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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
2) das böse
Gewissen
der Leser.

Das Gewissen ist ein wunderlich Ding.
Man denckt: Heute mir, morgen dir, und lie-
set also eine Satyre mit Furcht und Zittern.

Ense velut stricto quoties Lucilius ardens
Infremuit, rubet auditor, cui frigida mens
est
Criminibus, tacitaque sudant praecordia
culpa.
Juvenalis Sat. I.

Erinne-
rung an
die Spöt-
ter.

Jch nehme mir demnach die Freyheit, bey die-
ser Gelegenheit allen denen, die zum Spotten
Lust haben, wohlmeinentlich zu rahten, daß sie
diese böse Neigung mit aller Macht bestreiten.

..... quid opus teneras mordaci rade-
re vero
Auriculas? .........
Persius Sat. I.

Sie bilden sich ein, durch ihre artigen Ein-
fälle der Welt eine Lust zu machen, und ihren
Lesern zu gefallen. Jch gebe ihnen zu, daß
sie, was das erste anlanget, ihren Zweck ei-
niger massen erreichen. Aber was wird ih-
nen dafür? Wenn sie nur belieben wollen zu
erwegen, daß, wie ich schon gesagt, das Biß-
gen Lust, so man bey Lesung einer Satyre
empfindet, sehr genau mit einem empfindli-
chen Verdruß verbunden ist, so werden sie be-
greifen, daß sie durch ihre Schriften bey
ihren Lesern eben so wenig Danck verdienen
können, als wenn sie im gemeinen Leben al-
le, die ihnen begegnen, und mit denen sie um-

gehen,
(o)
2) das boͤſe
Gewiſſen
der Leſer.

Das Gewiſſen iſt ein wunderlich Ding.
Man denckt: Heute mir, morgen dir, und lie-
ſet alſo eine Satyre mit Furcht und Zittern.

Enſe velut ſtricto quoties Lucilius ardens
Infremuit, rubet auditor, cui frigida mens
eſt
Criminibus, tacitaque ſudant præcordia
culpa.
Juvenalis Sat. I.

Erinne-
rung an
die Spoͤt-
ter.

Jch nehme mir demnach die Freyheit, bey die-
ſer Gelegenheit allen denen, die zum Spotten
Luſt haben, wohlmeinentlich zu rahten, daß ſie
dieſe boͤſe Neigung mit aller Macht beſtreiten.

..... quid opus teneras mordaci rade-
re vero
Auriculas? .........
Perſius Sat. I.

Sie bilden ſich ein, durch ihre artigen Ein-
faͤlle der Welt eine Luſt zu machen, und ihren
Leſern zu gefallen. Jch gebe ihnen zu, daß
ſie, was das erſte anlanget, ihren Zweck ei-
niger maſſen erreichen. Aber was wird ih-
nen dafuͤr? Wenn ſie nur belieben wollen zu
erwegen, daß, wie ich ſchon geſagt, das Biß-
gen Luſt, ſo man bey Leſung einer Satyre
empfindet, ſehr genau mit einem empfindli-
chen Verdruß verbunden iſt, ſo werden ſie be-
greifen, daß ſie durch ihre Schriften bey
ihren Leſern eben ſo wenig Danck verdienen
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le, die ihnen begegnen, und mit denen ſie um-

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[204/0296] (o) Das Gewiſſen iſt ein wunderlich Ding. Man denckt: Heute mir, morgen dir, und lie- ſet alſo eine Satyre mit Furcht und Zittern. Enſe velut ſtricto quoties Lucilius ardens Infremuit, rubet auditor, cui frigida mens eſt Criminibus, tacitaque ſudant præcordia culpa. Juvenalis Sat. I. Jch nehme mir demnach die Freyheit, bey die- ſer Gelegenheit allen denen, die zum Spotten Luſt haben, wohlmeinentlich zu rahten, daß ſie dieſe boͤſe Neigung mit aller Macht beſtreiten. ..... quid opus teneras mordaci rade- re vero Auriculas? ......... Perſius Sat. I. Sie bilden ſich ein, durch ihre artigen Ein- faͤlle der Welt eine Luſt zu machen, und ihren Leſern zu gefallen. Jch gebe ihnen zu, daß ſie, was das erſte anlanget, ihren Zweck ei- niger maſſen erreichen. Aber was wird ih- nen dafuͤr? Wenn ſie nur belieben wollen zu erwegen, daß, wie ich ſchon geſagt, das Biß- gen Luſt, ſo man bey Leſung einer Satyre empfindet, ſehr genau mit einem empfindli- chen Verdruß verbunden iſt, ſo werden ſie be- greifen, daß ſie durch ihre Schriften bey ihren Leſern eben ſo wenig Danck verdienen koͤnnen, als wenn ſie im gemeinen Leben al- le, die ihnen begegnen, und mit denen ſie um- gehen,

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/296>, abgerufen am 28.11.2024.