen sicher, als der Krieg ausbrach. Sie mußten mit genialem Griff zusammengefaßt werden – und für Leitung und Ausführung standen in Hunderten von Städten Fachleute für die verschiedensten Gebiete zur Verfügung. Ob das Gebiet, das Kriegshilfe forderte: Arbeitsnachweis, Säuglings- pflege, Mutterschutz, alkoholfreie Soldaten-Wirtschaften, Zentrali- sierung der Speisung des Arbeiter- und Mittelstandes, Wohnungs- fürsorge, Kinderhorte, soziale Krankenpflege, Armenpflege, Jugendpflege, Schaffung von Kriegswerkstätten hieß, – über- all waren weibliche Fachleute da, die zufaßten und zahlreiche Hilfskräfte anleiteten. Diese Entwicklung ist aber auch in Deutsch- land unbedingt geboten. Der Weltkrieg wird in Ost und West und auf dem Meere mit einer bewunderungswürdigen fachlichen Durch- bildung des einzelnen Mannes, mit einer technischen Speziali- sierung gewonnen, die niemand uns nachmachen kann. Jn dieser Beziehung steht es mit der Stimmrechtsbewegung schlecht. Jch verkenne natürlich nicht, daß da und dort Ansätze zu politischer Fachbildung gemacht worden sind. Aber ein Plan lag nicht vor, eine allgemeine und zwingende Aufgabe wurde in dieser Arbeit nicht gesehen. An diesem Punkte also müssen wir einsetzen, wenn uns die große Stunde des politischen Wahlrechts nicht unvorbereitet treffen soll, wie einst den Arbeiter- stand. Diese Arbeit müssen wir tun, um die politischen Verhält- nisse, die wir beeinflussen müssen, auch wirklich als politische Fachleute zu verstehen. Das ist eine Hauptaufgabe der Stimm- rechtsvereine nach dem Kriege, sie kann aber auch überall sofort in Angriff genommen werden. Die Frage ist nur: Wie? Nun kann man ja den Vortragszyklen und Einzelvorträgen das Wort reden. Auf diesem Wege ist auch die Arbeit in ver- schiedenen Vereinen versucht worden. Leider hat man sich dabei auf die innere Politik, vor allem auf die Sozialpolitik, beschränkt. Die letztere lag den Frauen aus ihrer sozialen und kommunalen Arbeit her ganz besonders. Die äußere Politik kam gar nicht in Betracht. Gewöhnlich fand man sich mit ihr durch Vor- träge im Sinne der Friedensgesellschaften und mit entsprechenden Resolutionen ab. Von einer der Führerinnen der sozialen Frauenbewegung fiel sogar das Wort: „Die Frauen sollen sich um die innere Politik kümmern, die äußere sollen sie den Männern  

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2015-05-11T12:53:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-05-11T12:53:44Z)

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Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Lischnewska, Maria: Die deutsche Frauenstimmrechtsbewegung zwischen Krieg und Frieden. Berlin, 1915, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lischnewska_frauenstimmrechtsbewegung_1915/40>, abgerufen am 21.11.2024.