Satyren richte man nichts aus, und erbitte-" re nur die Gemüther: Mit Glimpf und" Sanftmuth komme man viel weiter: Die" satyrische Schreib-Art sey ein Zeichen eines" bösen Gemüths, und schicke sich nicht vor ei" nen wetsen Mann." Hier schweigt er, und giebt mir Raum seine Weisheit zu bewundern und zu preisen. Jch antworte ihm demnach mit aller Ernsthaftigkeit und nicht lächelnd:
... Felicia tempora quae te Moribus opponunt: habeat jam Roma pudorem, Tertius e coelo cecidit Cato ... Fuvenalis Sat. 2.
Allein ich besorge, daß andere nicht so höflich seyn werden. Es wird Leute geben, die sa- gen werden: Es sey falsch, daß man allemal" ernsthaft schreiben müsse: Eine Satyre kön-" ne auch bescheiden und glimpflich seyn: Eine" lustige Spötterey richte oft mehr aus, als" die ernsthafteste Predigt. Es sey falsch, daß" alle, die Satyren schreiben, Leute von bösem" Gemüthe, und es sey eben kein untriegliches" Zeichen einer sonderbaren Weisheit, wenn" man andern, die sich nicht nach unserm Kopfe" richten wollen, vor der Faust den Nahmen" weiser Leute abspreche."
Jch habe mein Tage keine Satyre geschrie-Ein jeder muß schrei- ben wie es sein Natu- rel mit- bringet. ben, und bin es auch noch nicht willens. Aber ich sehe nicht, womit man diese Leute widerle- gen könne; denn da sich die ernsthaften, christ- lichen und sanftmüthigen Personen, welche ei-
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Satyren richte man nichts aus, und erbitte-„ re nur die Gemuͤther: Mit Glimpf und„ Sanftmuth komme man viel weiter: Die„ ſatyriſche Schreib-Art ſey ein Zeichen eines„ boͤſen Gemuͤths, und ſchicke ſich nicht vor ei„ nen wetſen Mann.” Hier ſchweigt er, und giebt mir Raum ſeine Weisheit zu bewundern und zu preiſen. Jch antworte ihm demnach mit aller Ernſthaftigkeit und nicht laͤchelnd:
… Felicia tempora quæ te Moribus opponunt: habeat jam Roma pudorem, Tertius è cœlo cecidit Cato … Fuvenalis Sat. 2.
Allein ich beſorge, daß andere nicht ſo hoͤflich ſeyn werden. Es wird Leute geben, die ſa- gen werden: Es ſey falſch, daß man allemal„ ernſthaft ſchreiben muͤſſe: Eine Satyre koͤn-„ ne auch beſcheiden und glimpflich ſeyn: Eine„ luſtige Spoͤtterey richte oft mehr aus, als„ die ernſthafteſte Predigt. Es ſey falſch, daß„ alle, die Satyren ſchreiben, Leute von boͤſem„ Gemuͤthe, und es ſey eben kein untriegliches„ Zeichen einer ſonderbaren Weisheit, wenn„ man andern, die ſich nicht nach unſerm Kopfe„ richten wollen, vor der Fauſt den Nahmen„ weiſer Leute abſpreche.„
Jch habe mein Tage keine Satyre geſchrie-Ein jeder muß ſchrei- ben wie es ſein Natu- rel mit- bringet. ben, und bin es auch noch nicht willens. Aber ich ſehe nicht, womit man dieſe Leute widerle- gen koͤnne; denn da ſich die ernſthaften, chriſt- lichen und ſanftmuͤthigen Perſonen, welche ei-
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ſatyriſche Schreib-Art ſey ein Zeichen eines„
boͤſen Gemuͤths, und ſchicke ſich nicht vor ei„
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giebt mir Raum ſeine Weisheit zu bewundern
und zu preiſen. Jch antworte ihm demnach
mit aller Ernſthaftigkeit und nicht laͤchelnd:
… Felicia tempora quæ te
Moribus opponunt: habeat jam Roma
pudorem,
Tertius è cœlo cecidit Cato …
Fuvenalis Sat. 2.
Allein ich beſorge, daß andere nicht ſo hoͤflich
ſeyn werden. Es wird Leute geben, die ſa-
gen werden: Es ſey falſch, daß man allemal„
ernſthaft ſchreiben muͤſſe: Eine Satyre koͤn-„
ne auch beſcheiden und glimpflich ſeyn: Eine„
luſtige Spoͤtterey richte oft mehr aus, als„
die ernſthafteſte Predigt. Es ſey falſch, daß„
alle, die Satyren ſchreiben, Leute von boͤſem„
Gemuͤthe, und es ſey eben kein untriegliches„
Zeichen einer ſonderbaren Weisheit, wenn„
man andern, die ſich nicht nach unſerm Kopfe„
richten wollen, vor der Fauſt den Nahmen„
weiſer Leute abſpreche.„
Jch habe mein Tage keine Satyre geſchrie-
ben, und bin es auch noch nicht willens. Aber
ich ſehe nicht, womit man dieſe Leute widerle-
gen koͤnne; denn da ſich die ernſthaften, chriſt-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/365>, abgerufen am 21.11.2024.
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