vorgenommen habe, bloß als eine Nothwehr, und nicht als ein Zeichen eines feindseeligen Gemüths anzusehen. Jch versichere sie, daß wir nichts als ihr Bestes suchen, und unsere Ab- sicht keine andere sey, als sie zur Erkänntniß ihres Elendes zu bringen. Es schmertzet uns sehr, daß sie mit so vieler Mühe nach einer Vollkommenheit trachten, die unmöglich zu er- halten ist, und sich durch diese lächerliche Bemü- hung immer weiter von der Zufriedenheit ent- fernen, die uns so glücklich macht.
Jch gebe ihnen zu bedencken, ob sie nach der Vernunft, die sie so hoch achten, ohne Sünde Leute hassen können, die so liebreich gegen sie gesinnet sind; Und ob es nicht vor sie so wohl, als vor uns besser wäre, wenn wir in Friede mit einander lebten. Wir spinnen bey dem unglücklichem Kriege, in welchen wir verwickelt find, beyderseits keine Seide, und haben keinen andern Vortheil davon, als daß die Ungelehrten uns auslachen, und aus den Wahrheiten, die wir uns einander sagen, den schimpflichen Schluß machen, daß alle Gelehrten nicht klug sind. Da nun dieses Urtheil der ungelehrten Zuschau- er unsers Kampfs sie mehr schmertzen muß, als uns, die wir aufrichtig unsere Einfalt ge- stehen; so wäre es, nach meiner Meinung, wohl von ihnen gehandelt, wenn sie die Feindseelig- keiten einstellten und Friede machten.
Wir,
(o)
vorgenommen habe, bloß als eine Nothwehr, und nicht als ein Zeichen eines feindſeeligen Gemuͤths anzuſehen. Jch verſichere ſie, daß wir nichts als ihr Beſtes ſuchen, und unſere Ab- ſicht keine andere ſey, als ſie zur Erkaͤnntniß ihres Elendes zu bringen. Es ſchmertzet uns ſehr, daß ſie mit ſo vieler Muͤhe nach einer Vollkommenheit trachten, die unmoͤglich zu er- halten iſt, und ſich durch dieſe laͤcherliche Bemuͤ- hung immer weiter von der Zufriedenheit ent- fernen, die uns ſo gluͤcklich macht.
Jch gebe ihnen zu bedencken, ob ſie nach der Vernunft, die ſie ſo hoch achten, ohne Suͤnde Leute haſſen koͤnnen, die ſo liebreich gegen ſie geſinnet ſind; Und ob es nicht vor ſie ſo wohl, als vor uns beſſer waͤre, wenn wir in Friede mit einander lebten. Wir ſpinnen bey dem ungluͤcklichem Kriege, in welchen wir verwickelt find, beyderſeits keine Seide, und haben keinen andern Vortheil davon, als daß die Ungelehrten uns auslachen, und aus den Wahrheiten, die wir uns einander ſagen, den ſchimpflichen Schluß machen, daß alle Gelehrten nicht klug ſind. Da nun dieſes Urtheil der ungelehrten Zuſchau- er unſers Kampfs ſie mehr ſchmertzen muß, als uns, die wir aufrichtig unſere Einfalt ge- ſtehen; ſo waͤre es, nach meiner Meinung, wohl von ihnen gehandelt, wenn ſie die Feindſeelig- keiten einſtellten und Friede machten.
Wir,
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[571/0663]
(o)
vorgenommen habe, bloß als eine Nothwehr,
und nicht als ein Zeichen eines feindſeeligen
Gemuͤths anzuſehen. Jch verſichere ſie, daß wir
nichts als ihr Beſtes ſuchen, und unſere Ab-
ſicht keine andere ſey, als ſie zur Erkaͤnntniß
ihres Elendes zu bringen. Es ſchmertzet uns
ſehr, daß ſie mit ſo vieler Muͤhe nach einer
Vollkommenheit trachten, die unmoͤglich zu er-
halten iſt, und ſich durch dieſe laͤcherliche Bemuͤ-
hung immer weiter von der Zufriedenheit ent-
fernen, die uns ſo gluͤcklich macht.
Jch gebe ihnen zu bedencken, ob ſie nach der
Vernunft, die ſie ſo hoch achten, ohne Suͤnde
Leute haſſen koͤnnen, die ſo liebreich gegen ſie
geſinnet ſind; Und ob es nicht vor ſie ſo wohl,
als vor uns beſſer waͤre, wenn wir in Friede
mit einander lebten. Wir ſpinnen bey dem
ungluͤcklichem Kriege, in welchen wir verwickelt
find, beyderſeits keine Seide, und haben keinen
andern Vortheil davon, als daß die Ungelehrten
uns auslachen, und aus den Wahrheiten, die
wir uns einander ſagen, den ſchimpflichen Schluß
machen, daß alle Gelehrten nicht klug ſind.
Da nun dieſes Urtheil der ungelehrten Zuſchau-
er unſers Kampfs ſie mehr ſchmertzen muß,
als uns, die wir aufrichtig unſere Einfalt ge-
ſtehen; ſo waͤre es, nach meiner Meinung, wohl
von ihnen gehandelt, wenn ſie die Feindſeelig-
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Wir,
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/663>, abgerufen am 22.11.2024.
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