nen so grossen Eckel an den Sätyren haben, so weit heraus lassen, daß es erlaubt, einem bösen Scribenten die Wahrheit zu sagen, und ihm seine Thorheiten zu zeigen, so ist es bedencklich, daß sie sich über die Art und Weise, die bösen Scribenten zur Erkänntniß ihres Elendes zu bringen, einen Scrupel machen, der den Spöt- tern nothwendig lächerlich scheinen muß.
Der Vortrag der Wahrheit, werden die" Spötter sagen, ist willkührlich. Man kan" sie auch im Lachen sagen."
. . . . . . . . ridentem dicere verum Quid vetat? Horat. Lib. I. Sat. 1.
"Ein jeder muß in diesem Fall seinem Na- "turel folgen. Wer so gesinnet ist, daß er "zum Lachen spricht, du bist toll, und zur "Freude, was machst du? Der enthalte sich "des Schertzens: Aber er richte nicht seinen "Bruder, der in seinet Einfalt glaubt, daß bey- "des Lachen und Weinen seine Zeit habe. Er "hat nicht Ursache sich mit seinem sauren Ge- "sicht, mit seiner runtzelichten Stirne, und "mit seinem hängenden Kopf groß zu wissen, "oder sich einzubilden, seine Seufzer wären ein "gewisses Zeichen, daß sein Hertz von Weis- "heit überlauffe. Die Weisheit kömmt auch "in eine lustige Seele, und kan mit einem fröh- "ligem Muth, und heiterm Gesicht gar wohl "bestehen.
"Wir, werden sie fortfahren, prahlen nicht "mit unserer Weisheit; Aber, meine Her-
"ren,
(o)
nen ſo groſſen Eckel an den Saͤtyren haben, ſo weit heraus laſſen, daß es erlaubt, einem boͤſen Scribenten die Wahrheit zu ſagen, und ihm ſeine Thorheiten zu zeigen, ſo iſt es bedencklich, daß ſie ſich uͤber die Art und Weiſe, die boͤſen Scribenten zur Erkaͤnntniß ihres Elendes zu bringen, einen Scrupel machen, der den Spoͤt- tern nothwendig laͤcherlich ſcheinen muß.
Der Vortrag der Wahrheit, werden die„ Spoͤtter ſagen, iſt willkuͤhrlich. Man kan„ ſie auch im Lachen ſagen.„
. . . . . . . . ridentem dicere verum Quid vetat? Horat. Lib. I. Sat. 1.
“Ein jeder muß in dieſem Fall ſeinem Na- „turel folgen. Wer ſo geſinnet iſt, daß er „zum Lachen ſpricht, du biſt toll, und zur „Freude, was machſt du? Der enthalte ſich „des Schertzens: Aber er richte nicht ſeinen „Bruder, der in ſeinet Einfalt glaubt, daß bey- „des Lachen und Weinen ſeine Zeit habe. Er „hat nicht Urſache ſich mit ſeinem ſauren Ge- „ſicht, mit ſeiner runtzelichten Stirne, und „mit ſeinem haͤngenden Kopf groß zu wiſſen, „oder ſich einzubilden, ſeine Seufzer waͤren ein „gewiſſes Zeichen, daß ſein Hertz von Weis- „heit uͤberlauffe. Die Weisheit koͤmmt auch „in eine luſtige Seele, und kan mit einem froͤh- „ligem Muth, und heiterm Geſicht gar wohl „beſtehen.
„Wir, werden ſie fortfahren, prahlen nicht „mit unſerer Weisheit; Aber, meine Her-
„ren,
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(o)
nen ſo groſſen Eckel an den Saͤtyren haben, ſo
weit heraus laſſen, daß es erlaubt, einem boͤſen
Scribenten die Wahrheit zu ſagen, und ihm
ſeine Thorheiten zu zeigen, ſo iſt es bedencklich,
daß ſie ſich uͤber die Art und Weiſe, die boͤſen
Scribenten zur Erkaͤnntniß ihres Elendes zu
bringen, einen Scrupel machen, der den Spoͤt-
tern nothwendig laͤcherlich ſcheinen muß.
Der Vortrag der Wahrheit, werden die„
Spoͤtter ſagen, iſt willkuͤhrlich. Man kan„
ſie auch im Lachen ſagen.„
. . . . . . . . ridentem dicere verum
Quid vetat?
Horat. Lib. I. Sat. 1.
“Ein jeder muß in dieſem Fall ſeinem Na-
„turel folgen. Wer ſo geſinnet iſt, daß er
„zum Lachen ſpricht, du biſt toll, und zur
„Freude, was machſt du? Der enthalte ſich
„des Schertzens: Aber er richte nicht ſeinen
„Bruder, der in ſeinet Einfalt glaubt, daß bey-
„des Lachen und Weinen ſeine Zeit habe. Er
„hat nicht Urſache ſich mit ſeinem ſauren Ge-
„ſicht, mit ſeiner runtzelichten Stirne, und
„mit ſeinem haͤngenden Kopf groß zu wiſſen,
„oder ſich einzubilden, ſeine Seufzer waͤren ein
„gewiſſes Zeichen, daß ſein Hertz von Weis-
„heit uͤberlauffe. Die Weisheit koͤmmt auch
„in eine luſtige Seele, und kan mit einem froͤh-
„ligem Muth, und heiterm Geſicht gar wohl
„beſtehen.
„Wir, werden ſie fortfahren, prahlen nicht
„mit unſerer Weisheit; Aber, meine Her-
„ren,
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/366>, abgerufen am 22.11.2024.
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