Behutsamkeit, die allen angehenden Scribenten natürlich ist, bewog mich demnach, meinen wah- ren Nahmen zu verschweigen, um mit desto meh- rer Sicherheit, und weniger Gefahr zu verneh- men, was kluge Leute von meiner Arbeit urthei- len würden. Man hat meine Schrift gelesen: Man hat sie beurtheilet, und die Urtheile sind so ausgefallen, daß ich weiter keine Ursache habe, mich zu verbergen, ja fast gezwungen bin, mich kund zu geben. Denn da man eines theils meine Schrift gelobet, und einhellig gesaget hat, daß ich dem Hn. M. Sievers glücklich nach- geahmet habe; so kan ich, ohne Gefahr einiger Schande, sagen, wer ich bin: Jndem man aber andern theils mir Schuld giebt, daß ich dem Hn. M. Sievers durch meine Nachahmung beschimpf- fen wollen: so bin ich genöthiget, mich zu melden, und dieser Beschuldigung zu widersprechen. Jch finde in diesem Verfahren nichts, als Unschuld. Nachdem ich also auch diesen Stein des Anstosses aus dem Wege geräumet, und gewiesen habe, daß ich nicht gefährlicher Weise einen falschen Nah- men angenommen, so fahre ich weiter fort, und frage diejenigen, die, ungeachtet ich in der Vor- rede meiner Schrift meine Absicht aufrichtig und deutlich entdecket habe, mir dennoch den straf- bahren Vorsatz beylegen, daß ich den Hn. M. Sie- vers habe lächerlich machen wollen, was sie auf solche Gedancken gebracht hat? Glauben sie etwan meinen Worten nicht? Jch solte es fast dencken: Aber was bewegt sie denn zu diesem Mißtrauen? Bin ich denn vor einen Lügner bekannt? Können
meine
(o)
Behutſamkeit, die allen angehenden Scribenten natuͤrlich iſt, bewog mich demnach, meinen wah- ren Nahmen zu verſchweigen, um mit deſto meh- rer Sicherheit, und weniger Gefahr zu verneh- men, was kluge Leute von meiner Arbeit urthei- len wuͤrden. Man hat meine Schrift geleſen: Man hat ſie beurtheilet, und die Urtheile ſind ſo ausgefallen, daß ich weiter keine Urſache habe, mich zu verbergen, ja faſt gezwungen bin, mich kund zu geben. Denn da man eines theils meine Schrift gelobet, und einhellig geſaget hat, daß ich dem Hn. M. Sievers gluͤcklich nach- geahmet habe; ſo kan ich, ohne Gefahr einiger Schande, ſagen, wer ich bin: Jndem man aber andern theils mir Schuld giebt, daß ich dem Hn. M. Sievers durch meine Nachahmung beſchimpf- fen wollen: ſo bin ich genoͤthiget, mich zu melden, und dieſer Beſchuldigung zu widerſprechen. Jch finde in dieſem Verfahren nichts, als Unſchuld. Nachdem ich alſo auch dieſen Stein des Anſtoſſes aus dem Wege geraͤumet, und gewieſen habe, daß ich nicht gefaͤhrlicher Weiſe einen falſchen Nah- men angenommen, ſo fahre ich weiter fort, und frage diejenigen, die, ungeachtet ich in der Vor- rede meiner Schrift meine Abſicht aufrichtig und deutlich entdecket habe, mir dennoch den ſtraf- bahren Vorſatz beylegen, daß ich den Hn. M. Sie- vers habe laͤcherlich machen wollen, was ſie auf ſolche Gedancken gebracht hat? Glauben ſie etwan meinen Worten nicht? Jch ſolte es faſt dencken: Aber was bewegt ſie denn zu dieſem Mißtrauen? Bin ich denn vor einen Luͤgner bekannt? Koͤnnen
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(o)
Behutſamkeit, die allen angehenden Scribenten
natuͤrlich iſt, bewog mich demnach, meinen wah-
ren Nahmen zu verſchweigen, um mit deſto meh-
rer Sicherheit, und weniger Gefahr zu verneh-
men, was kluge Leute von meiner Arbeit urthei-
len wuͤrden. Man hat meine Schrift geleſen:
Man hat ſie beurtheilet, und die Urtheile ſind ſo
ausgefallen, daß ich weiter keine Urſache habe,
mich zu verbergen, ja faſt gezwungen bin, mich
kund zu geben. Denn da man eines theils
meine Schrift gelobet, und einhellig geſaget
hat, daß ich dem Hn. M. Sievers gluͤcklich nach-
geahmet habe; ſo kan ich, ohne Gefahr einiger
Schande, ſagen, wer ich bin: Jndem man aber
andern theils mir Schuld giebt, daß ich dem Hn.
M. Sievers durch meine Nachahmung beſchimpf-
fen wollen: ſo bin ich genoͤthiget, mich zu melden,
und dieſer Beſchuldigung zu widerſprechen. Jch
finde in dieſem Verfahren nichts, als Unſchuld.
Nachdem ich alſo auch dieſen Stein des Anſtoſſes
aus dem Wege geraͤumet, und gewieſen habe, daß
ich nicht gefaͤhrlicher Weiſe einen falſchen Nah-
men angenommen, ſo fahre ich weiter fort, und
frage diejenigen, die, ungeachtet ich in der Vor-
rede meiner Schrift meine Abſicht aufrichtig und
deutlich entdecket habe, mir dennoch den ſtraf-
bahren Vorſatz beylegen, daß ich den Hn. M. Sie-
vers habe laͤcherlich machen wollen, was ſie auf
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Aber was bewegt ſie denn zu dieſem Mißtrauen?
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/204>, abgerufen am 31.10.2024.
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