zu bewundern, der sich nicht unterstehet, auf eine so hohe Frage zu antworten.
Glaube mir, unvergleichlicher Philippi, eine solche Sittsamkeit stehet einem Manne von deinen Verdiensten nicht wohl an. Verstelle dich so viel du wilt. Wir wissen doch wohl, wer du bist, und was du vermagst. Du wirst uns nimmer weiß machen, daß du auf die Frage, so du aufwirfst nicht antworten könnest. Jndem du gestehest, es würde dir leicht seyn, einem unserer Vorfahren auf diese Frage Bescheid zu geben, so hast du deine wich- tige Frage schon entschieden. Qväle demnach deine Verehrer nicht ferner, durch eine Bescheidenheit, die sich nur vor Leute von mittelmässigen Verdien- sten schicket, und nimm dasjenige Wesen an, so grosse Leute noch ehrwürdiger macht.
Jch würde Sie gröblich beleidigen, Meine Her- rer, wenn ich nicht von Jhnen allerseits glaubte, daß Sie den Rath, welchen ich hier dem Herrn Prof. Philippi gebe, billigen. Sie erkennen alle die wurderbaren Eingenschaften dieses grossen Man- nes, der in unsern Tagen aufgestanden ist, die deut- sche Beredsamkeit auf einen gantz andern Fuß zu setzen. Sie erkennen, sag ich, seine Verdienste: Aber Sie erkennen sie nur halb, dafern Sie nur das Wenige an Jhm bewundern, das ich von ihm ge- sagt habe. Jch übergehe eine gute Anzahl derer
Schön-
47)Horatius Lib. III. Od. 30
(o)
zu bewundern, der ſich nicht unterſtehet, auf eine ſo hohe Frage zu antworten.
Glaube mir, unvergleichlicher Philippi, eine ſolche Sittſamkeit ſtehet einem Manne von deinen Verdienſten nicht wohl an. Verſtelle dich ſo viel du wilt. Wir wiſſen doch wohl, wer du biſt, und was du vermagſt. Du wirſt uns nimmer weiß machen, daß du auf die Frage, ſo du aufwirfſt nicht antworten koͤnneſt. Jndem du geſteheſt, es wuͤrde dir leicht ſeyn, einem unſerer Vorfahren auf dieſe Frage Beſcheid zu geben, ſo haſt du deine wich- tige Frage ſchon entſchieden. Qvaͤle demnach deine Verehrer nicht ferner, durch eine Beſcheidenheit, die ſich nur vor Leute von mittelmaͤſſigen Verdien- ſten ſchicket, und nimm dasjenige Weſen an, ſo groſſe Leute noch ehrwuͤrdiger macht.
Jch wuͤrde Sie groͤblich beleidigen, Meine Her- rer, wenn ich nicht von Jhnen allerſeits glaubte, daß Sie den Rath, welchen ich hier dem Herrn Prof. Philippi gebe, billigen. Sie erkennen alle die wurderbaren Eingenſchaften dieſes groſſen Man- nes, der in unſern Tagen aufgeſtanden iſt, die deut- ſche Beredſamkeit auf einen gantz andern Fuß zu ſetzen. Sie erkennen, ſag ich, ſeine Verdienſte: Aber Sie erkennen ſie nur halb, dafern Sie nur das Wenige an Jhm bewundern, das ich von ihm ge- ſagt habe. Jch uͤbergehe eine gute Anzahl derer
Schoͤn-
47)Horatius Lib. III. Od. 30
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zu bewundern, der ſich nicht unterſtehet, auf eine ſo
hohe Frage zu antworten.
Glaube mir, unvergleichlicher Philippi, eine
ſolche Sittſamkeit ſtehet einem Manne von deinen
Verdienſten nicht wohl an. Verſtelle dich ſo viel
du wilt. Wir wiſſen doch wohl, wer du biſt, und
was du vermagſt. Du wirſt uns nimmer weiß
machen, daß du auf die Frage, ſo du aufwirfſt
nicht antworten koͤnneſt. Jndem du geſteheſt, es
wuͤrde dir leicht ſeyn, einem unſerer Vorfahren auf
dieſe Frage Beſcheid zu geben, ſo haſt du deine wich-
tige Frage ſchon entſchieden. Qvaͤle demnach deine
Verehrer nicht ferner, durch eine Beſcheidenheit,
die ſich nur vor Leute von mittelmaͤſſigen Verdien-
ſten ſchicket, und nimm dasjenige Weſen an, ſo
groſſe Leute noch ehrwuͤrdiger macht.
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ſume ſuperbiam
Quæſitam meritis ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 47).
Jch wuͤrde Sie groͤblich beleidigen, Meine Her-
rer, wenn ich nicht von Jhnen allerſeits glaubte,
daß Sie den Rath, welchen ich hier dem Herrn
Prof. Philippi gebe, billigen. Sie erkennen alle
die wurderbaren Eingenſchaften dieſes groſſen Man-
nes, der in unſern Tagen aufgeſtanden iſt, die deut-
ſche Beredſamkeit auf einen gantz andern Fuß zu
ſetzen. Sie erkennen, ſag ich, ſeine Verdienſte:
Aber Sie erkennen ſie nur halb, dafern Sie nur das
Wenige an Jhm bewundern, das ich von ihm ge-
ſagt habe. Jch uͤbergehe eine gute Anzahl derer
Schoͤn-
47) Horatius Lib. III. Od. 30
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/280>, abgerufen am 29.11.2024.
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