Daß es ein sehr lahmer Schluß ist, wenn man daher, daß etwas geschehen kan, folgern will, es sey würcklich geschehen: A posse ad esse non va- let conseqventia: und daß es 2.) eine grosse Verwegenheit sey, wenn man sich zu einem Her- tzens-Kündiger aufwirft, und sich von den inner- sten Gedancken seines Nechsten zu urtheilen unter- fängt.
Dieses kan zu Abfertigung derer, die mir die- sen Einwurf machen, genug seyn. Jch bleibe dabey, daß ich, wie es der Augenschein giebt, den Hn. M. Sievers nicht geschimpfet, sondern gelobet habe. Jch verlange mit Recht, daß man glaube, daß dieses im Ernst von mir geschehen sey, und daß man mei- ne Worte verstehe, wie sie lauten. Wer diese For- derung vor unbillig hält, der giebt gar zu deutlich zu erkennen, daß er selbst die Billigkeit nicht liebe, und verdient nicht, daß man sich weiter Mühe ge- be, ihn zu bessern Gedancken zu bringen. Jch wer- de mich auch wenig bekümmern, ob diejenigen, die bißhero, von meinen Absichten so ungleich geurthei- let haben, nach diesem von ihrer ungegründeten Meynung abstehen werden, oder nicht. Jch habe meine Unschuld gründlich dargethan, und werde zu frieden seyn, wenn nur der Hr. M. Sievers seinen wider mich gefasten Zorn fahren lässet. Um dieses von ihm zu erhalten, nehme ich mir die Freyheit, ihn allhier ins besondere anzureden.
Jch bitte ihn demnach zu erwegen, daß ich in meiner gantzen Schrift nichts gethan habe, als daß ich ihn, nach Verdienst, gelobet. Meine Worte sind so klar, daß er dieses selbst nicht wird leugnen können.
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Daß es ein ſehr lahmer Schluß iſt, wenn man daher, daß etwas geſchehen kan, folgern will, es ſey wuͤrcklich geſchehen: A poſſe ad eſſe non va- let conſeqventia: und daß es 2.) eine groſſe Verwegenheit ſey, wenn man ſich zu einem Her- tzens-Kuͤndiger aufwirft, und ſich von den inner- ſten Gedancken ſeines Nechſten zu urtheilen unter- faͤngt.
Dieſes kan zu Abfertigung derer, die mir die- ſen Einwurf machen, genug ſeyn. Jch bleibe dabey, daß ich, wie es der Augenſchein giebt, den Hn. M. Sievers nicht geſchimpfet, ſondern gelobet habe. Jch verlange mit Recht, daß man glaube, daß dieſes im Ernſt von mir geſchehen ſey, und daß man mei- ne Worte verſtehe, wie ſie lauten. Wer dieſe For- derung vor unbillig haͤlt, der giebt gar zu deutlich zu erkennen, daß er ſelbſt die Billigkeit nicht liebe, und verdient nicht, daß man ſich weiter Muͤhe ge- be, ihn zu beſſern Gedancken zu bringen. Jch wer- de mich auch wenig bekuͤmmern, ob diejenigen, die bißhero, von meinen Abſichten ſo ungleich geurthei- let haben, nach dieſem von ihrer ungegruͤndeten Meynung abſtehen werden, oder nicht. Jch habe meine Unſchuld gruͤndlich dargethan, und werde zu frieden ſeyn, wenn nur der Hr. M. Sievers ſeinen wider mich gefaſten Zorn fahren laͤſſet. Um dieſes von ihm zu erhalten, nehme ich mir die Freyheit, ihn allhier ins beſondere anzureden.
Jch bitte ihn demnach zu erwegen, daß ich in meiner gantzen Schrift nichts gethan habe, als daß ich ihn, nach Verdienſt, gelobet. Meine Worte ſind ſo klar, daß er dieſes ſelbſt nicht wird leugnen koͤnnen.
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Daß es ein ſehr lahmer Schluß iſt, wenn man
daher, daß etwas geſchehen kan, folgern will, es
ſey wuͤrcklich geſchehen: A poſſe ad eſſe non va-
let conſeqventia: und daß es 2.) eine groſſe
Verwegenheit ſey, wenn man ſich zu einem Her-
tzens-Kuͤndiger aufwirft, und ſich von den inner-
ſten Gedancken ſeines Nechſten zu urtheilen unter-
faͤngt.
Dieſes kan zu Abfertigung derer, die mir die-
ſen Einwurf machen, genug ſeyn. Jch bleibe dabey,
daß ich, wie es der Augenſchein giebt, den Hn. M.
Sievers nicht geſchimpfet, ſondern gelobet habe. Jch
verlange mit Recht, daß man glaube, daß dieſes
im Ernſt von mir geſchehen ſey, und daß man mei-
ne Worte verſtehe, wie ſie lauten. Wer dieſe For-
derung vor unbillig haͤlt, der giebt gar zu deutlich
zu erkennen, daß er ſelbſt die Billigkeit nicht liebe,
und verdient nicht, daß man ſich weiter Muͤhe ge-
be, ihn zu beſſern Gedancken zu bringen. Jch wer-
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let haben, nach dieſem von ihrer ungegruͤndeten
Meynung abſtehen werden, oder nicht. Jch habe
meine Unſchuld gruͤndlich dargethan, und werde zu
frieden ſeyn, wenn nur der Hr. M. Sievers ſeinen
wider mich gefaſten Zorn fahren laͤſſet. Um dieſes
von ihm zu erhalten, nehme ich mir die Freyheit,
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Jch bitte ihn demnach zu erwegen, daß ich in
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/207>, abgerufen am 27.11.2024.
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