daß wir elende Scribenten, wenn man unsere Schrif- ten recht ansiehet, nichts mehr thun, als daß wir einfältiglich dem guten Rath folgen, den einige der guten Scribenten, schon vor langer Zeit, der Welt gegeben haben.
Einer der besten Scribenten, den ich, zu Be- schämung meiner Widersacher, schon öfters ange- führet habe, sagt ausdrücklich: Die Vernunft selbst erfordere, daß man dem menschlichen Verstande so enge Gräntzen setze, als nur immer möglich ist.
On a raison de donner a l' esprit humain les ba- nieres les plus contraintes qu'on peut(22).
Er will, daß man dieses auch in Ansehung der Wissenschaften, und folglich auch der Schriften thun soll, in welchen man die Wissenschaften vor- trägt. "En l'estude, fährt er fort, comme au" reste il lui faut compter & regler les marches," il lui faut tailler par art les limites de sa chasse" (23). Ja er bekennet aufrichtig, daß die Vernunft ein gefährliches Werckzeug in der Hand desjeni- gen sey, der sich derselben nicht mit Vernunft, das ist, ordentlich, und mäßig zu gebrauchen weiß. "C'est" un outrageux glaive a son possesseur mesme" que l' esprit, a qui ne scait s'en armer ordonne-" ment & discretement(24)." Und räth dahero, man solle sie, so viel als immer möglich ist, im Zaum halten. "Et n'y a, fährt er fort, point de" beste, a qui il faille plus justement donner des" orbieres pour tenir sa veue sujette, & contrain-"
te
(22)Montaigne l. c. p. 413.
(23)ibid p. 413. 414.
(24)ibid. p. 414.
J i 3
(o)
daß wir elende Scribenten, wenn man unſere Schrif- ten recht anſiehet, nichts mehr thun, als daß wir einfaͤltiglich dem guten Rath folgen, den einige der guten Scribenten, ſchon vor langer Zeit, der Welt gegeben haben.
Einer der beſten Scribenten, den ich, zu Be- ſchaͤmung meiner Widerſacher, ſchon oͤfters ange- fuͤhret habe, ſagt ausdruͤcklich: Die Vernunft ſelbſt erfordere, daß man dem menſchlichen Verſtande ſo enge Graͤntzen ſetze, als nur immer moͤglich iſt.
On a raiſon de donner à l’ eſprit humain les ba- nieres les plus contraintes qu’on peut(22).
Er will, daß man dieſes auch in Anſehung der Wiſſenſchaften, und folglich auch der Schriften thun ſoll, in welchen man die Wiſſenſchaften vor- traͤgt. “En l’eſtude, faͤhrt er fort, comme au„ reſte il lui faut compter & regler les marches,„ il lui faut tailler par art les limites de ſa chaſſe„ (23). Ja er bekennet aufrichtig, daß die Vernunft ein gefaͤhrliches Werckzeug in der Hand desjeni- gen ſey, der ſich derſelben nicht mit Vernunft, das iſt, ordentlich, und maͤßig zu gebrauchen weiß. „C’eſt„ un outrageux glaive à ſon poſſeſſeur mesme„ que l’ eſprit, à qui ne ſçait s’en armer ordonne-„ ment & diſcretement(24).„ Und raͤth dahero, man ſolle ſie, ſo viel als immer moͤglich iſt, im Zaum halten. “Et n’y a, faͤhrt er fort, point de„ beſte, à qui il faille plus juſtement donner des„ orbieres pour tenir ſa veuë ſujette, & contrain-„
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(22)Montaigne l. c. p. 413.
(23)ibid p. 413. 414.
(24)ibid. p. 414.
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einfaͤltiglich dem guten Rath folgen, den einige der
guten Scribenten, ſchon vor langer Zeit, der Welt
gegeben haben.
Einer der beſten Scribenten, den ich, zu Be-
ſchaͤmung meiner Widerſacher, ſchon oͤfters ange-
fuͤhret habe, ſagt ausdruͤcklich: Die Vernunft ſelbſt
erfordere, daß man dem menſchlichen Verſtande
ſo enge Graͤntzen ſetze, als nur immer moͤglich iſt.
On a raiſon de donner à l’ eſprit humain les ba-
nieres les plus contraintes qu’on peut (22).
Er will, daß man dieſes auch in Anſehung der
Wiſſenſchaften, und folglich auch der Schriften
thun ſoll, in welchen man die Wiſſenſchaften vor-
traͤgt. “En l’eſtude, faͤhrt er fort, comme au„
reſte il lui faut compter & regler les marches,„
il lui faut tailler par art les limites de ſa chaſſe„
(23). Ja er bekennet aufrichtig, daß die Vernunft
ein gefaͤhrliches Werckzeug in der Hand desjeni-
gen ſey, der ſich derſelben nicht mit Vernunft, das
iſt, ordentlich, und maͤßig zu gebrauchen weiß. „C’eſt„
un outrageux glaive à ſon poſſeſſeur mesme„
que l’ eſprit, à qui ne ſçait s’en armer ordonne-„
ment & diſcretement (24).„ Und raͤth dahero,
man ſolle ſie, ſo viel als immer moͤglich iſt, im
Zaum halten. “Et n’y a, faͤhrt er fort, point de„
beſte, à qui il faille plus juſtement donner des„
orbieres pour tenir ſa veuë ſujette, & contrain-„
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(22) Montaigne l. c. p. 413.
(23) ibid p. 413. 414.
(24) ibid. p. 414.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/593>, abgerufen am 01.11.2024.
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