unsichtbaren Kirche, eine Verspottung der Ge- meine der Heiligen beyzumessen.
Es thut hierwieder nichts, daß die Welt-Ein Ein- wurf wird beantwor- tet, und be- wiesen, wie unglaub- lich es sey, daß der Verfasser des Brion- tes der un- sichtbaren Kirche spotten wollen. Weisheit bey weiten nicht so heilig und ehr- würdig ist als die unsichtbare Kirche. Denn wenn ich dieses gleich zugebe, so wird doch überhaupt wahr bleiben, daß es eine Unbillig- keit sey, einem Menschen, der etwas kleines, mit dem, was groß ist, aus Possen, vergleichet, Schuld zu geben, seine Absicht gehe dahin, das grosse zu verkleinern. Hat aber der Verfasser des Briontes in Ansehung der unsichtbaren Kirche diese böse Absicht gehabt, so will ich ger- ne gestehen, daß ein närrisches Vorhaben nim- mer närrischer ausgeführet sey als dieses. Er sagt nicht das geringste, woraus man mer- cken könne, daß er der unsichtbaren Kirche habe einen Stich geben wollen. Jch weiß aber nicht, ob dieses von einem Spötter zu vermuthen, der eine so beissende Schreib-Art hat. Er würde es gewiß mercklicher gemacht haben; und da dieses nicht geschehen, so fällt die Thorheit, die man ihm beymisset, auf seine Ankläger zu- rücke.
Was mag aber nun diese Leute wohl bewo-Ursachen, warum ei- nige dieses geglaubt, samt deren Unzuläng- lichkeit, und dem Cara- cter solcher Leute. gen haben, in Ansehung des Verfassers des Briontes die Regeln der Billigkeit und der Vernunft so sehr zu überschreiten? Meinen sie etwan, es sey doch gleichwohl eine Schande, daß er der unsichtbaren Kirche in seiner schertz- haften Schrift erwehnet? Jch glaube fast, daß sie solche Gedancken haben. Allein wo-
mit
P
(o)
unſichtbaren Kirche, eine Verſpottung der Ge- meine der Heiligen beyzumeſſen.
Es thut hierwieder nichts, daß die Welt-Ein Ein- wurf wird beantwor- tet, und be- wieſen, wie unglaub- lich es ſey, daß der Verfaſſer des Brion- tes der un- ſichtbaren Kirche ſpotten wollen. Weisheit bey weiten nicht ſo heilig und ehr- wuͤrdig iſt als die unſichtbare Kirche. Denn wenn ich dieſes gleich zugebe, ſo wird doch uͤberhaupt wahr bleiben, daß es eine Unbillig- keit ſey, einem Menſchen, der etwas kleines, mit dem, was groß iſt, aus Poſſen, vergleichet, Schuld zu geben, ſeine Abſicht gehe dahin, das groſſe zu verkleinern. Hat aber der Verfaſſer des Briontes in Anſehung der unſichtbaren Kirche dieſe boͤſe Abſicht gehabt, ſo will ich ger- ne geſtehen, daß ein naͤrriſches Vorhaben nim- mer naͤrriſcher ausgefuͤhret ſey als dieſes. Er ſagt nicht das geringſte, woraus man mer- cken koͤnne, daß er der unſichtbaren Kirche habe einen Stich geben wollen. Jch weiß aber nicht, ob dieſes von einem Spoͤtter zu vermuthen, der eine ſo beiſſende Schreib-Art hat. Er wuͤrde es gewiß mercklicher gemacht haben; und da dieſes nicht geſchehen, ſo faͤllt die Thorheit, die man ihm beymiſſet, auf ſeine Anklaͤger zu- ruͤcke.
Was mag aber nun dieſe Leute wohl bewo-Urſachen, warum ei- nige dieſes geglaubt, ſamt deren Unzulaͤng- lichkeit, uñ dem Cara- cter ſolcher Leute. gen haben, in Anſehung des Verfaſſers des Briontes die Regeln der Billigkeit und der Vernunft ſo ſehr zu uͤberſchreiten? Meinen ſie etwan, es ſey doch gleichwohl eine Schande, daß er der unſichtbaren Kirche in ſeiner ſchertz- haften Schrift erwehnet? Jch glaube faſt, daß ſie ſolche Gedancken haben. Allein wo-
mit
P
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0317"n="225"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
unſichtbaren Kirche, eine Verſpottung der Ge-<lb/>
meine der Heiligen beyzumeſſen.</p><lb/><p>Es thut hierwieder nichts, daß die Welt-<noteplace="right">Ein Ein-<lb/>
wurf wird<lb/>
beantwor-<lb/>
tet, und be-<lb/>
wieſen, wie<lb/>
unglaub-<lb/>
lich es ſey,<lb/>
daß der<lb/>
Verfaſſer<lb/>
des Brion-<lb/>
tes der un-<lb/>ſichtbaren<lb/>
Kirche<lb/>ſpotten<lb/>
wollen.</note><lb/>
Weisheit bey weiten nicht ſo heilig und ehr-<lb/>
wuͤrdig iſt als die unſichtbare Kirche. Denn<lb/>
wenn ich dieſes gleich zugebe, ſo wird doch<lb/>
uͤberhaupt wahr bleiben, daß es eine Unbillig-<lb/>
keit ſey, einem Menſchen, der etwas kleines, mit<lb/>
dem, was groß iſt, aus Poſſen, vergleichet,<lb/>
Schuld zu geben, ſeine Abſicht gehe dahin, das<lb/>
groſſe zu verkleinern. Hat aber der Verfaſſer<lb/>
des Briontes in Anſehung der unſichtbaren<lb/>
Kirche dieſe boͤſe Abſicht gehabt, ſo will ich ger-<lb/>
ne geſtehen, daß ein naͤrriſches Vorhaben nim-<lb/>
mer naͤrriſcher ausgefuͤhret ſey als dieſes.<lb/>
Er ſagt nicht das geringſte, woraus man mer-<lb/>
cken koͤnne, daß er der unſichtbaren Kirche habe<lb/>
einen Stich geben wollen. Jch weiß aber nicht,<lb/>
ob dieſes von einem Spoͤtter zu vermuthen, der<lb/>
eine ſo beiſſende Schreib-Art hat. Er wuͤrde<lb/>
es gewiß mercklicher gemacht haben; und da<lb/>
dieſes nicht geſchehen, ſo faͤllt die Thorheit,<lb/>
die man ihm beymiſſet, auf ſeine Anklaͤger zu-<lb/>
ruͤcke.</p><lb/><p>Was mag aber nun dieſe Leute wohl bewo-<noteplace="right">Urſachen,<lb/>
warum ei-<lb/>
nige dieſes<lb/>
geglaubt,<lb/>ſamt deren<lb/>
Unzulaͤng-<lb/>
lichkeit, uñ<lb/>
dem Cara-<lb/>
cter ſolcher<lb/>
Leute.</note><lb/>
gen haben, in Anſehung des Verfaſſers des<lb/>
Briontes die Regeln der Billigkeit und der<lb/>
Vernunft ſo ſehr zu uͤberſchreiten? Meinen ſie<lb/>
etwan, es ſey doch gleichwohl eine Schande,<lb/>
daß er der unſichtbaren Kirche in ſeiner ſchertz-<lb/>
haften Schrift erwehnet? Jch glaube faſt,<lb/>
daß ſie ſolche Gedancken haben. Allein wo-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P</fw><fwplace="bottom"type="catch">mit</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[225/0317]
(o)
unſichtbaren Kirche, eine Verſpottung der Ge-
meine der Heiligen beyzumeſſen.
Es thut hierwieder nichts, daß die Welt-
Weisheit bey weiten nicht ſo heilig und ehr-
wuͤrdig iſt als die unſichtbare Kirche. Denn
wenn ich dieſes gleich zugebe, ſo wird doch
uͤberhaupt wahr bleiben, daß es eine Unbillig-
keit ſey, einem Menſchen, der etwas kleines, mit
dem, was groß iſt, aus Poſſen, vergleichet,
Schuld zu geben, ſeine Abſicht gehe dahin, das
groſſe zu verkleinern. Hat aber der Verfaſſer
des Briontes in Anſehung der unſichtbaren
Kirche dieſe boͤſe Abſicht gehabt, ſo will ich ger-
ne geſtehen, daß ein naͤrriſches Vorhaben nim-
mer naͤrriſcher ausgefuͤhret ſey als dieſes.
Er ſagt nicht das geringſte, woraus man mer-
cken koͤnne, daß er der unſichtbaren Kirche habe
einen Stich geben wollen. Jch weiß aber nicht,
ob dieſes von einem Spoͤtter zu vermuthen, der
eine ſo beiſſende Schreib-Art hat. Er wuͤrde
es gewiß mercklicher gemacht haben; und da
dieſes nicht geſchehen, ſo faͤllt die Thorheit,
die man ihm beymiſſet, auf ſeine Anklaͤger zu-
ruͤcke.
Ein Ein-
wurf wird
beantwor-
tet, und be-
wieſen, wie
unglaub-
lich es ſey,
daß der
Verfaſſer
des Brion-
tes der un-
ſichtbaren
Kirche
ſpotten
wollen.
Was mag aber nun dieſe Leute wohl bewo-
gen haben, in Anſehung des Verfaſſers des
Briontes die Regeln der Billigkeit und der
Vernunft ſo ſehr zu uͤberſchreiten? Meinen ſie
etwan, es ſey doch gleichwohl eine Schande,
daß er der unſichtbaren Kirche in ſeiner ſchertz-
haften Schrift erwehnet? Jch glaube faſt,
daß ſie ſolche Gedancken haben. Allein wo-
mit
Urſachen,
warum ei-
nige dieſes
geglaubt,
ſamt deren
Unzulaͤng-
lichkeit, uñ
dem Cara-
cter ſolcher
Leute.
P
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/317>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.