"te devant ses pas, & la garder d' extravaguer "ny ca ny la, hors les ornieres que l'usage & les "loix luy tracent(25)."
So wollen es unsere Feinde selbst haben: So machen wirs; Und machen es ihnen doch nicht recht. Wir müsten aber sehr einfältig seyn, wenn wir, da numehro ihr Eigensinn, und ihr Unbilligkeit so klar am Tage lieget, uns groß bekümmern wollten, ob ihnen unsere Ausführung gefalle oder nicht. Laß sie sagen, was sie wollen. Wir können mit dem Zeugniß unsers Gewissens zu frieden seyn, welches uns saget, daß wir auf dem rechten Wege sind. Und wie könnte man auch sicherer gehen, als wenn man denen folget, die ihr Amt verbindet, vor die Seelen zu sorgen, und die also am geschicktesten sind von den Kräften der Seele zu urtheilen, und uns Regeln zu geben, wie dieselben ohne Gefahr gebrauchet werden können? Diese Seelsorger nun sehen die Vernunft, eben wie Montaigne, als ein wildes, unbändiges, reissendes und gefährliches Thier an, dem man Zaum und Gebiß ins Maul legen muß, und mit welchem nicht auszukommen ist, wo- fern es nicht an einer starcken Kette geschlossen wird.
Es ist wahr, sie sind über die Länge dieser Kette sehr uneinig: Allein darinn stimmen sie doch alle überein, daß die Vernunft angeschlossen seyn müsse. Nur mit diesem Unterscheid.
Einige wollen, die Kette müsse fein lang seyn, damit die Vernunft, bey einer mäßigen Freyheit, ihre Bande desto gedultiger trage. "Ein Ketten-
Hund,
(25)ibid.
(o)
„te devant ſes pas, & la garder d’ extravaguer „ny ca ny la, hors les ornieres que l’uſage & les „loix luy tracent(25).”
So wollen es unſere Feinde ſelbſt haben: So machen wirs; Und machen es ihnen doch nicht recht. Wir muͤſten aber ſehr einfaͤltig ſeyn, wenn wir, da numehro ihr Eigenſinn, und ihr Unbilligkeit ſo klar am Tage lieget, uns groß bekuͤmmern wollten, ob ihnen unſere Auſfuͤhrung gefalle oder nicht. Laß ſie ſagen, was ſie wollen. Wir koͤnnen mit dem Zeugniß unſers Gewiſſens zu frieden ſeyn, welches uns ſaget, daß wir auf dem rechten Wege ſind. Und wie koͤnnte man auch ſicherer gehen, als wenn man denen folget, die ihr Amt verbindet, vor die Seelen zu ſorgen, und die alſo am geſchickteſten ſind von den Kraͤften der Seele zu urtheilen, und uns Regeln zu geben, wie dieſelben ohne Gefahr gebrauchet werden koͤnnen? Dieſe Seelſorger nun ſehen die Vernunft, eben wie Montaigne, als ein wildes, unbaͤndiges, reiſſendes und gefaͤhrliches Thier an, dem man Zaum und Gebiß ins Maul legen muß, und mit welchem nicht auszukommen iſt, wo- fern es nicht an einer ſtarcken Kette geſchloſſen wird.
Es iſt wahr, ſie ſind uͤber die Laͤnge dieſer Kette ſehr uneinig: Allein darinn ſtimmen ſie doch alle uͤberein, daß die Vernunft angeſchloſſen ſeyn muͤſſe. Nur mit dieſem Unterſcheid.
Einige wollen, die Kette muͤſſe fein lang ſeyn, damit die Vernunft, bey einer maͤßigen Freyheit, ihre Bande deſto gedultiger trage. “Ein Ketten-
Hund,
(25)ibid.
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(o)
„te devant ſes pas, & la garder d’ extravaguer
„ny ca ny la, hors les ornieres que l’uſage & les
„loix luy tracent (25).”
So wollen es unſere Feinde ſelbſt haben: So
machen wirs; Und machen es ihnen doch nicht recht.
Wir muͤſten aber ſehr einfaͤltig ſeyn, wenn wir, da
numehro ihr Eigenſinn, und ihr Unbilligkeit ſo klar
am Tage lieget, uns groß bekuͤmmern wollten, ob
ihnen unſere Auſfuͤhrung gefalle oder nicht. Laß
ſie ſagen, was ſie wollen. Wir koͤnnen mit dem
Zeugniß unſers Gewiſſens zu frieden ſeyn, welches
uns ſaget, daß wir auf dem rechten Wege ſind.
Und wie koͤnnte man auch ſicherer gehen, als wenn
man denen folget, die ihr Amt verbindet, vor die
Seelen zu ſorgen, und die alſo am geſchickteſten
ſind von den Kraͤften der Seele zu urtheilen, und
uns Regeln zu geben, wie dieſelben ohne Gefahr
gebrauchet werden koͤnnen? Dieſe Seelſorger nun
ſehen die Vernunft, eben wie Montaigne, als ein
wildes, unbaͤndiges, reiſſendes und gefaͤhrliches Thier
an, dem man Zaum und Gebiß ins Maul legen
muß, und mit welchem nicht auszukommen iſt, wo-
fern es nicht an einer ſtarcken Kette geſchloſſen wird.
Es iſt wahr, ſie ſind uͤber die Laͤnge dieſer Kette
ſehr uneinig: Allein darinn ſtimmen ſie doch alle
uͤberein, daß die Vernunft angeſchloſſen ſeyn muͤſſe.
Nur mit dieſem Unterſcheid.
Einige wollen, die Kette muͤſſe fein lang ſeyn,
damit die Vernunft, bey einer maͤßigen Freyheit,
ihre Bande deſto gedultiger trage. “Ein Ketten-
Hund,
(25) ibid.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/594>, abgerufen am 22.11.2024.
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