sich, wie ein Mensch, der nicht eine Wissenschaft recht studiret, in allen so beschlagen seyn könnte. Viele be- sorgten, er würde sich endlich erschöpffen, und einige propheceyeten ihm gar einen frühen Tod. Der Aus- gang hat gewiesen, daß die Sorge der ersten unnöthig gewesen, und ich wünsche, daß die Weissagung der letzten falsch seyn möge. GOtt verleihe dem Herrn Makewind ein langes Leben! Wir würden an ihm gar zu viel verlieren.
Aber wieder auf die Schriften dieses grossen Man- nes zu kommen, so waren sie alle von ausnehmender Schönheit, und kan man mit Wahrheit sagen, daß die Welt dergleichen nicht gesehen.
Der Haupt-Zweck aller seiner Arbeit war, die leichte und gemächliche Schreib-Art, die wir in unserer Sprache Bombast nennen, und welche seit einiger Zeit ziemlich in Abnahme und Verachtung gerathen ist, wieder in den Gang zu bringen, die Scribenten von dem schweren Joche der Sprach-Kunst zu befreyen, und, durch Widerlegung des Horatz und Boileau, die Herrschafft des Reims, über die Vernunft, zu be- haupten. Gewiß ein Unternehmen, das vielen Muth und Geschicklichkeit erforderte, und welches von dem Hrn. Makewind auf eine so sonderbare Art ausgefüh- ret worden, daß man nöthwendig seine Klugheit be- wundern, und gestehen muß, daß niemand, als er, ge- schickt dazu gewesen.
Er sahe wohl, daß es eine vergebliche Arbeit seyn würde, wenn er gerade zu, und ohne Umschweiff, den Bombast vertheidigen, die Sprach-Kunst verwerf- fen, und den Horatz und Boileau widerlegen wolte. Er war viel zu schlau, als daß er nicht hätte mercken sol-
len,
(o)
ſich, wie ein Menſch, der nicht eine Wiſſenſchaft recht ſtudiret, in allen ſo beſchlagen ſeyn koͤnnte. Viele be- ſorgten, er wuͤrde ſich endlich erſchoͤpffen, und einige propheceyeten ihm gar einen fruͤhen Tod. Der Aus- gang hat gewieſen, daß die Sorge der erſten unnoͤthig geweſen, und ich wuͤnſche, daß die Weiſſagung der letzten falſch ſeyn moͤge. GOtt verleihe dem Herrn Makewind ein langes Leben! Wir wuͤrden an ihm gar zu viel verlieren.
Aber wieder auf die Schriften dieſes groſſen Man- nes zu kommen, ſo waren ſie alle von ausnehmender Schoͤnheit, und kan man mit Wahrheit ſagen, daß die Welt dergleichen nicht geſehen.
Der Haupt-Zweck aller ſeiner Arbeit war, die leichte und gemaͤchliche Schreib-Art, die wir in unſerer Sprache Bombaſt nennen, und welche ſeit einiger Zeit ziemlich in Abnahme und Verachtung gerathen iſt, wieder in den Gang zu bringen, die Scribenten von dem ſchweren Joche der Sprach-Kunſt zu befreyen, und, durch Widerlegung des Horatz und Boileau, die Herrſchafft des Reims, uͤber die Vernunft, zu be- haupten. Gewiß ein Unternehmen, das vielen Muth und Geſchicklichkeit erforderte, und welches von dem Hrn. Makewind auf eine ſo ſonderbare Art ausgefuͤh- ret worden, daß man noͤthwendig ſeine Klugheit be- wundern, und geſtehen muß, daß niemand, als er, ge- ſchickt dazu geweſen.
Er ſahe wohl, daß es eine vergebliche Arbeit ſeyn wuͤrde, wenn er gerade zu, und ohne Umſchweiff, den Bombaſt vertheidigen, die Sprach-Kunſt verwerf- fen, und den Horatz und Boileau widerlegen wolte. Er war viel zu ſchlau, als daß er nicht haͤtte mercken ſol-
len,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0171"n="79"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>ſich, wie ein Menſch, der nicht eine Wiſſenſchaft recht<lb/>ſtudiret, in allen ſo beſchlagen ſeyn koͤnnte. Viele be-<lb/>ſorgten, er wuͤrde ſich endlich erſchoͤpffen, und einige<lb/>
propheceyeten ihm gar einen fruͤhen Tod. Der Aus-<lb/>
gang hat gewieſen, daß die Sorge der erſten unnoͤthig<lb/>
geweſen, und ich wuͤnſche, daß die Weiſſagung der<lb/>
letzten falſch ſeyn moͤge. GOtt verleihe dem Herrn<lb/>
Makewind ein langes Leben! Wir wuͤrden an ihm<lb/>
gar zu viel verlieren.</p><lb/><p>Aber wieder auf die Schriften dieſes groſſen Man-<lb/>
nes zu kommen, ſo waren ſie alle von ausnehmender<lb/>
Schoͤnheit, und kan man mit Wahrheit ſagen, daß<lb/>
die Welt dergleichen nicht geſehen.</p><lb/><p>Der Haupt-Zweck aller ſeiner Arbeit war, die leichte<lb/>
und gemaͤchliche Schreib-Art, die wir in unſerer<lb/>
Sprache Bombaſt nennen, und welche ſeit einiger<lb/>
Zeit ziemlich in Abnahme und Verachtung gerathen<lb/>
iſt, wieder in den Gang zu bringen, die Scribenten von<lb/>
dem ſchweren Joche der Sprach-Kunſt zu befreyen,<lb/>
und, durch Widerlegung des Horatz und Boileau, die<lb/>
Herrſchafft des Reims, uͤber die Vernunft, zu be-<lb/>
haupten. Gewiß ein Unternehmen, das vielen Muth<lb/>
und Geſchicklichkeit erforderte, und welches von dem<lb/>
Hrn. Makewind auf eine ſo ſonderbare Art ausgefuͤh-<lb/>
ret worden, daß man noͤthwendig ſeine Klugheit be-<lb/>
wundern, und geſtehen muß, daß niemand, als er, ge-<lb/>ſchickt dazu geweſen.</p><lb/><p>Er ſahe wohl, daß es eine vergebliche Arbeit ſeyn<lb/>
wuͤrde, wenn er gerade zu, und ohne Umſchweiff, den<lb/>
Bombaſt vertheidigen, die Sprach-Kunſt verwerf-<lb/>
fen, und den Horatz und Boileau widerlegen wolte. Er<lb/>
war viel zu ſchlau, als daß er nicht haͤtte mercken ſol-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">len,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[79/0171]
(o)
ſich, wie ein Menſch, der nicht eine Wiſſenſchaft recht
ſtudiret, in allen ſo beſchlagen ſeyn koͤnnte. Viele be-
ſorgten, er wuͤrde ſich endlich erſchoͤpffen, und einige
propheceyeten ihm gar einen fruͤhen Tod. Der Aus-
gang hat gewieſen, daß die Sorge der erſten unnoͤthig
geweſen, und ich wuͤnſche, daß die Weiſſagung der
letzten falſch ſeyn moͤge. GOtt verleihe dem Herrn
Makewind ein langes Leben! Wir wuͤrden an ihm
gar zu viel verlieren.
Aber wieder auf die Schriften dieſes groſſen Man-
nes zu kommen, ſo waren ſie alle von ausnehmender
Schoͤnheit, und kan man mit Wahrheit ſagen, daß
die Welt dergleichen nicht geſehen.
Der Haupt-Zweck aller ſeiner Arbeit war, die leichte
und gemaͤchliche Schreib-Art, die wir in unſerer
Sprache Bombaſt nennen, und welche ſeit einiger
Zeit ziemlich in Abnahme und Verachtung gerathen
iſt, wieder in den Gang zu bringen, die Scribenten von
dem ſchweren Joche der Sprach-Kunſt zu befreyen,
und, durch Widerlegung des Horatz und Boileau, die
Herrſchafft des Reims, uͤber die Vernunft, zu be-
haupten. Gewiß ein Unternehmen, das vielen Muth
und Geſchicklichkeit erforderte, und welches von dem
Hrn. Makewind auf eine ſo ſonderbare Art ausgefuͤh-
ret worden, daß man noͤthwendig ſeine Klugheit be-
wundern, und geſtehen muß, daß niemand, als er, ge-
ſchickt dazu geweſen.
Er ſahe wohl, daß es eine vergebliche Arbeit ſeyn
wuͤrde, wenn er gerade zu, und ohne Umſchweiff, den
Bombaſt vertheidigen, die Sprach-Kunſt verwerf-
fen, und den Horatz und Boileau widerlegen wolte. Er
war viel zu ſchlau, als daß er nicht haͤtte mercken ſol-
len,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/171>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.