Und die frantzösische Unterredung mit dem so genann- ten Fräulein von Frohenmuth, mit Bedacht zu lesen. Jch glaube Sie werden alsdann gestehen, daß niemand, als ich, fähig gewesen, so erbärmli- che Gedancken zu haben, und dieselbe so poßierlich auszudrücken: Und dennoch bin ich so verblendet, daß ich mir einbilde, ich brächte wichtige Sachen vor, und gar so aufgeblasen, daß ich die Unterre- dung mit dem Fräulein von Frohenmuth, die doch, was das Frantzösische anlanget, im äusser- sten Grad barbarisch, und, ihrem Jnhalt nach, kindisch ist, vor ein Nachfolgungs-würdiges Exem- pel, was den guten Verstand, und beredten Mund betrift, ausgebe, und zum voraus denen trotze, wel- che da, wie mir mein eigen Gewissen vorhersaget, dieses Gewäsche vor albern, und mich vor rasend halten werden, daß ich es drucken lassen.
Urtheilen Sie hieraus, ob man die Thorheit hö- her treiben könne? Jch vor meine Person bin ver- sichert, daß ich mich in dieser meiner letzten Schrift gantz erschöpfet habe, und nicht im Stande gewesen seyn würde, weiter zu schwärmen, und wenn ich gleich nicht zur Erkänntniß meines Elendes gekom- men wäre.
Aber, GOTT Lob! ich erkenne ietzo meine Schwachheit, und bedaure nichts mehr, als daß ich nicht Zeit habe, durch deutliche Proben meiner Besserung, die Schande abzuwischen, die ich mir durch meine Thorheiten zugezogen habe. Ach! daß mir GOtt mein Leben so lange fristen wolte! Jch gelobe hiemit heilig an, ein gantz anderer Mensch zu werden. Jch wolte meine ausserordentliche Pro-
fessur,
F f
(o)
Und die frantzoͤſiſche Unterredung mit dem ſo genann- ten Fraͤulein von Frohenmuth, mit Bedacht zu leſen. Jch glaube Sie werden alsdann geſtehen, daß niemand, als ich, faͤhig geweſen, ſo erbaͤrmli- che Gedancken zu haben, und dieſelbe ſo poßierlich auszudruͤcken: Und dennoch bin ich ſo verblendet, daß ich mir einbilde, ich braͤchte wichtige Sachen vor, und gar ſo aufgeblaſen, daß ich die Unterre- dung mit dem Fraͤulein von Frohenmuth, die doch, was das Frantzoͤſiſche anlanget, im aͤuſſer- ſten Grad barbariſch, und, ihrem Jnhalt nach, kindiſch iſt, vor ein Nachfolgungs-wuͤrdiges Exem- pel, was den guten Verſtand, und beredten Mund betrift, ausgebe, und zum voraus denen trotze, wel- che da, wie mir mein eigen Gewiſſen vorherſaget, dieſes Gewaͤſche vor albern, und mich vor raſend halten werden, daß ich es drucken laſſen.
Urtheilen Sie hieraus, ob man die Thorheit hoͤ- her treiben koͤnne? Jch vor meine Perſon bin ver- ſichert, daß ich mich in dieſer meiner letzten Schrift gantz erſchoͤpfet habe, und nicht im Stande geweſen ſeyn wuͤrde, weiter zu ſchwaͤrmen, und wenn ich gleich nicht zur Erkaͤnntniß meines Elendes gekom- men waͤre.
Aber, GOTT Lob! ich erkenne ietzo meine Schwachheit, und bedaure nichts mehr, als daß ich nicht Zeit habe, durch deutliche Proben meiner Beſſerung, die Schande abzuwiſchen, die ich mir durch meine Thorheiten zugezogen habe. Ach! daß mir GOtt mein Leben ſo lange friſten wolte! Jch gelobe hiemit heilig an, ein gantz anderer Menſch zu werden. Jch wolte meine auſſerordentliche Pro-
feſſur,
F f
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0541"n="449"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
Und die frantzoͤſiſche Unterredung mit dem ſo genann-<lb/>
ten <hirendition="#fr">Fraͤulein von Frohenmuth,</hi> mit Bedacht<lb/>
zu leſen. Jch glaube Sie werden alsdann geſtehen,<lb/>
daß niemand, als ich, faͤhig geweſen, ſo erbaͤrmli-<lb/>
che Gedancken zu haben, und dieſelbe ſo poßierlich<lb/>
auszudruͤcken: Und dennoch bin ich ſo verblendet,<lb/>
daß ich mir einbilde, ich braͤchte wichtige Sachen<lb/>
vor, und gar ſo aufgeblaſen, daß ich die Unterre-<lb/>
dung mit dem <hirendition="#fr">Fraͤulein von Frohenmuth,</hi> die<lb/>
doch, was das Frantzoͤſiſche anlanget, im aͤuſſer-<lb/>ſten Grad barbariſch, und, ihrem Jnhalt nach,<lb/>
kindiſch iſt, vor ein Nachfolgungs-wuͤrdiges Exem-<lb/>
pel, was den guten Verſtand, und beredten Mund<lb/>
betrift, ausgebe, und zum voraus denen trotze, wel-<lb/>
che da, wie mir mein eigen Gewiſſen vorherſaget,<lb/>
dieſes Gewaͤſche vor albern, und mich vor raſend<lb/>
halten werden, daß ich es drucken laſſen.</p><lb/><p>Urtheilen Sie hieraus, ob man die Thorheit hoͤ-<lb/>
her treiben koͤnne? Jch vor meine Perſon bin ver-<lb/>ſichert, daß ich mich in dieſer meiner letzten Schrift<lb/>
gantz erſchoͤpfet habe, und nicht im Stande geweſen<lb/>ſeyn wuͤrde, weiter zu ſchwaͤrmen, und wenn ich<lb/>
gleich nicht zur Erkaͤnntniß meines Elendes gekom-<lb/>
men waͤre.</p><lb/><p>Aber, GOTT Lob! ich erkenne ietzo meine<lb/>
Schwachheit, und bedaure nichts mehr, als daß<lb/>
ich nicht Zeit habe, durch deutliche Proben meiner<lb/>
Beſſerung, die Schande abzuwiſchen, die ich mir<lb/>
durch meine Thorheiten zugezogen habe. Ach!<lb/>
daß mir GOtt mein Leben ſo lange friſten wolte! Jch<lb/>
gelobe hiemit heilig an, ein gantz anderer Menſch zu<lb/>
werden. Jch wolte meine <hirendition="#fr">auſſerordentliche Pro-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig">F f</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">feſſur,</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[449/0541]
(o)
Und die frantzoͤſiſche Unterredung mit dem ſo genann-
ten Fraͤulein von Frohenmuth, mit Bedacht
zu leſen. Jch glaube Sie werden alsdann geſtehen,
daß niemand, als ich, faͤhig geweſen, ſo erbaͤrmli-
che Gedancken zu haben, und dieſelbe ſo poßierlich
auszudruͤcken: Und dennoch bin ich ſo verblendet,
daß ich mir einbilde, ich braͤchte wichtige Sachen
vor, und gar ſo aufgeblaſen, daß ich die Unterre-
dung mit dem Fraͤulein von Frohenmuth, die
doch, was das Frantzoͤſiſche anlanget, im aͤuſſer-
ſten Grad barbariſch, und, ihrem Jnhalt nach,
kindiſch iſt, vor ein Nachfolgungs-wuͤrdiges Exem-
pel, was den guten Verſtand, und beredten Mund
betrift, ausgebe, und zum voraus denen trotze, wel-
che da, wie mir mein eigen Gewiſſen vorherſaget,
dieſes Gewaͤſche vor albern, und mich vor raſend
halten werden, daß ich es drucken laſſen.
Urtheilen Sie hieraus, ob man die Thorheit hoͤ-
her treiben koͤnne? Jch vor meine Perſon bin ver-
ſichert, daß ich mich in dieſer meiner letzten Schrift
gantz erſchoͤpfet habe, und nicht im Stande geweſen
ſeyn wuͤrde, weiter zu ſchwaͤrmen, und wenn ich
gleich nicht zur Erkaͤnntniß meines Elendes gekom-
men waͤre.
Aber, GOTT Lob! ich erkenne ietzo meine
Schwachheit, und bedaure nichts mehr, als daß
ich nicht Zeit habe, durch deutliche Proben meiner
Beſſerung, die Schande abzuwiſchen, die ich mir
durch meine Thorheiten zugezogen habe. Ach!
daß mir GOtt mein Leben ſo lange friſten wolte! Jch
gelobe hiemit heilig an, ein gantz anderer Menſch zu
werden. Jch wolte meine auſſerordentliche Pro-
feſſur,
F f
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/541>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.